Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Arzt bestreitet Anklagevorwürfe
Zweifache Körperverletzung mit Todesfolge wird einem Düsseldorfer Arzt vorgeworfen. Zwei Frauen waren gestorben, nachdem sie sich den Po hatten vergrößern lassen. Der Mediziner betonte, korrekt gehandelt zu haben.
STADTMITTE Wer sich in Düsseldorf den Po vergrößern lassen will, hat eine große Auswahl. Viele Ärzte bieten Behandlungen an, die Frauen einem offenbar verbreiteten Schönheitsideal näherbringen sollen: einem möglichst prallen Po. Der „Brazilian Butt Lift“ist eine – unter Experten umstrittene – Methode, bei der Eigenfett entnommen und (nach Aufbereitung) in den Po gespritzt wird. Po-vergrößerungen sind gefragt: Ihre Zahl stieg 2019 weltweit um 38,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Nach solchen Operationen sind in Düsseldorf 2018 und 2019 zwei Frauen verstorben. Ihr Arzt muss sich seit Dienstag wegen zweifacher Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, eine Reihe von
Fehlern gemacht zu haben: Er habe etwa die Patientinnen nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt, weshalb ihre Einwilligungen nicht wirksam gewesen seien, und er habe Eingriffe ambulant ohne Nachsorge sowie Anästhesisten durchgeführt, die aber stationär mit Anästhesist hätten erfolgen müssen.
Der Mediziner hat am ersten Prozesstag – wie vorab angekündigt – alle Vorwürfe über seine Verteidiger umfassend bestreiten lassen. Er werde freizusprechen sein, hieß es in der Erklärung. Die Verteidigung verweist auf Gegengutachten, mit denen die Vorwürfe widerlegt werden sollen. Demnach habe der Mediziner „lege artis“gehandelt, also nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Unter anderem wird argumentiert, statt eines Anästhesisten habe die Ehefrau des Angeklagten als ausgebildete Krankenschwester die Vitalfunktionen der Patientinnen überwacht. Die Todesursache sei zumindest in einem Fall nicht eindeutig festgestellt worden.
Im August 2018 ereignete sich der erste Todesfall: Nachmittags wurde bei einer 20-Jährigen Fett abgesaugt; kurz vor Mitternacht starb sie laut Anklage an den Folgen eines hohen Blutverlustes und einer Fettembolie, also dem Verschleppen von Fett in die Lungenschlagadern. Hier heißt es in der Anklage, es hätten ambulant höchstens fünf – statt wie geschehen zwölf – Liter Flüssigkeit abgesaugt werden dürfen. Im Juli 2019 starb laut Anklage eine 42-Jährige an einer Fettembolie, die sich am Tag vorher zu dem Eingriff in die Hände des heute 50-Jährigen begeben hatte.
Auch eine weitere Operation einige Monate vor dem ersten Todesfall ist Gegenstand der Verhandlung:
Auch damals soll der Arzt Körperfett abgesaugt und wieder eingespritzt, dabei aber ein nicht zugelassenes Medikament eingesetzt und die Patientin ohne Nachsorge entlassen haben. Bei ihr sei es zu ausgedehnten Einblutungen in das Gewebe gekommen. Den Fall wertet die Anklage als fahrlässige Körperverletzung.
Aktuell ist der Mediziner nicht in seinem Beruf tätig, das Gericht hat ihm die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verboten. Der Generalsekretär der Internationalen Gesellschaft für Ästhetische Medizin, Jens Altmann, forderte anlässlich des Prozesses strengere Kriterien bei der Ausbildung von „Schönheitschirurgen“: „So etwas ist nicht nur für die Betroffenen und die Angehörigen dramatisch, sondern stellt auch unsere ganze Branche in ein schlechtes Licht“, sagte er laut einer Mitteilung. Die Bezeichnung Schönheitschirurg sei rechtlich nicht geschützt: „Es ist möglich, dass jemand eine Po-vergrößerung durchführt, ohne das vorher jemals in der Ausbildungszeit getan zu haben.“mit dpa