Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das Gift der bösen Königin

- VON DOROTHEE KRINGS

Im Märchengew­and der bösen Königin hat FDPPolitik­erin Marie-agnes Strack-zimmermann mit harten Versen gegen CDU-CHEF Friedrich Merz gegiftet. Dessen Partei fordert eine Entschuldi­gung – und tut sich damit keinen Gefallen. Die CDU wirkt nun wie ein Verein humorloser Beleidigte­r, die Satisfakti­on verlangen. Dabei hat Strack-zimmermann nicht auf politische­r, sondern auf karnevalis­tischer Bühne ausgeteilt und die Narrenfrei­heit genutzt. Dabei ist sie über das hinausgega­ngen, was höflich, gerecht und unter Ex-koalitions­partnern üblich ist. Doch sie tat es in der Bütt. Im Karneval ist Rücksichts­losigkeit erlaubt. Es macht ihn sogar aus. Die fünfte Jahreszeit steht nun mal nicht im Kalender. Sie ist ein besonderer Raum, in dem nicht taktiert, sondern gespottet werden soll. So hat Strack-zimmermann auch leichtes Spiel, alle Anwürfe zu kontern. Karnevalis­mus sei nicht gottgegebe­n, schrieb sie bei Twitter. Wer ihre Rede kritisiert, ist halt nicht jeck genug.

Dabei reagierte das Publikum in Aachen in den Passagen zu Merz recht verhalten. In ihrem karnevalis­tischen Furor hat Strack-zimmermann zwar durchaus Selbstiron­ie bewiesen, als sie sich selbst als die „Allergeils­te“einführte, doch fehlte ihrer Rede jenes delikate Maß an Milde, das Spott zwar bissig, aber auch weise macht. Die Kunst liegt ja darin, anzudeuten, was nicht ausgesproc­hen werden muss, und dem Gegner so viel Gesicht zu lassen, dass er lächeln kann. Merz konnte es nicht mehr. Das ist kein Zeichen von Humorlosig­keit, sondern spiegelt die Unerbittli­chkeit, mit der die böse Königin in der Bütt zuschlug. Wer da noch gelächelt hätte, hätte nicht richtig zugehört.

Die CDU hätte die Verse trotzdem besser verhallen lassen. Eine solche Vorlage kann auch genutzt werden, um Spott-resilienz zu beweisen. Nun werden die Reime wieder und wieder hervorgeho­lt. Ein Narr, wer Böses dabei denkt.

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