Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Vom Reality-tv in die Gründersze­ne

Sebastian Welp hat drei Jahre für „Die Geissens“gearbeitet und flog mit ihnen um die Welt. Bis er 2021 beschloss, sein eigenes Unternehme­n für nachhaltig­e Verpackung­en zu gründen. Heute ist er damit erfolgreic­h. INFO Kartons sollen acht Jahre lang halten

- VON JANA MARQUARDT

AHAUS Als Sebastian Welp 2017 eine Instagram-nachricht an Reality-tvIkone Robert Geiss schickt, rechnet er gar nicht mit einer Antwort. Er verfolgt den Unternehme­r aus Köln damals schon länger im Fernsehen, schaut regelmäßig „Die Geissens“auf RTL 2. Dabei ist ihm aufgefalle­n, dass die Familie keinen Kanal auf Youtube hat – und genau so einen möchte der Mediengest­alter aus Ahaus nebenbei für sie aufbauen: „Mir war bewusst, dass die Geissens täglich Hunderte Nachrichte­n bekommen und dachte, dass meine untergehen wird“, sagt der 29-Jährige heute. Doch es kommt anders. Geiss ist interessie­rt, er antwortet schnell und lädt Welp in seine Agentur nach Köln ein. Wenige Monate später sitzt Welp mit ihm im Flugzeug. Ein neues Leben beginnt.

Nachdem er den Youtube-kanal für die Familie aufgebaut hat, wird er Aufnahmele­iter für ihre TV-SENdung. Er plant, wo wann gedreht wird, macht Termine aus, kümmert sich ums Gepäck und die Restaurant­wahl. Manchmal steht er sogar hinter der Kamera. Es ist ein Leben in Luxushotel­s. An den schönsten Stränden der Welt. In Ländern, die Welp zuvor noch nie gesehen hat. Drei Jahre geht das so. Dabei ist der Ahauser gar nicht an diesen Luxus gewöhnt. Er fährt schon als kleiner Junge auf dem Gabelstapl­er durch die Textildruc­kerei seines Vaters, macht dort später eine Ausbildung zum Mediengest­alter und gewinnt schließlic­h immer größere Kunden.

Inzwischen bestellen unter anderem Ikea, Bauhaus und Rewe ihre Arbeitskle­idung dort.

Die T-shirts und Pullover der Textildruc­kerei lagerten lange in großen Plastikkis­ten, bis 2014 immer mehr Anfragen kamen: Könnte die Textildruc­kerei nicht bitte nachhaltig­e Kartons nutzen? Die Konzerne achteten plötzlich auf so etwas. Welp setzte sich damals mit einem großen Stück recyceltem Karton hin, schnitt ihn mit einem Cuttermess­er zurecht und formte ihn zu einer 600 mal 400 mal 300 Millimeter großen Box. Da weiß Welp noch nicht, dass er sieben Jahre später mit diesem Prototyp ein Unternehme­n gründen wird. Erst einmal werden die Lagerkarto­ns aus recycelbar­er Wellpappe nur in der Firma seines Vaters eingesetzt, Eisenregal­e und Plastikkis­ten verschwind­en nach und nach aus der Lagerhalle. Und Welp geht auf Weltreise mit den Geissens.

Doch wenn er abends im Hotel auf seinem Kingsize-bett sitzt, mit dem Telefon am Ohr aufs Meer hinausblic­kt und mit seinem Vater spricht, arbeitet es in ihm. Immer

Größen

Die Kartons gibt es in 400 x 400 x 200 Millimeter, 600 x 400 x 300 Millimeter, 600 x 400 x 300 Millimeter und 800 x 600 x 360 Millimeter.

Haltbarkei­t

Sie halten 15 Kilogramm aus und können acht Jahre verwendet werden.

wieder geht ihm ein Gedanke durch den Kopf: „Könnte ich nicht mit den Lagerkarto­ns ein eigenes Geschäft aufziehen?“

2021 verabschie­det er sich von seinem Luxusleben. Er geht zurück nach Ahaus und gründet dort das junge Unternehme­n Lagerkarto­n Systembox. Heute ist es Marktführe­r für nachhaltig­e Aufbewahru­ngsboxen im Lager, bietet sie in vier Größen an und arbeitet unter anderem mit Amazon, About You und dem Fanshop des FC Bayern zusammen. Für 280 kleine Kartons aus recycelter Wellpappe zahlen Kunden derzeit 2,50 Euro pro Stück. Welp hat eine 1200 Quadratmet­er große Lagerhalle angemietet, fünf Mitarbeite­r eingestell­t und eine Niederlass­ung in Enschede in den Niederland­en aufgebaut. Finanziert hat er sich zunächst selbst. 2022 macht er laut eigenen Angaben rund 500.000 Euro Umsatz und etwa 200.000 Euro Gewinn.

Für die kommenden fünf Jahre hat Welp große Pläne: Er möchte in die USA expandiere­n, für sein Geschäft wieder um die Welt reisen. Dem Fernsehen kehre er aber weiterhin den Rücken, eine Anfrage von „Höhle der Löwen“habe er abgelehnt. Weil die Firma inzwischen stetig wächst, verhandele er gerade mit einem möglichen Investor außerhalb der Tv-show. Es sei ein Logistikun­ternehmen aus Deutschlan­d. Mehr möchte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht verraten.

 ?? FOTO: LAGERKARTO­N SYSTEMBOX ?? Sebastian Welp hat nach seiner Weltreise mit den Geissens ein Unternehme­n gegründet.
FOTO: LAGERKARTO­N SYSTEMBOX Sebastian Welp hat nach seiner Weltreise mit den Geissens ein Unternehme­n gegründet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany