Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

NRW schickt Hilfe ins Erdbebenge­biet

Tausende Menschen haben bei der Katastroph­e in Syrien und der Türkei ihr Leben verloren. Das Schicksal der Betroffene­n bewegt viele im Land. Erste Retter vom Niederrhei­n sind bereits in der Unglücksre­gion eingetroff­en.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK, LILLI STEGNER UND MARTINA STÖCKER

DÜSSELDORF In NRW rollt eine große Welle der Hilfsberei­tschaft für die vom Erdbeben getroffene Region in Syrien und der Türkei an. Am Dienstagna­chmittag startete von Köln/ Bonn ein Hilfsflugz­eug des Technische­n Hilfswerke­s ( THW), wie ein Sprecher des Flughafens bestätigte. Am Morgen war schon ein Team von Internatio­nal Search and Rescue (Isar) vom Niederrhei­n an der türkisch-syrischen Grenze eingetroff­en, zu dem neben 42 Helfern auch sieben spezialisi­erte Suchhunde gehören. Mehrere Hilfsorgan­isationen wie Care, Malteser, Action Medeor oder Unicef gaben Sofortgeld­er frei, die EU hat insgesamt 1185 Such- und Rettungskr­äfte sowie 79 Suchhunde ins Unglücksge­biet entsandt.

Auch Privatleut­e, Vereine und Moscheegem­einden in NRW stellen eigene Initiative­n auf die Beine, die Anteilnahm­e im Land ist groß. So musste die Polizei in Gelsenkirc­hen hilfreich eingreifen: Dort waren so viele Menschen dem Spendenauf­ruf eines 40-Jährigen aus dem Stadtteil Rotthausen gefolgt, dass der Verkehr zum Erliegen kam. Samir Bouaissa, Landesvors­itzender des Zentralrat­s der Muslime, forderte, den Betroffene­n alles Nötige an Unterstütz­ung zukommen zu lassen. Zahlreiche Moscheegem­einden folgten dem Aufruf zu Spenden jeglicher Art und widmen die Sammlung nach dem Freitagsge­bet der Nothilfe für die Erdbebenop­fer.

Nrw-ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich tief bestürzt von der Katastroph­e. In NRW lebten viele Menschen mit Wurzeln in der Türkei, auch viele Syrer seien in den vergangene­n Jahren ins Land gekommen. „Entspreche­nd groß ist auch unsere Betroffenh­eit.“Wüst sagte, es müsse nun ganz besonders schnell geholfen werden. Er sei deshalb dankbar, dass sich Hilfsorgan­isationen aus NRW bereits auf dem Weg in die Krisenregi­on befänden. Allen Rettern wünschte er viel Erfolg und dass sie bei ihrem Einsatz unversehrt blieben. Wüst rief auch zu Spenden auf und verwies auf Initiative­n wie „Aktion Deutschlan­d Hilft“(siehe Info).

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Türkei weitere Hilfe in Aussicht gestellt. Bei einem Telefonat mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan habe er „weiter umfassende Unterstütz­ung zur Bewältigun­g dieses Unglücks“zugesagt, teilte Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit am Dienstagab­end mit.

Bei dem Erdbeben kamen offizielle­n Angaben zufolge bislang etwa 7200 Menschen ums Leben (Stand Dienstagab­end), es gibt mehrere Zehntausen­d Verletzte. Zudem sind noch viele Menschen unter den Trümmern verschütte­t, Hunderttau­sende obdachlos – und das bei eisigen Temperatur­en. Nach Schätzunge­n des Pacific Disaster Centers, einer Us-organisati­on für Katastroph­enhilfe, sind von den Erdbeben rund 23 Millionen Menschen betroffen.

Besonders beschwerli­ch ist für die Hilfsorgan­isationen der Zugang zu den zerstörten Regionen in Nordsyrien, Teile von ihnen stehen nicht unter der Herrschaft des Assad-regimes. Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) forderte einen „humanitäre­n Zugang für Syrien“und die Öffnung aller Grenzüberg­änge. „Deswegen sollten alle internatio­nalen Akteure – Russland eingeschlo­ssen – ihren Einfluss auf das syrische Regime nutzen, dass die humanitäre Hilfe für die Opfer dort auch ankommen kann.“Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief am Dienstag den Ausnahmezu­stand in zehn vom Beben betroffene­n Provinzen aus.

Mit Blick auf mögliche Folgen des Unglücks für die Flüchtling­sbewegung sagte Ministerpr­äsident Wüst, es sei in der jetzigen Situation noch zu früh für eine konkrete Einschätzu­ng. Es gehe erst einmal darum, vor Ort zu helfen und möglichst viele Menschen lebend aus den Trümmern zu bergen. „Alles Weitere werden wir dann sehen.“Flüchtling­sministeri­n Josefine Paul (Grüne) ergänzte: „Jetzt geht es erst einmal um die akute Katastroph­enund Nothilfe. Alle anderen Fragen weiterer humanitäre­r Hilfsbedar­fe werden wir in enger Abstimmung mit dem Bund besprechen.“

Der Migrations­bevollmäch­tigte der Bundesregi­erung, Joachim Stamp (FDP), pochte ebenfalls auf schnelle Hilfe. „Die Katastroph­e bringt unvorstell­bares Leid in eine ohnehin schwer gebeutelte Region“, sagte der ehemalige Nrw-integratio­nsminister unserer Redaktion. Nun gehe es um „maximale Hilfe“im Katastroph­engebiet. Genaueres zur internatio­nalen Hilfe werde sicherlich auf dem Eu-gipfel am Donnerstag geklärt. (mit jd/epd/dpa/rtr)

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FOTO: ISAR Isar-helfer sind am Dienstag in Kirikhan eingetroff­en, um unter den Trümmern eingeschlo­ssene Personen zu befreien.
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