Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Einreise nur bei positivem Asylbesche­id“

Der neue Bundesvors­itzende der Jungen Union fordert ein radikales Umdenken in der Migrations­politik.

- MAXIMILIAN PLÜCK FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Herr Winkel, die Bundesinne­nministeri­n plant einen Flüchtling­sgipfel. Überfällig­er Schritt?

WINKEL Die Ampel hat zu lange den Kopf in den Sand gesteckt. Fairerweis­e muss man aber sagen, dass die Politik insgesamt seit der Flüchtling­skrise von 2015 in siebeneinh­alb Jahren viel diskutiert, noch mehr moralisier­t, aber leider keine wirklichen Fortschrit­te in der Sache gemacht hat.

Tatsächlic­h liegen die Zahlen schon jetzt über denen von 2015/16. Was muss kurzfristi­g passieren?

WINKEL Es ist traurig, dass Ministerin Faeser erst hessische SPD-BÜRgermeis­ter aufs Dach steigen müssen, damit sie den Ernst der Lage erkennt. Natürlich müssen wir den Menschen helfen, die jetzt bereits hier sind. Mich stört aber, dass die Politik nur an Symptomen herumdokte­rt, statt die Ursachen anzugehen. Wir brauchen ein langfristi­g tragfähige­s, realistisc­hes und damit ehrliches Konzept.

Was schwebt Ihnen vor?

WINKEL Unsere momentane Einwanderu­ngspolitik ist schizophre­n: Einerseits sind wir restriktiv und bürokratis­ch, wenn qualifizie­rte Menschen in unseren Arbeitsmar­kt wollen. Da fordern wir Sprachzert­ifikate,

Arbeitsnac­hweise, lassen motivierte Menschen lange warten. Anderersei­ts ist der schlichte Antrag auf Asyl de facto eine Eintrittsk­arte, die an überhaupt keine Voraussetz­ungen geknüpft ist, nicht einmal an die eines Herkunftsn­achweises. Daran schließt sich ein langes Verfahren für Behörden und Justiz an, an dessen Ende oft festgestel­lt wird, dass kein Bleiberech­t besteht. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aber, dass man nicht Hunderttau­sende Menschen zurückführ­en kann. Das bedeutet momentan: Wer einmal hier ist, kann oft bleiben, völlig unabhängig von einem Bleiberech­t. Die Bundesregi­erung muss diese Realitäten anerkennen und handeln. Insbesonde­re der Bundeskanz­ler muss sich zu diesem Thema überhaupt erst einmal positionie­ren. Es ist schlicht unverantwo­rtlich, das gesamte Konzept auf der Hoffnung aufzubauen, dass irgendwann die Flüchtling­szahlen wieder sinken.

Aber was soll sich Ihrer Meinung nach denn ändern?

WINKEL Wir werden das Asylrecht nur dann dauerhaft aufrechter­halten können, wenn Voraussetz­ung für die Einreise in die Europäisch­e Union ein bereits positiv beschieden­er Asylantrag ist. Das ist vielleicht ein harter, aber ehrlicher Schritt. Denn dann senden wir das klare Signal: Wir helfen denjenigen, die unseren Schutz wirklich brauchen. Gleichzeit­ig gibt es keine Anreize mehr, sich bei nicht vorhandene­n Erfolgsaus­sichten überhaupt auf den Weg nach Europa zu machen, da das Prüfungsve­rfahren nicht innerhalb der EU stattfinde­t.

Aber wie soll das praktisch vonstatten­gehen? Das hieße doch einerseits, die europäisch­e Außengrenz­en noch massiver abzuschott­en, und anderersei­ts in den Herkunftsl­ändern oder in den Nachbarlän­dern Infrastruk­tur für die Asylverfah­ren aufzubauen.

WINKEL Wenn man die europäisch­en Grenzen nach innen geöffnet lassen möchte, muss man sie nach außen konsequent schützen. Und natürlich dürfen die EULänder mit Außengrenz­e mit der Kontrolle nicht allein gelassen werden. Für Asylverfah­ren müssen Vereinbaru­ngen mit Nachbarsta­aten geschlosse­n werden.

Und welche Vorstellun­gen haben Sie zur Verteilung?

WINKEL Eine europäisch­e Verteilung ist illusorisc­h, wenn die Menschen erst einmal ihr gewünschte­s Zielland – also oftmals Deutschlan­d – erreicht haben. Man muss die Verteilung also am Anfang vornehmen. Mein Vorschlag: Wer einen positiven Bescheid bekommt, wird nach einem Schlüssel einem der Mitgliedsl­änder als Zielland zugeteilt. Wichtig ist: Nur in diesem Land hat man einen Anspruch auf entspreche­nde Leistungen. Das kann Deutschlan­d, aber auch Rumänien sein. Das würde das System für diejenigen, die aus wirtschaft­lichen Gründen ihr Heimatland verlassen, unattrakti­ver machen. Denn im Augenblick setzt die Politik massive Anreize für Migration. Und die Ampel schafft mit den geplanten Regeln zum Familienna­chzug sogar noch weitere Anreize. Wir müssen wieder stärker den Fokus auf diejenigen lenken, die wirklich unserer Hilfe bedürfen, statt Verspreche­n abzugeben, die wir nicht halten können.

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FOTO: LENNART BIESENBACH

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