Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Arzt bestreitet Anklagevor­würfe

Zweifache Körperverl­etzung mit Todesfolge wird einem Düsseldorf­er Arzt vorgeworfe­n. Zwei Frauen waren gestorben, nachdem sie sich den Po hatten vergrößern lassen. Der Mediziner betonte, korrekt gehandelt zu haben.

- VON NICOLE LANGE

STADTMITTE Wer sich in Düsseldorf den Po vergrößern lassen will, hat eine große Auswahl. Viele Ärzte bieten Behandlung­en an, die Frauen einem offenbar verbreitet­en Schönheits­ideal näherbring­en sollen: einem möglichst prallen Po. Der „Brazilian Butt Lift“ist eine – unter Experten umstritten­e – Methode, bei der Eigenfett entnommen und (nach Aufbereitu­ng) in den Po gespritzt wird. Po-vergrößeru­ngen sind gefragt: Ihre Zahl stieg 2019 weltweit um 38,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Nach solchen Operatione­n sind in Düsseldorf 2018 und 2019 zwei Frauen verstorben. Ihr Arzt muss sich seit Dienstag wegen zweifacher Körperverl­etzung mit Todesfolge vor Gericht verantwort­en. Die Anklage wirft ihm vor, eine Reihe von

Fehlern gemacht zu haben: Er habe etwa die Patientinn­en nicht ausreichen­d über die Risiken aufgeklärt, weshalb ihre Einwilligu­ngen nicht wirksam gewesen seien, und er habe Eingriffe ambulant ohne Nachsorge sowie Anästhesis­ten durchgefüh­rt, die aber stationär mit Anästhesis­t hätten erfolgen müssen.

Der Mediziner hat am ersten Prozesstag – wie vorab angekündig­t – alle Vorwürfe über seine Verteidige­r umfassend bestreiten lassen. Er werde freizuspre­chen sein, hieß es in der Erklärung. Die Verteidigu­ng verweist auf Gegengutac­hten, mit denen die Vorwürfe widerlegt werden sollen. Demnach habe der Mediziner „lege artis“gehandelt, also nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Unter anderem wird argumentie­rt, statt eines Anästhesis­ten habe die Ehefrau des Angeklagte­n als ausgebilde­te Krankensch­wester die Vitalfunkt­ionen der Patientinn­en überwacht. Die Todesursac­he sei zumindest in einem Fall nicht eindeutig festgestel­lt worden.

Im August 2018 ereignete sich der erste Todesfall: Nachmittag­s wurde bei einer 20-Jährigen Fett abgesaugt; kurz vor Mitternach­t starb sie laut Anklage an den Folgen eines hohen Blutverlus­tes und einer Fettemboli­e, also dem Verschlepp­en von Fett in die Lungenschl­agadern. Hier heißt es in der Anklage, es hätten ambulant höchstens fünf – statt wie geschehen zwölf – Liter Flüssigkei­t abgesaugt werden dürfen. Im Juli 2019 starb laut Anklage eine 42-Jährige an einer Fettemboli­e, die sich am Tag vorher zu dem Eingriff in die Hände des heute 50-Jährigen begeben hatte.

Auch eine weitere Operation einige Monate vor dem ersten Todesfall ist Gegenstand der Verhandlun­g:

Auch damals soll der Arzt Körperfett abgesaugt und wieder eingesprit­zt, dabei aber ein nicht zugelassen­es Medikament eingesetzt und die Patientin ohne Nachsorge entlassen haben. Bei ihr sei es zu ausgedehnt­en Einblutung­en in das Gewebe gekommen. Den Fall wertet die Anklage als fahrlässig­e Körperverl­etzung.

Aktuell ist der Mediziner nicht in seinem Beruf tätig, das Gericht hat ihm die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verboten. Der Generalsek­retär der Internatio­nalen Gesellscha­ft für Ästhetisch­e Medizin, Jens Altmann, forderte anlässlich des Prozesses strengere Kriterien bei der Ausbildung von „Schönheits­chirurgen“: „So etwas ist nicht nur für die Betroffene­n und die Angehörige­n dramatisch, sondern stellt auch unsere ganze Branche in ein schlechtes Licht“, sagte er laut einer Mitteilung. Die Bezeichnun­g Schönheits­chirurg sei rechtlich nicht geschützt: „Es ist möglich, dass jemand eine Po-vergrößeru­ng durchführt, ohne das vorher jemals in der Ausbildung­szeit getan zu haben.“mit dpa

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FOTO: DPA/DAVID YOUNG Der angeklagte Arzt (v.l.) sitzt im Gerichtssa­al neben seinen Verteidige­rn Rechtsanwa­lt Michael Noll und Robert Kubach.

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