Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Neuer St. Martin reitet durch die Altstadt
Engelbert „Berti“Jäger hatte nach 33 Jahren Schwert und Mantel an seinen Nachfolger Sven Hövelmann übergeben.
ALTSTADT Bei Düsseldorfs größtem Martinsumzug war eigentlich alles wie immer. Groß und Klein sangen die Martinslieder, die Kinder trugen voller Stolz ihre meist selbst gebastelten Laternen und St. Martin teilte nach dem Start auf dem Stiftsplatz einmal vor dem Rathaus und einmal auf dem Burgplatz am Rheinufer seinen Mantel. Und doch war es nicht wie beim letzten Mal vor der Corona-pandemie, denn auf dem Pferd saß mit Sven Hövelmann ein „neuer“St. Martin. Zuvor war 32-mal Engelbert „Berti“Jäger durch die Altstadt geritten, bis er am vergangenen Montag seinem Nachfolger symbolisch die Utensilien übergab und abtrat.
Berti Jäger wurde vor 33 Jahren vom damaligen Rittmeister Josef Ilbertz angesprochen, die Rolle des St. Martin zu übernehmen. „Ich hatte schon Respekt vor dieser Aufgabe“, erzählt Jäger, „die engen Gassen in der Altstadt und dann die vielen Kinder“, sagt er. Aber genau diese vielen leuchtenden Kinderaugen waren es, die ihn jedes Jahr aufs Neue haben in den Sattel steigen lassen, um den Mantel zu teilen. Doch jetzt sei endgültig Schluss gewesen, denn mit Sven Hövelmann habe er einen tollen Nachfolger gefunden, sagt Berti Jäger weiter.
Sven Hövelmann hat den Mantel, der schon seit mehr als 80 Jahren vom St. Martin der Düsseldorfer Altstadt getragen wird, gerne angenommen. Er hat sich vorgenommen, ihn in Zukunft mit Würde zu tragen. Sven Hövelmann sagt: „Als Kind der Altstadt habe ich Berti Jäger an der Mariensäule schon zugeschaut, wie er den Mantel geteilt hat – und nun darf ich das selber machen. Für mich als Familienvater ist es Ehre und Verpflichtung zugleich.“Der Rittmeister vom Rei
tercops Wilhelm Marx reitet bereits seit 15 Jahren als Herold im Martinszug mit. Wer dem Reitercorps beitritt, tritt nicht nur einer Schützengemeinschaft bei, sondern wird auch direkt in Planung und Durchführung des Martinzuges eingebunden. Sei es als Reiter oder als Ordner – alle Vereinsmitglieder müssen helfen, damit der Umzug durch die Altstadt zu Ehren des Heiligen Martin und zur Freude der Kinder stattfinden kann. Und damit auch so viele Kinder wie möglich die Mantelteilung sehen können, hat man vor zehn Jahren beschlossen, eine zweite Mantelteilung am Rheinufer durchzuführen.
Berti Jäger ist aber nicht traurig darüber, dass er jetzt nicht mehr durch die Altstadt reitet. Denn er bekam am Donnerstagabend erstmals einen ganz neuen Blick auf den Martinsumzug, er durfte nämlich vom Rathausbalkon zuschauen. „Jedes Jahr wurde ich als Dankeschön vom Oberbürgermeister an St. Martin ins Rathaus eingeladen, aber das ging ja nicht, ich hatte ja zu tun. Nun kann ich endlich mal ins Rathaus gehen und den Zug vom Balkon aus ansehen“, sagte Berti Jäger vor dem Martinszug. Am Abend wurde ihm dann von OB Stephan Keller (CDU) für sein jahrzehntelanges Engagement eine Plakette verliehen.
Aber ist so ein Zug überhaupt noch zeitgemäß? Für die Martinsfreunde stellt sich diese Frage nicht. Der neue St. Martin findet, „dass in diesen Zeiten, die wir gerade erleben, gerade die Symbolkraft des Teilens doch wichtiger denn je ist“. Berti Jäger ergänzt: „Es war eine schöne Zeit, die ich erleben durfte. In die vielen glänzenden Augen der Kinder zu sehen, das hat mich jedes Jahr sehr berührt. Und egal wo die Kinder herkommen, welche Hautfarbe oder welchen Glauben die Kinder haben, an diesem Tag, in diesem Moment, sind wir eine Gemeinschaft.“Das wurde beim Umzug auch bei Schülern des St.-ursula-gymnasiums deutlich. Sie hatten tolle Laternen gebastelt, die wie bekannte Düsseldorfer Gebäude wie der Rheinturm oder die Tonhalle aussahen – und ihre Kunstwerke waren so groß, dass die Sechstklässler eine Laterne nur zu zweit tragen konnten.