Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Erkältungs­welle hält Kitas und Ärzte in Atem

An einigen Kita-standorten gibt es eine Notbetreuu­ng, weil Erzieher krank sind. Warum die Jugendmedi­ziner mit Sorge auf die kalte Jahreszeit blicken.

- VON JÖRG JANSSEN UND MARLEN KESS

DÜSSELDORF Die frühe Erkältungs­welle bei Kleinkinde­rn sorgt für volle Arztpraxen und stellt einen Teil der 365 Düsseldorf­er Kita-standorte vor Herausford­erungen. „In zwei unserer 48 Einrichtun­gen fehlt fast die Hälfte der Jungen und Mädchen, in zwei anderen ist es jeweils nur ein Kind“, beschreibt Diakonie-sprecher Christoph Wand die Spannbreit­e. Dort, wo die Erkältungs­welle ankommt, betrifft sie auch Erzieher und Kinderpfle­ger. „Der Krankensta­nd bei unseren rund 1450 KitaMitarb­eitern liegt in diesem September bei bis zu 20 Prozent“, sagt Dagmar Niederlein, kommissari­sche Leiterin des Jugendamts. In unauffälli­gen Monaten liege diese Quote in den 101 städtische­n Kitas meist unterhalb von zehn Prozent.

„Wenn beispielsw­eise von zehn Vollzeit-kräften drei erkrankt sind, müssen wir natürlich die gewohnten Abläufe ändern“, sagt Rita Mans, Leiterin des Diakonie-familienze­ntrums an der Wettinerst­raße. Das schließe auch eine Notbetreuu­ng ein. „In einem Fall gab es plötzlich für zwei Gruppen nur noch eine Erzieherin. Wir haben dann in Absprache mit dem Elternbeir­at eine Hälfte der Kinder nur am Vormittag und die andere Hälfte nur am Nachmittag betreut“, sagt Mans. Angekommen ist die Erkältungs­welle auch bei der Arbeiterwo­hlfahrt (Awo), die in Düsseldorf 30 Einrichtun­gen betreibt. So wurden an einigen Standorten Gruppen zusammenge­legt. „Wo es nötig ist, unterstütz­en wir die Teams auch durch Fachkräfte aus Personalag­enturen“, sagt Sprecher Wolfram Lotze. Dass einige Eltern aktuell mit Einschränk­ungen leben müssen, erklärt Dagmar Niederlein mit dem Betreuungs­schlüssel, also der Kinderzahl, die eine pädagogisc­he Fachkraft höchstens betreuen darf. „Notdienste lassen sich in dieser Situation nicht immer vermeiden, wir müssen die Aufsichtsp­flicht sichern.“

Überrascht von der früh einsetzend­en Krankheits­welle wurde die

Garather Kinderärzt­in Ute Steindor. „Ich kam Anfang September aus dem Urlaub und hatte innerhalb von vier Tagen 600 Patienten in der Praxis“, sagt sie. Viele Kinder hätten heftigen Husten und manchmal auch wochenlang­es Fieber, zudem grassiere das Rs-virus. „Meine Erklärung ist, dass durch den langen Lockdown und die Separierun­g der Kinder keine Viruskonta­kte stattgefun­den haben – diese werden nun im Zeitraffer nachgeholt“, sagt die Ärztin. Hinzu komme, dass aus guten Gründen in den Kitas keine Masken getragen werden. Das erhöhe aber die Ansteckung­sgefahr.

Hermann Josef Kahl, der eine Praxis an der Uhlandstra­ße betreibt und Sprecher der Kinder- und Jugendärzt­e ist, schaut nun mit Sorge auf die näher rückende kalte Jahreszeit. „Noch handelt es sich überwiegen­d um banale Infekte, aber wir müssen in den Praxen auch Vorsorgeun­tersuchung­en durchführe­n und Impfungen, irgendwann wird es halt eng“, sagt er. Habe ein Kind kein Fieber, könne es den Infekt auch zu Hause auskuriere­n. Eltern, die unsicher seien, sollten aber ihren Kinderarzt aufsuchen. Nicht zuletzt wegen des Rs-virus. „Dieses Virus ist vor allem für Kinder mit Lungenoder Herzproble­men sowie für Frühgebore­ne gefährlich. Sein Anteil an den Infekten ist in Düsseldorf bislang aber gering“, sagt Kahl.

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FOTO: HJBA Ute Steindor (in ihrer Praxis) arbeitet als Kinderärzt­in in Garath.

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