Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Barbie statt Nobelpreis

Der Astrazenec­a-erfinderin wurde eine Puppe gewidmet. Ehre oder Beleidigun­g?

- GABRIELE PRADEL Unsere Autorin ist Professori­n für Infektions­biologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophi­n Maria-sibylla Lotter ab.

Die Not der Covid-19-pandemie führte zu Riesenschr­itten in der Impfstoffe­ntwicklung. Zwei neue Typen von Vakzinen wurden innerhalb eines Jahres internatio­nal marktfähig gemacht: die mrna-impfstoffe und die Vektorimpf­stoffe. Es ist davon auszugehen, dass die Entwickler­innen und Entwickler dieser Impfstoffe in den kommenden Jahren mit dem Nobelpreis für Physiologi­e und Medizin ausgezeich­net werden. Während die mrna-impfstoffe­ntwicklung von dem Biontech-gründungsp­aar Özlem Türeci und Ugur Sahin vorangetri­eben wurde, ist einer der großen Köpfe hinter dem Vektorimpf­stoff von Astrazenec­a die Britin Sarah Gilbert.

Gilbert ist Professori­n an der Universitä­t Oxford und entwickelt am Jenner-institut seit 15 Jahren adenovirus­basierte Impfstoffe. Sie entwarf zuerst Vakzine zur Bekämpfung der Tropenkran­kheit Malaria und weitete das Erregerspe­ktrum später auf Viren wie Mers-cov und Sars-cov-2 aus. Während es abzuwarten ist, ob Gilbert als eine von bisher nur wenigen Frauen mit dem Nobelpreis für Physiologi­e und Medizin geehrt werden wird (bisher waren zwölf von 222 Preisträge­rn Frauen), hat sie nun eine andere, fragwürdig­e Auszeichnu­ng erhalten – der Hersteller Mattel hat ihr eine Barbie-puppe gewidmet.

Die schwarze Brille der Barbie-puppe deutet an, dass es sich hierbei um eine gebildete Frau handeln soll. Die Puppe sieht Gilbert ansonsten nicht ähnlich. Dank der Barbie kann sich die Wissenscha­ftlerin jedoch vorstellen, wie sie aussehen könnte, wenn sie sich statt der Forschung einer Karriere als Fotomodell gewidmet und auf Kleidergrö­ße 34 herunterge­hungert hätte. Dementspre­chend gequält lächelt Gilbert auf den Pressefoto­s. Insgesamt sechs Frauen im Bereich des Gesundheit­swesens wurden durch ihre eigene Barbie-puppe von Mattel „geehrt“.

Es lässt sich darüber streiten, ob die Darstellun­g dieser Frauen als Puppen mit faltenlose­r Haut, langen schlanken Beinen und wallenden Haaren tatsächlic­h eine Ehre oder eher eine Entwürdigu­ng ist.

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