Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die Nöte der Menschen im syrischen Katastrophengebiet
IDLIB/BAGDAD In Besnaya und Darkush im Nordwesten Syriens liegen ganze Straßenzüge liegen in Schutt und Asche. Manche Häuser sind zur Hälfte, andere ganz zusammengebrochen. Die Menschen laufen verzweifelt umher, suchen nach Angehörigen oder Habseligkeiten. Aus einem Haus in Afrin ist gerade noch ein Neugeborenes lebend gerettet worden – es war mit der Nabelschnur noch mit seiner toten Mutter verbunden. Doch es ist nicht der Bürgerkrieg, der die Verwüstung verursacht hat: Es waren die beiden gewaltigen Erdstöße, die die ganze Region am Montagmorgen heimsuchten. Besnaya und Darkush sind nur zwei Beispiele – und doch sind sie erwähnenswert, weil sie in der Provinz Idlib liegen.
Während die Bergungsarbeiten in der Türkei relativ schnell angelaufen sind, ist die Lage in Syrien eine völlig andere. Dort arbeiten nur wenige Hilfsorganisationen. Es ist bis jetzt äußerst schwierig, verlässliche Informationen von dort zu erhalten.
Bashar al-assad, der sonst eher zurückhaltend ist, was ausländische Hilfe anbelangt – besonders wenn sie aus dem Western kommt –, bat nun die internationale Gemeinschaft um Unterstützung. Wie sich die Zusammenarbeit mit dem syrischen Diktator gestalten wird: offen.
Gnadenlos fielen nicht nur Menschen und Häuser in der Türkei und Syrien dem Beben zum Opfer, sondern auch antike Monumente. Bei der Zitadelle von Aleppo, die schon durch die russische Luftwaffe beschädigt wurde, brachen ganze Teile in sich zusammen. Bilder zeigen, dass das Minarett der Moschee im Inneren einbrach, der Eingang zum Mamlukenturm zerstört und das Tor zu dem 800 Jahre alten Monument schwer beschädigt wurde. „Teile der Osmanischen Mühle im Inneren der Zitadelle sind zerbrochen, sowie Sektionen der nordöstlichen Verteidigungsmauern“, teilte der Generaldirektor der Antiken- und Museumsverwaltung mit.
Zurück nach Darkush, Besnaya. In der Provinz Idlib ist die Lage am schlimmsten, das Epizentrum des Bebens liegt nicht weit entfernt. Die Provinz wird von den Rebellen kontrolliert und ist vom Rest Syriens abgeriegelt. Der einzige Zugang ist ein Grenzübergang zur Türkei, um den es in den vergangenen Jahren immer wieder Streit gab. Dieser Übergang wird nun zum Nadelöhr für die Hilfe der Erdbebenopfer. Präsident Assad möchte die schwer umkämpfte Provinz aushungern lassen, um sie letztendlich wieder in seinen Machtbereich zu zwingen.
Hilfsgüter werden nur mit einiger Verzögerung ankommen können, viele Flughäfen sind beschädigt. In der katarischen Hauptstadt Doha stehen dennoch Flugzeuge bereit, um Hilfsgüter nach Idlib zu liefern. Vor allem Telefone und Smartphones will das Golf-emirat verteilen, damit die Koordinierung vor Ort besser funktioniert: „Es war schon immer schwierig, schon vor dem Erdbeben, im Norden Syriens zu arbeiten“, sagte Elias Abu Ata vom International Rescue Committee der BBC. Die Infrastruktur liegt am Boden. Damit nicht genug: Für die kommenden Tage sind Schnee, eisige Kälte und heftiger Regen angesagt.