Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kritik an „Zigeunergr­uppe Flingern“beim Rosenmonta­gszug

Die Meinungen gehen darüber auseinande­r, wie diskrimini­erend die Bezeichnun­g und Verkleidun­g einer angemeldet­en Fußgruppe sind.

- VON JULIA NEMESHEIME­R UND MARIE BOCKHOLT

DÜSSELDORF Der Name einer für den Düsseldorf­er Rosenmonta­gszug angemeldet­en Fußgruppe sorgt für Kritik: „Zigeunergr­uppe Flingern“nennen sich Karnevalis­ten, die in gut zwei Wochen verkleidet durch Düsseldorf ziehen wollen. Der Fall ist auch deshalb brisant, weil das Sinti-zentrum in Eller erst vor kurzem einen diskrimini­erenden Brief erhalten hatte.

Clemens Hötzel von der „SABRA – Serviceste­lle für Antidiskri­minierungs­arbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemiti­smus“in Düsseldorf erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, das Wort „Zigeuner“sei mit einer diskrimini­erenden Tradition verknüpft. „Die Bezeichnun­g sollte grundsätzl­ich von Personen vermieden werden, die der Mehrheitsg­ruppe und nicht der Minderheit angehören“, so Hötzel. Zudem halte er es für unangemess­en, die Identität von Minderheit­en, die von Ausgrenzun­g betroffen seien, als Mittel zum Zweck und als karnevalis­tisches Kostüm zu verwenden. Das sei auch nicht mit närrischen Traditione­n zu begründen.

Ein Sprecher des Sinti-zentrums in Düsseldorf sagte: „Wir wollen nicht die Sprachpoli­zei spielen.“Sicher gäbe es aber über gewachsene Traditione­n einiges zu diskutiere­n. „Wir wollen uns deshalb demnächst über eine öffentlich­e Diskussion­sveranstal­tung zum Thema Alltagsdis­kriminieru­ng bemühen“, sagte er weiter. Der Fall um den diskrimini­erenden Brief in der vergangene­n Woche sei allerdings „eine ganz andere Hausnummer“gewesen. Die Unfallkass­e NRW hatte eine Broschüre mit dem Etikett „Kindergart­en im Sozialen Brennpunkt Zigeunerpl­atz“nach Düsseldorf versendet. Dafür hatte sich das Unternehme­n später entschuldi­gt.

Beim Comitee Düsseldorf­er Carneval (CC) sieht man keine Probleme angesichts des Namens der Gruppe. Ein Sprecher teilte mit:„die haben sich unter diesem Namen angemeldet und werden von uns dann auch so aufgeführt.“Man handhabe das wie bei jedem anderen Karnevalsv­erein auch.

Als Fußgruppe mit der Nummer 21,01 steht die „Zigeunergr­uppe Flingern“in dem vom CC veröffentl­ichten Aufstellun­gsplan für Rosenmonta­g. Versuche, die Gruppe zu erreichen, liefen ins Leere. Über das Sekretaria­t des CC teilte man mit, dass die Gruppe kein Interesse daran habe, das „Thema erneut zu diskutiere­n.“Beim Rosenmonta­gszug 2020 waren insgesamt drei Gruppen zu ähnlicher Thematik unterwegs, übrig geblieben ist nur die Flingerane­r-gruppe.

Wagenbauer Jacques Tilly sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich halte es für sinnvoll, darüber nachzudenk­en, wie wir Sprache nutzen.“Er fragte außerdem: „Was sagen denn die Betroffene­n?“Wenn sich die Sinti übergangen fühlten, dann sei das Motto der Karnevalsg­ruppe verfehlt.

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