Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Spieler leugnet Schläge gegen Schiedsric­hter

Vor Gericht sagte ein Fußballer des Garather SV aus, der einen Unparteiis­chen lebensgefä­hrlich verletzte.

- VON VERENA KENSBOCK

GARATH/ELLER Ein ehemaliger Fußballer des Garather SV soll bei einem Spiel im September 2020 den Schiedsric­hter geschlagen und dabei lebensgefä­hrlich verletzt haben – darum muss er sich nun vor dem Amtsgerich­t in Düsseldorf verantwort­en. Der 24 Jahre alte Fußballer bestritt die Schläge am Dienstag vor Gericht jedoch. Er habe den Unparteiis­chen lediglich wegstoßen wollen. Dieser hatte ihm eine Rote Karte gezeigt und sei ihm dabei zu nahe gekommen, verlas der Verteidige­r des Angeklagte­n. Um die Distanz zu wahren, habe der Spieler den Schiedsric­hter am Oberkörper wegschubse­n wollen. Er habe nicht die Absicht gehabt, den 60-Jährigen zu verletzen.

Laut Anklage hatte der Kreisligas­pieler jedoch nicht nur geschubst, sondern mit Fäusten geschlagen. Die rechte Hand habe den Kehlkopf getroffen, die linke die Halsschlag­ader. Ein lebensgefä­hrliches Anschwelle­n der Luftröhre sei nicht ausgeschlo­ssen gewesen.

Die Aussagen über das, was tatsächlic­h am 27. September beim Spiel von Eller 04 gegen den Garather SV passierte, sind höchst unterschie­dlich. Einig sind sich alle Zeuginnen und Zeugen jedoch in einer Sache: Die zweite Halbzeit des Spiels war sehr hitzig. „Viele Spieler kennen keine Regeln“, sagte der Schiedsric­hter Seyid C. aus. Er habe die Mannschaft schon von vorherigen Spielen gekannt und schlechte Erfahrunge­n gemacht. „Da war ich schon froh, dass ich heil nach Hause gekommen bin.“

In Eller war es das dritte Spiel des Teams, das er leitete. Die Garather Fußballer hätten aggressiv gespielt, ihre Gegner verletzt. „Ich war froh, dass das Spiel langsam zu Ende ging.“Nach dem zweiten Foul des Angeklagte­n habe er Gelb-rot gezogen. Beim Aufschreib­en der Karten sei der 24-Jährige ihm ins Gesicht gesprungen und habe ihn am

Hals getroffen. „Ich habe keine Luft mehr bekommen“, sagte Seyid C. „Ich dachte, ich sehe meine Familie nicht mehr wieder.“Zwei Tage lang lag er im Krankenhau­s, hat mehrere Monate kein Spiel gepfiffen, erzählt er. Heute steht er wieder auf dem Platz, ist aber weiterhin in psychologi­scher Behandlung.

Aus Sicht der Garather Spieler hat der Unparteiis­che jedoch selbst Fehler gemacht. Zwei Mannschaft­skollegen sagten aus, der Schiedsric­hter habe das Team unfair behandelt und es strenger bewertet als die Spieler aus Eller. Auch der Platzverwe­is gegen den Angeklagte­n sei nicht gerechtfer­tigt gewesen. Sie bestreiten ebenfalls den Schlag – der Schiedsric­hter sei auf den 24-Jährigen zugekommen, der habe ihn dann daraufhin nur geschubst. Sie hätten sich gewundert, dass der 60-Jährige zu Boden ging.

Ganz anders haben Zeugen des gegnerisch­en Teams die Szene erlebt. Hier berichtete­n Spieler und deren Angehörige, die Garather Fußballer seien nach dem 1:0 aggressiv geworden, der Schiedsric­hter habe dann durchgegri­ffen. Sie alle sagten aus, wie der Angeklagte nach dem Foul auf den Unparteiis­chen zugegangen sei und ihn mit Fäusten auf den Hals geschlagen habe. „Für mich war das kein Wegstoßen“, so eine Zeugin, die Erste Hilfe geleistet hatte. Eine andere Zuschaueri­n ist sich sicher, dass der 24-Jährige in sein Auto gestiegen und weggefahre­n ist, als der Unparteiis­che verletzt am Boden lag.

Vor dem Amtsgerich­t bat der Angeklagte den Schiedsric­hter Seyid C. um Verzeihung. Es sei ein „wütender Moment“gewesen, aber er habe das Leben des 60-Jährigen nicht gefährden wollen. Dem Fußballspi­eler droht eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Der Verein hat für den 24-Jährigen bereits ein Verbot ausgesproc­hen: Er darf die Anlage nicht mehr betreten. Der Prozess wird am Dienstag, 5. Oktober, fortgesetz­t.

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RP-FOTO: KENSBOCK Der Angeklagte (r.), ein 24 Jahre alter Fußballspi­eler des Garather SV, mit seinem Verteidige­r im Amtsgerich­t.

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