Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
NRW schickt Hilfe ins Erdbebengebiet
Tausende Menschen haben bei der Katastrophe in Syrien und der Türkei ihr Leben verloren. Das Schicksal der Betroffenen bewegt viele im Land. Erste Retter vom Niederrhein sind bereits in der Unglücksregion eingetroffen.
DÜSSELDORF In NRW rollt eine große Welle der Hilfsbereitschaft für die vom Erdbeben getroffene Region in Syrien und der Türkei an. Am Dienstagnachmittag startete von Köln/ Bonn ein Hilfsflugzeug des Technischen Hilfswerkes ( THW), wie ein Sprecher des Flughafens bestätigte. Am Morgen war schon ein Team von International Search and Rescue (Isar) vom Niederrhein an der türkisch-syrischen Grenze eingetroffen, zu dem neben 42 Helfern auch sieben spezialisierte Suchhunde gehören. Mehrere Hilfsorganisationen wie Care, Malteser, Action Medeor oder Unicef gaben Sofortgelder frei, die EU hat insgesamt 1185 Such- und Rettungskräfte sowie 79 Suchhunde ins Unglücksgebiet entsandt.
Auch Privatleute, Vereine und Moscheegemeinden in NRW stellen eigene Initiativen auf die Beine, die Anteilnahme im Land ist groß. So musste die Polizei in Gelsenkirchen hilfreich eingreifen: Dort waren so viele Menschen dem Spendenaufruf eines 40-Jährigen aus dem Stadtteil Rotthausen gefolgt, dass der Verkehr zum Erliegen kam. Samir Bouaissa, Landesvorsitzender des Zentralrats der Muslime, forderte, den Betroffenen alles Nötige an Unterstützung zukommen zu lassen. Zahlreiche Moscheegemeinden folgten dem Aufruf zu Spenden jeglicher Art und widmen die Sammlung nach dem Freitagsgebet der Nothilfe für die Erdbebenopfer.
Nrw-ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich tief bestürzt von der Katastrophe. In NRW lebten viele Menschen mit Wurzeln in der Türkei, auch viele Syrer seien in den vergangenen Jahren ins Land gekommen. „Entsprechend groß ist auch unsere Betroffenheit.“Wüst sagte, es müsse nun ganz besonders schnell geholfen werden. Er sei deshalb dankbar, dass sich Hilfsorganisationen aus NRW bereits auf dem Weg in die Krisenregion befänden. Allen Rettern wünschte er viel Erfolg und dass sie bei ihrem Einsatz unversehrt blieben. Wüst rief auch zu Spenden auf und verwies auf Initiativen wie „Aktion Deutschland Hilft“(siehe Info).
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Türkei weitere Hilfe in Aussicht gestellt. Bei einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan habe er „weiter umfassende Unterstützung zur Bewältigung dieses Unglücks“zugesagt, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Dienstagabend mit.
Bei dem Erdbeben kamen offiziellen Angaben zufolge bislang etwa 7200 Menschen ums Leben (Stand Dienstagabend), es gibt mehrere Zehntausend Verletzte. Zudem sind noch viele Menschen unter den Trümmern verschüttet, Hunderttausende obdachlos – und das bei eisigen Temperaturen. Nach Schätzungen des Pacific Disaster Centers, einer Us-organisation für Katastrophenhilfe, sind von den Erdbeben rund 23 Millionen Menschen betroffen.
Besonders beschwerlich ist für die Hilfsorganisationen der Zugang zu den zerstörten Regionen in Nordsyrien, Teile von ihnen stehen nicht unter der Herrschaft des Assad-regimes. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte einen „humanitären Zugang für Syrien“und die Öffnung aller Grenzübergänge. „Deswegen sollten alle internationalen Akteure – Russland eingeschlossen – ihren Einfluss auf das syrische Regime nutzen, dass die humanitäre Hilfe für die Opfer dort auch ankommen kann.“Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief am Dienstag den Ausnahmezustand in zehn vom Beben betroffenen Provinzen aus.
Mit Blick auf mögliche Folgen des Unglücks für die Flüchtlingsbewegung sagte Ministerpräsident Wüst, es sei in der jetzigen Situation noch zu früh für eine konkrete Einschätzung. Es gehe erst einmal darum, vor Ort zu helfen und möglichst viele Menschen lebend aus den Trümmern zu bergen. „Alles Weitere werden wir dann sehen.“Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) ergänzte: „Jetzt geht es erst einmal um die akute Katastrophenund Nothilfe. Alle anderen Fragen weiterer humanitärer Hilfsbedarfe werden wir in enger Abstimmung mit dem Bund besprechen.“
Der Migrationsbevollmächtigte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), pochte ebenfalls auf schnelle Hilfe. „Die Katastrophe bringt unvorstellbares Leid in eine ohnehin schwer gebeutelte Region“, sagte der ehemalige Nrw-integrationsminister unserer Redaktion. Nun gehe es um „maximale Hilfe“im Katastrophengebiet. Genaueres zur internationalen Hilfe werde sicherlich auf dem Eu-gipfel am Donnerstag geklärt. (mit jd/epd/dpa/rtr)