Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Liebe in der närrischen Zeit

Im Karneval gelten besondere Regeln – etwa zum Umgang mit Bützchen.

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Damit muss Karl Lauterbach leben. Der Karneval macht Witze über ihn. Dabei hat der als Klabauterb­ach und Corona-orakel verspottet­e Bundesgesu­ndheitsmin­ister diesmal alles richtig gemacht. Er lässt zu, was das Rheinland drei Jahre vermisst hat: Jetzt wid op de Tromm jeklopp. Wenn der Rheinlände­r singt, zelebriert er sich selbst, sein Brauchtum, das Flirten, das Bier und den lieben Gott. Über allem schwebt die Erkenntnis: „Wir nehmen, was wir kriegen können.“Wie sang so rührselig schön schon Willy Millowitsc­h: „De Freud, sag ich, die mir jehatt, die nimmp uns keener aff.“Feiern also auf Teufel komm raus?! Was aber ist mit der Bützerei?

Karl-josef Laumann, im NRW-KABInett für Gesundheit und Gefühliges zuständig, gibt sich schmallipp­ig: Körperkont­akt ist erlaubt. Wichtig aber bleibt, den Unterschie­d zwischen den Kussvarian­ten zu beachten. Knutschen geht nur mit vollem Körpereins­atz auf et Schnüssche­n. Jebützt aber wird dezent, mit gespitzten Lippen auf de Bäckchen. Aus dem lecker Bützchen kann (schnell) mehr werden, zunächst aber ist die Übung keineswegs als sexuell motiviert einzustufe­n. Sie ist Brauch und Kulturerbe. Vor Liebeleien sei dennoch gewarnt. Denn Aschermitt­woch ist oft alles vorbei. Die Karnevalsl­iebe („Ech ben enne Räuber“) ist immer spontan („Schau mir in die Augen“), gilt als herzlich, aber unverbindl­ich: „Nur nach dem Namen frag mich bitte, bitte nicht.“Als löbliches Vorbild bleibt allein der treue Husar, „der liebt sein

Mädchen ein ganzes Jahr.“Kaum einer aber kennt den kompletten Text und das traurige Ende der Ballade. Dann lieber mit den Höhnern heulen: „Wir glauben an den lieben Gott und haben auch immer Durst.“Dazu passt eine Empfehlung, die Prof. Dr. Lauterbach gegeben hat, nur begrenzt: Ein Glas Bier oder Wein am Tag sei gesund. Für den Karnevalsd­urst wird das nicht reichen. Dennoch: Net över de Duesch drenke. Meine Oma warnte stets vor Volljesoap­ekrom (Undösch im Suff) und hatte eine klare Ansage: Süüper verschlope de Freud. Kurzum: Wer sich zuschüttet, kriegt den schönsten Spaß nicht mit.

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

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HORST THOREN

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