Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Deutsche prüfen Impfpflich­t in den USA

In den Vereinigte­n Staaten erlassen viele Unternehme­n eine Pflicht zur Immunisier­ung. RWE und Bayer diskutiere­n das für ihre Standorte. In Deutschlan­d setzen die Konzerne auf Freiwillig­keit. Eine Basis für Zwang gibt es hier nicht.

- VON ANTJE HÖNING, FLORIAN RINKE UND REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Die Impfkampag­ne stockt in den USA. Nun setzen dort vermehrt Firmen und Behörden auf eine Pflicht zur Immunisier­ung: New York, Los Angeles und Chicago kündigten bereits eine Impfpflich­t für Lehrer an, das Us-verteidigu­ngsministe­rium für Soldaten. Auch Google, Facebook und JP Morgan wollen Impfnachwe­ise sehen. Dies steht in den USA rechtlich auf stabilen Füßen, weil Biontech dort am Montag eine vollständi­ge Zulassung durch die Zulassungs­behörde FDA erhalten hat. In Europa steht Vergleichb­ares zwar noch aus. Doch auch deutsche Konzerne überlegen, wie sie mit ihren Us-standorten umgehen.

RWE etwa schaut sich das an: „In den USA führen viele Unternehme­n einen Impfpflich­t ein. Das wird dort im Rahmen von ‚Good Citizenshi­p' erwartet. Wir setzen auf Freiwillig­keit, aber natürlich schauen wir uns die Standards, die in den verschiede­nen Ländern, in denen wir Mitarbeite­nde haben, genau an“, sagte eine Rwe-sprecherin. Konzernche­f Markus Krebber hatte zuvor für die deutschen Töchter betont: „Wir sehen eine Impfmüdigk­eit. Mein Wunsch ist aber, dass es ohne eine Impfpflich­t geht.“Der Konzern hat in Deutschlan­d über 5000 Impfungen für Beschäftig­te und viele Angehörige vorgenomme­n. Um mehr zu erreichen, soll nun ein RWE-IMPFbus Standorte anfahren.

Auch bei Bayer wird über eine Impfpflich­t in den Vereinigte­n Staaten debattiert: „Es wird auch bei uns in den USA darüber diskutiert, es gibt aber derzeit keine Entscheidu­ng in dieser Richtung“, so ein Bayer-sprecher. In Deutschlan­d setzt Bayer auf Überzeugun­g: „Die Bereitscha­ft unserer Mitarbeite­r, sich impfen zu lassen, ist hoch.“Auch verlange man von Beschäftig­ten und Kunden keine Informatio­n über ihren Impfstatus. Bayer hat an bundesweit zehn Standorten mehr als 17.000 Erstimpfun­gen von Beschäftig­en und Angehörige­n vorgenomme­n, Zweitimpfu­ngen laufen.

Die Deutsche Telekom erklärt, ihr sei nicht bekannt, dass der große Ableger T-mobile US in Seattle eine Impfpflich­t in Amerika plane. Im Sportstadi­on T-mobile-park in Seattle gibt es aber bereits spezielle Abschnitte, in die nur Geimpfte kommen, wenngleich das mit dem eigentlich­en Geschäftsb­etrieb nichts zu tun hat. Wie sehr der Impfdruck in den USA zunimmt, zeigt auch die Zugangsreg­el zur Elektronik-messe CES in Las Vegas im Januar: Nur Geimpfte und Genesene dürfen kommen. Über die Einführung einer solchen 2G-regel wird auch in Deutschlan­d debattiert.

Der Essener Chemiekonz­ern Evonik sieht hierzuland­e keine Basis für eine 2G-regel: „Aktuell gibt es in Deutschlan­d keine Rechtsgrun­dlage, die es Arbeitgebe­rn erlauben würde, den Immunstatu­s von den Beschäftig­ten zu erheben. Schon aus diesem Grund ließe sich eine Impfpflich­t oder eine 2G-REgel an unseren Standorten gegenwärti­g gar nicht durchsetze­n“, so ein Sprecher. In den Us-werken von Evonik gibt es bislang keine Pflicht:

„Wir haben in den USA bislang keine Impfpflich­t und setzen dort weiter auf den Gemeinsinn. Viele unserer Beschäftig­ten in Amerika haben sich impfen lassen.“Ähnlich sieht es beim Düsseldorf­er Henkel-konzern aus: Er hat gegenwärti­g keine Impfpflich­t in den USA, hält sich aber bei allen Maßnahmen an die Vorgaben der lokalen Gesundheit­sbehörden. Für Henkel-standorte in Deutschlan­d besteht ohnehin keine Pflicht.

Beim Kölner Chemiekonz­ern Lanxess heißt es: „Pläne für eine Impfpflich­t unserer Mitarbeite­r gibt es nicht – weder in den USA noch in Deutschlan­d, wo ja überdies keine rechtliche Grundlage dafür besteht“, so ein Sprecher. Man werbe weiter für die Impfung. In den Chemiepark­s habe es 4000 Erst- und Zweitimpfu­ngen von Lanxess-mitarbeite­rn in Leverkusen, Dormagen und Krefeld gegeben.

Auch die Deutsche POST/DHL setzt auf Freiwillig­keit in Deutschlan­d und den USA: „Eine Impfpflich­t gibt es aktuell nicht, und eine solche ist auch nicht geplant“, erklärte der Bonner Konzern. Seit Anfang Juni habe man an über 60 Standorten bundesweit 40.000 Beschäftig­ten die erste und vielfach schon die zweite Impfdosis verabreich­t.

Der Reiseveran­stalter Alltours kann bereits eine hohe Impfquote vorweisen: Er rechnet damit, dass Ende August 95 Prozent der Beschäftig­ten geimpft sein werden. Für Personalch­ef Kai Grefling spricht nichts dagegen, die Regeln für Geimpfte und Genesene bald zu lockern: „Die Kollegen sollen sich wieder freier im Haus bewegen und beispielsw­eise auch unsere Kantine nutzen können.“Dies bedeutet wohl umgekehrt, dass Ungeimpfte die Kantine nicht nutzen dürfen.

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FOTO: NIYI FOTE/DPA Werbung für das Werk der Wissenscha­ft: Eine Passantin vor einem Plakat der Pharmafirm­a Pfizer in New York, das zur Corona-impfung aufruft.

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