Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Konflikt der Kennzeichen
Die Spannung zwischen dem Kosovo und Serbien wächst – wegen Nummernschildern.
BELGRAD Ein bizarrer Autoschilderstreit zwischen dem seit 2008 unabhängigen Kosovo und Serbien droht völlig aus dem Ruder zu laufen. Weil Serbien außer der Eigenstaatlichkeit auch die Kfz-zeichen seiner Ex-provinz nicht anerkennt, müssen kosovarische Kraftfahrer schon seit einem Jahrzehnt bei Fahrten ins Nachbarland die Nummernschilder ihrer Vehikel abmontieren und gegen provisorische serbische Kennzeichen eintauschen. Anfang vergangener Woche zog Pristina nach – und erklärte die serbischen Kfz-zeichen für illegal.
Seitdem sorgen mehrere Hundert schwer bewaffnete Sondereinsatzkräfte der kosovarischen Polizei dafür, dass keine Fahrzeuge mit serbischen Kennzeichen in den überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo gelangen. Umgekehrt blockieren erboste Kosovo-serben vermutlich auf Anweisung Belgrads die Zufahrtstraßen zu den Grenzübergängen Jarinje und Brnjak – und sich selbst. „Die Barrikaden bereiten niemandem Probleme außer den Serben“, ätzt Serbiens früherer, der Opposition nahestehender Kosovo-minister Goran Bogdanovic.
Offiziell begründet das Kosovo das mit dem Auslaufen einer 2011 mit Belgrad vereinbarten Übergangsregelung: Da Serbien keine Anstalten gemacht habe, über die Anerkennung der kosovarischen Kennzeichen zu verhandeln, sei nun das Prinzip der Gegenseitigkeit in Kraft getreten. Einen weiteren Grund für Pristinas verschärfte Gangart wittern Analysten in den Kommunalwahlen im Kosovo im Oktober: Seine bescheidene Bilanz versuche Premier Albin Kurti mit einem härteren Auftreten aufzupolieren.
Doch auch in Serbien sind im Frühjahr Parlaments- und Präsidentschaftswahlen – und dort lässt Staatschef Aleksandar Vucic keine Gelegenheit aus, sich als Schutzherr aller Serben der Region zu profilieren. Belgrad werde ein „Pogrom“an den Kosovo-serben nicht zulassen, polterte er diese Woche. Verteidigungsminister Nebojsa Stefanovic rechtfertigt derweil den verstärkten Truppenaufmarsch an der kosovarischen Nordgrenze mit der „Erhöhung der Kampfbereitschaft“: „Serbiens Armee ist bereit, das Volk zu verteidigen.“
Auf der Kosovo-seite der Grenze hat die internationale Kfor-schutztruppe vorsorglich ihre Präsenz verstärkt.