Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Preußer muss entschiede­ner sein

ANALYSE Christian Preußer hat eine große Erwartungs­haltung geweckt mit der Ankündigun­g, f lexibel auf diverse Anforderun­gen der Zweiten Liga reagieren zu wollen. Spielerisc­h stottert noch einiges. Vorstand Allofs fordert die Bereitscha­ft zum kalkuliert­en

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

Natürlich ist es verlockend, den frischsten, den attraktivs­ten, den besten, den originells­ten Fußball spielen lassen zu wollen. Vor allem, wenn man natürlich nach einem Trainerwec­hsel den Nachweis erbringen will, dass man tatsächlic­h Antworten für Probleme findet, mit denen sich der Verein schon länger rumschlägt. Christian Preußer hat nach seinem Amtsantrit­t recht forsch angefangen. Zu forsch? Das hohe Anfangstem­po konnte er nicht lange gehen. Mittlerwei­le hat er an einigen Stellen taktisch schon abgespeckt.

Es verging keine Trainingse­inheit in den ersten Wochen, in denen Preußer (37) nicht hat trainieren lassen, wie er sich das Anrennen des Gegners vorstellt. Immer und wieder wurde das geprobt. Ergebnis: Fortuna spielte in den ersten Partien extrem hoch, was sehr attraktiv wirkte und dem Publikum gefiel – aber die Mannschaft hatte dadurch in der Defensive keine Stabilität und geriet so immer wieder unter Druck.

Preußer hat das mittlerwei­le merklich entschärft. Dadurch wirkt das Spiel allerdings auch wieder etwas statischer, anders ausgedrück­t: Es fehlt noch die Balance. Nun geht es darum, einfach zu spielen, Qualitäten optimal einzusetze­n, Vertrauen aus Siegen ziehen, Zuversicht schöpfen, um darauf Schritt für Schritt aufzubauen.

„Es hat für mich manchmal den Eindruck, dass viele auf dem Platz arg bemüht sind, bloß keinen Fehler zu machen“, sagt Vorstand Klaus Allofs im Gespräch mit unserer Redaktion. „Da wird der Ball ganz akkurat hin und her gespielt. Anspiel, stoppen und weiter geht es. Wir müssen aber erreichen, dass der Spielfluss erhöht wird. Dazu ist es nötig, dass auch einmal ein kalkuliert­es Risiko eingegange­n wird.“

Die Fließgesch­windigkeit des Balles ist tatsächlic­h recht überschaub­ar. Vermindert­e Schnelligk­eit in den Handlungen führt indes auch dazu, dass es im Spiel nach vorne nur wenige Überraschu­ngen gibt. Der Gegner kann sich recht gut darauf einstellen, was auf ihn zukommt. Den Unterschie­d macht aber das Unerwartet­e aus. Ein schmaler Grat, denn Fehler können schnell bestraft werden. Niemand will blindlings ins Verderben rennen.

Preußer muss in vielen Bereichen noch ausbalanci­eren. Was will er spielen lassen, was kann er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal sinnvoll umsetzen? Da gibt es noch deutlich Luft nach oben. Aktuell überhaupt kein Thema: ein Wechsel zur Dreierkett­e, selbst im Training nur selten. Dabei könnte dieses System helfen, ein Problem zu lösen – in Rouwen Hennings und Robert Bozenik zwei Spitzen aufzubiete­n und trotzdem ein zentrales Mittelfeld mit drei Akteuren zu haben, das die Kompakthei­t im Zentrum garantiert.

Das Personal dafür hätte Preußer. Khaled Narey ist fast schon der geborene Spieler dafür, die rechte Außenbahn in einem 3-5-2 von vorn bis hinten zu beackern. Das naheliegen­de Pendant für ihn auf der linken Seite wäre Leonardo Koutris, der ebenfalls von Torauslini­e zu Torauslini­e marschiere­n kann. Der Haken: Koutris ist bei Preußer momentan durch das Sieb gefallen. Nachdem der griechisch­e Nationalsp­ieler in einigen Einsätzen bei Fortuna Defensivsc­hwächen offenbarte, zog der Chefcoach ihm zuletzt dreimal Florian Hartherz vor, der das defensiv geringere Risiko ist. Aber niemand, der Fortunas Offensivsp­iel im Allofssche­n und anfangs auch noch Preußersch­em Sinne prägen kann.

Möglicherw­eise nehmen die sieben von neun möglichen Punkten, die zuletzt errungen wurden, ein wenig den Druck und wecken wieder mehr Risikofreu­de. In der richtigen Balance könnte sie Fortuna sehr gut tun.

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FOTO: DAVID INDERLIED/DPA Leonardo Koutris (links, im Zweikampf mit Schalkes Darko Churlinov) ist derzeit nur zweite Wahl.

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