Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Sondierung für Ampelkoalition beginnt
Schon am Sonntag wollen sich SPD, FDP und Grüne zu getrennten Gesprächen über eine Regierungsbildung treffen.
BERLIN Drei Tage nach der Bundestagswahl kommt in Berlin Bewegung in die Sondierung zur Bildung einer neuen Regierung. Während die CDU noch immer mit dem Schock der dramatischen Stimmenverluste zu kämpfen hat, erhöht die siegreiche SPD den Druck auf FDP und Grüne, alsbald über eine gemeinsame Koalition zu sprechen. Die drei Parteien könnten eine „Fortschrittskoalition“bilden, sagte Rolf Mützenich, der am Mittwoch erneut zum Vorsitzenden der Spd-bundestagsfraktion gewählt wurde. Zuvor hatte Spd-kanzlerkandidat Olaf Scholz eindringlich für ein Ampelbündnis geworben. „Deswegen sollten Grüne und FDP klug genug sein, das Angebot von uns, jetzt bald Gespräche, Sondierungen für eine Koalition zu führen, auch zu ergreifen“, sagte Mützenich. Beide Parteien kündigten daraufhin an, sich am Sonntagabend getrennt voneinander mit der Spd-spitze zu treffen.
Bereits am Dienstagabend waren FDP-CHEF Christian Lindner und Fdp-generalsekretär Volker Wissing mit den Grünen-vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck an einem geheimen Ort zu einem Gespräch über Möglichkeiten der Zusammenarbeit in einer Regierung zusammengekommen. Anschließend posteten die vier ein Foto von sich beim sozialen Netzwerk Instagram, unter dem zu lesen war: „Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten.“Am Freitag sollen die Gespräche zwischen beiden Parteien in größerer Runde vertieft werden. „2017 darf sich nicht wiederholen“, betonte Baerbock. Nach der Bundestagswahl in jenem Jahr hatten die Koalitionsverhandlungen Monate gedauert.
Grüne und Liberale könnten nach aktuellem Stand sowohl eine Ampelkoalition mit der SPD als auch ein Jamaika-bündnis mit der Union eingehen. Letztere war auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf Platz drei mit 14,8 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent.
Auch die Vorsitzenden von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder, haben am Mittwoch FDP und Grüne zu Gesprächen über eine Jamaika-koalition eingeladen. Diese könne ein „zukunftsweisendes politisches Projekt“sein, das Deutschland „modernisiere und nachhaltiger mache“, aber auch „die ganze gesellschaftliche Breite“des Lan
SCREENSHOTS: INSTAGRAM des abbilde. Trotz des Wahlsiegs der SPD habe „keine politische Kraft einen alleinigen Regierungsauftrag“. Es gebe mehrere Optionen. Dafür stünden CDU und CSU zu Gesprächen unter Demokraten zur Verfügung. Söder hatte zugleich jedoch klargemacht, dass er den Auftrag für eine Regierungsbildung zuerst bei SPD, Grünen und FDP sieht.
Nach den Worten des FDP-GEneralsekretärs wird seine Partei voraussichtlich am Samstag zu Unterredungen mit der Union zusammentreffen. Eine Regierung aus CDU/CSU, FDP und Grünen sei für seine Partei weiterhin die bevorzugte Option, sagte Wissing. Das liege an den Inhalten, an denen sich nichts geändert habe.
Mit der Union stünden die Grünen auch im Kontakt, bestätigte Baerbock, doch werde es wohl erst nächste Woche zu Gesprächen kommen. Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hält die CDU in den Sondierungen allerdings derzeit für nicht verhandlungsfähig. „Die müssen sich erst einmal selbst sortieren“, sagte sie im Deutschlandfunk. Das letzte Wort über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen soll bei den Grünen ein weiterer Parteitag haben. Dies schlägt der Bundesvorstand in seinem Fahrplan für Sondierungsgespräche vor, den ein kleiner Parteitag am Samstag beschließen soll.
Inzwischen kristallisiert sich auch die Besetzung der einzelnen Verhandlungsteams heraus. Die SPD kommt zu sechst mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz, den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-borjans, dem Fraktionsvorsitzenden Mützenich, der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Generalsekretär Lars Klingbeil.
Zur Sondierungsgruppe der Grünen zählen neben Baerbock und Habeck acht weitere Mitglieder – die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-eckardt und Toni Hofreiter, der Europa-politiker Sven Giegold, die Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann, Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, das Vorstandsmitglied Ricarda Lang und Bundestags-vizepräsidentin Claudia Roth. Die FDP schickt zwischen sechs und zehn Mitglieder ihres Präsidiums zu den Treffen. Zum Unionsteam ist noch nichts bekannt.
Als letzter Glückwunsch aus der Unionsspitze für Wahlsieger Scholz traf am Mittwoch die Gratulation von Armin Laschet per Brief ein. Söder hatte Scholz am Dienstag beglückwünscht, Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am Montag.
Schleswig-holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bezeichnete die Situation seiner Partei als dramatisch. „Eine CDU, die weniger als 25 Prozent holt, hat selbstverständlich Reformbedarf“, so Günther gegenüber den „Kieler Nachrichten“. Politik