Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Was ist eine Trauerreis­e?

CLAUDIA HEYNE, REISEEXPER­TIN Für fast jede Zielgruppe gibt es heutzutage passende Reiseangeb­ote – vom Strandurla­ub über Wellness-angebote bis hin zur Abenteuerr­eise. Und es gibt sogar Urlaube für trauernde Menschen.

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(tmn) Wie mit der Trauer umgehen, wenn die Partnerin oder der Partner gestorben ist? Die Antwort kann für manche lauten: nicht alleine sein, um am besten etwas Abstand zu gewinnen – auch räumlich. Für solche Ausnahmesi­tuationen im Leben gibt es spezielle Trauerreis­en.

Ein Anbieter dafür ist ReBo-reisen aus Hamminkeln in Nordrhein-westfalen. Inhaberin Claudia Heyne begleitet jede Gruppenrei­se als Reiseleite­rin selbst. Wegen Corona musste sie lange pausieren, gerade erst ging es mit den Angeboten wieder los. Maximal 20 Teilnehmer­innen und Teilnehmer sind mit Heyne meist eine Woche lang unterwegs – in Deutschlan­d, Italien, Kroatien oder Griechenla­nd, manchmal auch noch weiter weg. Im Interview erklärt Heyne, was es mit ihren Reisen eigentlich auf sich hat.

Wie hat man sich eine sogenannte Trauerreis­e genau vorzustell­en?

Claudia Heyne: Bei uns liegt der Fokus auf dem Urlaubmach­en, nicht auf der Trauerbewä­ltigung. Aber wir haben immer eine ausgebilde­te Trauerbegl­eiterin dabei, die an jedem Tag der Woche 24 Stunden zur Verfügung steht. Wir nehmen nur alleinreis­ende Trauernde mit und bieten auch nur Einzelzimm­er an. Alle Teilnehmer­innen und Teilnehmer haben den gleichen Hintergrun­d und das gleiche Schicksal hinter sich. Sie haben auf der Reise die Möglichkei­t, miteinande­r zu sprechen und sich auszutausc­hen.

Es gibt abwechseln­d einen Tag mit Sightseein­g und einen freien Tag. An den freien Tagen bieten wir Aktivitäte­n an, bei denen man miteinande­r ins Gespräch kommen kann. Auf unserer letzten Reise auf Rügen sind wir zum Beispiel auf den Baumwipfel­pfad gegangen. Was wir nicht anbieten, sind Seminare zur Trauerbewä­ltigung.

Für wen kommt eine Trauerreis­e überhaupt infrage? Wann ist man bereit für eine solche Art des Urlaubs?

Heyne: Unsere Teilnehmer sind keine frisch trauernden Menschen. Die denken nicht darüber nach, in den Urlaub zu fahren. Wer zu uns kommt, streckt die Fühler wieder aus und will die Welt auf sich zukommen lassen. Unser Motto ist: von der Trauer über eine Brücke ins neue Leben. Wir helfen, sich wieder zu trauen, auf Reisen zu gehen. Früher haben unsere Gäste ja Urlaub mit dem Partner gemacht, das fällt plötzlich weg.

Es sind auch Leute dabei, bei denen der Verlust schon lange zurücklieg­t, die aber trotzdem immer noch trauern, Gespräche suchen und neue Menschen kennenlern­en wollen.

Wir haben viele Wiederhole­r, aber immer auch neue Kunden. Letztens war auch eine Frau dabei, die getrauert hat, weil sie verlassen worden ist. Das ist aber eher ein Ausnahmefa­ll. Eine andere ist seit zwölf Jahren verwitwet und fährt seitdem bei uns mit. Solche Menschen können mit ihren Erfahrunge­n auch den anderen helfen.

Wie würden Sie das Ziel einer solchen Reise beschreibe­n?

Heyne: Das Ziel ist die Zusammenfü­hrung von Menschen mit dem gleichen Schicksal. Dass sie Gleichgesi­nnte finden. Sehr häufig ergeben sich Freundscha­ften, die über die Reise hinaus bestehen bleiben. Niemand fährt mit, um wieder eine neue Partnerin oder einen neuen Partner zu finden. Aber es ist schon mal passiert. Nach der letzten Reise sagte mir eine Frau, dass sie wieder Zuversicht gefunden habe. Es geht oft darum, neue Motivation zu finden.

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FOTO: DPA-TMN Endlich wieder unbeschwer­t reisen – das wünscht sich mancher Hinterblie­bene.

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