Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ein Bäcker und die zwei Seiten des Bargeldes
Die Bäckerei Bulle akzeptiert in einer Filiale kein Bargeld mehr. Eine zum Teil hitzig geführte Debatte ist entbrannt, mit guten Argumenten auf beiden Seiten. Umso wichtiger ist die Frage: Wie wollen wir künftig bezahlen – und nach welchen Regeln?
Ein Bäcker schafft das Bargeld ab, und die Aufregung ist groß. Hunderte von Kommentaren finden sich bei Facebook zu unserem Artikel über die Entscheidung der Düsseldorfer Bäckerei Bulle für ihre Filiale an der Oststraße, zahlreiche Leserbriefe kommen hinzu. Von empörter Ablehnung bis begeistertem Zuspruch ist alles dabei. Von wegen schnöder Mammon, Geld elektrisiert und polarisiert, vor allem Bares.
Auch wenn hierzulande gerade im Zuge der Pandemie der Trend zum kontaklosen Bezahlen geht: Bargeld hat insbesondere in Deutschland eine hohe Bedeutung, viel stärker als in vielen anderen Ländern. Die historische Erfahrung des Staatsversagens mag hier eine Rolle spielen und der daraus resultierende Wunsch nach Kontrolle. Umso mehr Mut gehört dazu, als erster Bäcker der Stadt darauf nun keine Rücksicht mehr zu nehmen und womöglich sogar Kunden zu verprellen. Gleichzeitig platziert der junge Bäcker natürlich auch – gewollt oder ungewollt – eine klare Botschaft zwischen den Zeilen: „Ich bin ein moderner Bäcker“, heißt sie. Das könnte sogar neue Kundschaft anziehen, eher eine jüngere, digitaler aufgestellte Generation.
Die freie unternehmerische Entscheidung von Inhaber Michael Gauert ist jedenfalls zu akzeptieren. Sie ist sogar nachvollziehbar. In Zeiten der Digitalisierung ist die analoge Form des Geldes tatsächlich sehr umständlich, und der Umgang damit kostet nicht nur Zeit, sondern auch noch Gebühren bei den Banken. Es gibt sogar mehr und mehr eine Art Subkultur des Geldes in Düsseldorf, da tauscht zum Beispiel ein anderer stadtbekannter Bäcker seine Münzrollen mit einer stadtbekannten Brauerei. So sparen sich beide den Weg zur Bank und die damit verbundenen Kosten. Dennoch wird auch hier erstmal Kleingeld gezählt und durch die Gegend gefahren, während es digitale Bezahlvarianten gibt. Ist das wirklich effizient?
Umgekehrt gilt natürlich die Freiheit und ja sogar die Macht des Konsumenten. Der braucht selbstverständlich keineswegs bei Bulle seine Brötchen zu holen, wenn er denn bar bezahlen möchte. Und je stärker Kunden an Barzahlungen festhalten, desto weniger wird es Nachahmer geben.
Wie der Bäcker haben allerdings auch die Barzahler gute Argumente auf ihrer Seite. Tatsächlich versprechen sich mehr und mehr Dienstleister für digitales Bezahlen ein gutes Geschäft mit unseren Daten, die wir stets als Spur im Netz hinterlassen. Das ist beim Bargeld anders. Die Politik ist gefragt, die Digitalisierung des Geldes im Sinne des Verbrauchers zu gestalten. Da gibt es viel Nachholbedarf. Chancen bietet übrigens die sogenannte Blockchain-technologie, bekannt vom Bitcoin, die anonymisiertes Bezahlen möglich machen kann. Auf den digitalen Euro sollte man kurzfristig aber noch nicht hoffen.
Der Wert des Bargeldes ist zudem noch ein anderer. Vor Augen geführt bekommen haben ihn Städte in den USA. In New York und San Francisco zum Beispiel ist es Händlern und Gastronomen mittlerweile verboten, kein Bargeld zu akzeptieren. Zu viele Unternehmen waren diesen Weg gegangen, und so konnten dort insbesondere die Ärmsten, die häufig kein Konto besitzen, nicht mehr einkaufen.
Noch sind wir davon weit entfernt, in Düsseldorf wird Bargeld nur in sehr wenigen Ausnahmefällen nicht akzeptiert Aber es zeigt, worauf zu achten ist, falls das Beispiel von Bäcker Bulle Schule macht.