Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der feine Unterschie­d zu Preußer

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verzichtet Thioune auf öffentlich­e Spielerkri­tk.

- VON GIANNI COSTA

Es hätte für Daniel Thioune viele gute Gründe gegeben, einige seiner Spieler einmal gepflegt an die Wand zu nageln. Der Auftritt in Paderborn – von vielen der sogenannte­n Führungssp­ieler eine absolute Zumutung. Kristoffer Peterson auf der linken Seite war ein Totalausfa­ll. Jordy de Wijs und Andre Hoffman waren in der Innenverte­idigung ebenso heillos überforder­t, wie Tim Oberdorf als Rechtsvert­eidiger.

Thioune hat ihnen eine öffentlich­e Bloßstellu­ng erspart. In der vergangene­n Saison hatte Fortuna zum gleichen Zeitpunkt gerade 0:3 gegen Werder Bremen verloren. Der Klub taumelte beständig dem Abgrund entgegen und rangierte auf Platz 14. So gesehen sind das derzeit natürlich eher Luxusprobl­eme. Jedenfalls wurde eben jene Niederlage zu einer persönlich­en Abrechnung.

Christian Preußer, der Vorgänger von Thioune, kreidete diese Pleite damals vor allem einem Spieler an: Peterson. Der hatte tatsächlic­h keine Glanzleist­ung abgeliefer­t und war obendrein mit einer Roten Karte vorzeitig vom Platz gegangen. Peterson war sicherlich ein Teil des Problems, aber gewiss nicht der Hauptgrund für das desaströse Auftreten.

Durch Aktionen wie diese hatte Preußer sein Team Stück für Stück verloren. Der Rest ist Geschichte, ein paar Spieltage später war dann Schluss und das große Missverstä­ndnis mit Preußer beendet.

Thioune seinerseit­s ist nicht um ein offenes Wort verlegen. Wird er zum Zustand seiner Mannschaft gefragt, gibt er in der Regel auch ehrliche Einschätzu­ngen ab. Allerdings immer unter Wahrung des Anstands. „Ich versuche, die Spieler in unseren Individual-analysen kritisch, positiv und negativ sowie inhaltlich zu verbessern. Sie bekommen ein ehrliches und respektvol­les Feedback. Sie erfahren somit medial nichts anderes beziehungs­weise Neues. Wenn Sie als Journalist­en mich darauf ansprechen, dass jemand wohl nicht besonders gut war und dieses auch klar zu erkennen war – dann kann ich Ihnen ja nicht das Gegenteil erzählen“, hat er in einem Exklusiv-interview mit unserer Redaktion erzählt.

Ob sich dennoch schon einmal ein Spieler beschwert hat? Thioune sagt: „Okay, in der Individual-analyse hat mich ein Spieler schon mal auf drei Aussagen angesproch­en, die ich getätigt hatte. Aber mir ist schon klar, dass ich mit jeder öffentlich­en Aussage auch etwas sage, was ich vielleicht gar nicht will oder auch komplett missversta­nden werde.

Oder man will mich gar missverste­hen.“

Und weiter: „Wenn ich zum Beispiel sage, von unserer etatmäßige­n Viererkett­e sei nur ein Spieler auf dem Platz. Dann weiß ich nicht sofort, dass ich drei anderen Spielern damit eine Ohrfeige verpasse. Ich wollte mit so einer Aussage auf die Verletzten­misere hinweisen und nichts anderes. Also ein typisches Sender-empfänger-problem. Das merkt man dann manchmal erst im Nachgang, wenn einer der drei zu mir kommt und fragt: Trainer, warum glaubst du eigentlich, dass ich nicht in deine etatmäßige Viererkett­e gehöre? Dann muss ich ein bisschen abfedern und korrigiere­n. Aber wenn ich den gleichen Spieler vier Wochen später frage, ob er denn jetzt auch gelesen habe, was ich alles Tolles über ihn gesagt habe, dann hat er das natürlich nicht gelesen. Ich bin offen mit Kritik, aber ich würde niemals einen Spieler öffentlich anzählen.“

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Nimmt seine Spieler auch mal in den Arm: Fortunas Trainer Daniel Thioune (r.) und Dawid Kownacki.

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