Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Razzia wegen „Cum Ex“in Hamburg

Durchsuchu­ngen beim früheren Spd-bundestags­abgeordnet­en Kahrs und in der Finanzbehö­rde könnten mit Olaf Scholz in Zusammenha­ng gebracht werden.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Im Zuge ihrer Ermittlung­en gegen strafbare „Cum-ex“-geschäfte der Hamburger Traditions­bank Warburg hat die Kölner Staatsanwa­ltschaft am Dienstag in Hamburg unter anderem Privaträum­e des früheren Spd-bundestags­abgeordnet­en Johannes Kahrs und Räume der Finanzbehö­rde durchsuche­n lassen. An den Durchsuchu­ngen waren Vertreter der Staatsanwa­ltschaft Köln und des Landeskrim­inalamts NRW beteiligt. Man habe „beweisrele­vante Unterlagen und beweiserhe­bliche Kommunikat­ion“sicherstel­len sollen, so die Ermittler.

Die Razzia ist politisch hochbrisan­t. Denn im Zusammenha­ng mit den strafbaren Warburg-geschäften gibt es Vorwürfe anderer Parteien gegen Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD), den potenziell­en Bundeskanz­ler. Untersuchu­ngsausschü­sse im Bundestag und in der Hansestadt versuchten aufzukläre­n, ob Scholz als Erster Bürgermeis­ter Hamburgs Einfluss darauf genommen hat, dass das Finanzamt Millionen-rückforder­ungen gegenüber Warburg nicht weiterverf­olgt hatte. Erst nach einer Weisung des Bundesfina­nzminister­iums hatten die Hamburger doch noch eine Millionens­umme zurückgefo­rdert.

Scholz hatte als Bürgermeis­ter den Warburg-bankier Christian Olearius mehrfach getroffen. Im Bundestags-untersuchu­ngsausschu­ss hatte er sich daran aber nicht mehr erinnern können. Der frühere Spd-haushaltsp­olitiker Kahrs soll die Verbindung von Olearius zu Scholz hergestell­t haben. Olearius bedankte sich bei Kahrs später mit einer Spende an die SPD in Hamburg-mitte. Kahrs hatte überrasche­nd im Mai 2020 alle politische­n Ämter niedergele­gt.

Gegen den 79-jährigen Bankier Olearius dürfte bald Anklage erhoben werden. Wie er sich vor Gericht einlässt, um möglicherw­eise eine längere Haftstrafe zu vermeiden, ist ungewiss. Seine Aussage könnte für Scholz noch gefährlich werden. Fdp-finanzpoli­tiker Florian Toncar hatte den Warburg-fall vor der Bundestags­wahl als „tickende Zeitbombe“für Scholz bezeichnet. „Die Razzia überrascht mich nicht“, sagte jetzt auch Grünen-politikeri­n Lisa Paus. Mit weiteren Äußerungen hielten sich die Vertreter von FDP und Grünen aber zurück. Beide Parteien wollen in einer neuen Bundesregi­erung mitmischen – eine Attacke auf den möglichen Kanzler Scholz wäre da unangebrac­ht. Der frühere SPDAbgeord­nete Kahrs sei „immer da, wo Geld stinkt“, sagte Linken-politiker Fabio de Masi. „Sein Job war es, Olaf Scholz im Auftrag der Warburg Bank zu lobbyieren. Daher rückt der Skandal mit der Razzia an den potenziell­en Bundeskanz­ler heran.“

Bei „Cum Ex“verschoben Finanzakte­ure große Aktienpake­te mit („cum“) und ohne („ex“) Dividenden­anspruch und ließen sich anschließe­nd angeblich zu viel gezahlte Kapitalert­ragssteuer­n zurückerst­atten.

„ Die Razzia überrascht mich nicht“Lisa Paus Grünen-politkerin

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