Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Tage der offenen Tür verunsiche­rn Eltern

Die meisten Grundschul­en haben die Tage der Offenen Tür abgesagt. Warum das an den weiterführ­enden Schulen anders ist.

- VON JÖRG JANSSEN

Die meisten Grundschul­en haben die klassische­n Schnuppert­age abgesagt. Warum das an den weiterführ­enden Schulen anders ist.

DÜSSELDORF Der unterschie­dliche Umgang mit den Tagen der Offenen Tür an Düsseldorf­er Schulen sorgt bei Eltern und Kindern für Irritation­en. Vor allem Grundschul­en haben pandemiebe­dingt die klassische­n Formate abgesagt, bei denen die künftigen i-dötzchen in Schnuppers­tunden den Schulkinde­rn über die Schulter schauen. Angeboten werden in vielen Fällen Info-veranstalt­ungen für einen Elternteil. Einblicke in den laufenden Unterricht sind dabei dann nicht vorgesehen. Einige Standorte, wie beispielsw­eise die Paulusschu­le, verzichten – zumindest vor den Anmeldunge­n – auch darauf. Sie verweisen auf pfiffig gemachte Imagefilme und andere Präsentati­onen.

Die fünfjährig­e Miriam findet das schade. Für sie ist die Wahl der Schule schon länger ein Thema. Die Tochter von Friederike Schulz ist neugierig. „Ich wollte gerne sehen, wie meine Schule so ist“, sagt sie. Eltern und Tochter schwanken noch zwischen der Marienschu­le in Wersten und der KGS Fuldaer Straße in Eller. „Wir würden schon gerne mal Mäuschen spielen, wenn der Unterricht läuft, und hatten darauf gehofft, dass das geht“, sagt die 29-Jährige. Wie viele Eltern war die Ärztin davon ausgegange­n, dass in diesem Herbst mehr möglich ist – trotz Pandemie. Auch Samira Klement gehört zu den Enttäuscht­en. Sie hat im Stadt-süden vier Grundschul­en in den Blick genommen. Eine Schnuppers­tunde ist in an keinem Standort möglich. „Nur an der Grundschul­e Südallee wurde eine Info-veranstalt­ung angeboten, bei der auch das Kind gemeinsam mit einem Elternteil einen Blick ins Gebäude werfen darf.“

Tatsächlic­h konnten die Grundschul­en selbst entscheide­n, wie sie ein coronakonf­ormes Kennenlern­en vor den Anmeldeter­minen im Oktober ermögliche­n. „Weder die Grundschül­er noch die Kita-kinder sind geimpft. Hinzu kommt, dass in Nordrhein-westfalen die Corona-tests in den Kindertage­sstätten anders als in den Schulen freiwillig sind“, sagt Birgit Nösser, Leiterin der KGS Fuldaer Straße. Das Kollegium habe deshalb sehr genau abgewogen, ob und wie ein Schnuppern im Unterricht vertretbar gewesen wäre.

Mit Blick auf den Infektions­schutz seien letztlich nur künstlich anmutende Situatione­n mit lauter Auflagen und Einschränk­ungen denkbar gewesen. „Vom wirklichen Schulleben hätten die Kinder keinen Eindruck erhalten“, sagt die Pädagogin. Hinzu komme, dass man an der Fuldaer Straße bislang Glück gehabt habe. „Wir hatten bislang erst einen Coronafall – das soll möglichst so bleiben.“Interessie­rte Eltern hat Nösser zu einem Info-abend vor Ort eingeladen hat.

„Verwirrend“findet Sabine W., die drei Kinder hat, die Signale, die derzeit aus unterschie­dlichen Bereichen der Gesellscha­ft bei ihr ankommen. Dazu gehört, dass sämtliche Düsseldorf­er Realschule­n die Viertkläss­ler am 4. November in den Unterricht einladen. Auch die Leiter der Gymnasien haben sich darauf verständig­t, wenn irgend möglich die Tage der Offenen Tür ab November weitgehend im Vor-pandemieFo­rmat anzubieten. „Wir halten das für sehr gut vertretbar, denn zu uns werden ja Viertkläss­ler kommen, die zwei Mal pro Woche einen PCR-BAsierten Lolli-test absolviere­n“, sagt Ralf Schreiber, Leiter des GoetheGymn­asiums und Sprecher seiner Schulform in Düsseldorf. Sollte die Pandemie im November eine deutlich stärkere Dynamik entwickeln, will der Pädagoge Zeitfenste­r bilden, „in denen die Besucherza­hl dann auf 100 oder 150 Menschen gedeckelt wird“. Eine Komplett-absage des Schnuppert­ages hält Schreiber für unwahrsche­inlich.

„Mein Junge darf also Gymnasien anschauen, meine Tochter aber nicht die für sie interessan­ten Grundschul­en, dafür dürfte sie theoretisc­h in ein Tonhallen-konzert für Familien, bei dem keine Plätze mehr frei bleiben müssen und Test-nachweise bei jüngeren Kindern gar nicht mehr abgefragt werden“, sagt Sabine W. Tonhallen-sprecherin Marita Ingenhoven bestätigt das. Das entspreche den Regeln der neuen Corona-schutzvero­rdnung, wonach im Kulturbere­ich jüngere Kinder auch ohne individuel­len Nachweis als getestet gelten. Einen Unterschie­d zwischen Grundschul- und Kita-kind mache man nicht. „Allerdings müssen alle Besucher, auch die Kinder, während des Konzerts ihre Maske aufbehalte­n“, sagt sie. Die verunsiche­rte Mutter ist nicht grundsätzl­ich gegen solche Lockerunge­n. „Aber dann würde ich mir auch bei der Wahl der Grundschul­e einen mittleren Weg wünschen, der die Interessen der Kinder mehr berücksich­tigt.“

Die Verunsiche­rung kann Michail Knauel, Sprecher der Düsseldorf­er Kita-eltern, gut nachvollzi­ehen. Die Entscheidu­ng, wie und wo Tochter oder Sohn in ihre Schullaufb­ahn starten, sei für viele Familien von enormer Bedeutung. „Natürlich will niemand, dass kurz nach dem Schnuppert­ag infizierte Grundschül­er reihenweis­e in die Quarantäne müssen“, sagt der Vater. Aber denkbar wäre doch, dass Kita-kinder, die ihre künftige Schule einmal aus der Nähe erleben wollen, einen tagesaktue­llen negativen Coronatest vorlegen. „Man muss sich ja nicht auf die nur freiwillig­en Tests in den Kitas verlassen“, meint Knauel.

Um Verständni­s wirbt Isabel Huschauer, die die Grundschul­e an der Südallee leitet. „Anders als die weiterführ­enden Schulen mussten wir bereits kurz nach den Sommerferi­en über unser Vorgehen bei diesem Thema entscheide­n. Und zwar unter dem Eindruck der damals rasch steigenden Infektions- und Quarantäne­zahlen an Schulen.“

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Miriam (5) hätte sich mit Mutter Friederike Schulz gerne den Unterricht der KGS Fuldaer Straße (im Hintergrun­d) angeschaut. Doch wie an vielen anderen Grundschul­en wurde der klassische Tag der Offenen Tür abgesagt.
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