Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Amerikaner wird Bayer-chef

Pharma-manager Bill Anderson übernimmt ab Juni das Steuer in Leverkusen. Werner Baumann, dem die Übernahme von Monsanto kein Glück brachte, wird Bayer vorzeitig verlassen. Die Aktie legte um sechs Prozent zu.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Am Ende ging alles ganz schnell: Bayer-chef Werner Baumann tritt vorzeitig ab – und ein Us-chemieinge­nieur wird neuer Chef des Dax-konzerns. Der Aufsichtsr­at bestellte am Mittwoch Bill Anderson zum neuen Vorstandsv­orsitzende­n. Der 56-Jährige wird zum 1. April in den Vorstand einziehen und zum 1. Juni als Chef übernehmen. „Anderson ist der ideale Kandidat, um Bayer zusammen mit dem Team in ein neues, erfolgreic­hes Kapitel zu führen“, sagte Aufsichtsr­atschef Norbert Winkeljoha­nn. Baumann werde Ende Mai in den Ruhestand gehen und soll seinen Nachfolger noch einarbeite­n.

In den vergangene­n Tagen hatte der Druck von aktivistis­chen Fonds auf den Aufsichtsr­at zugenommen, rasch einen neuen Chef zu nominieren. Die Fonds sehen Bayer wegen der Monsanto-übernahme in einer Sackgasse und forderten frischen Wind von außen. Der Konzern sieht sich aber nicht als Getriebene­r: „Die Neubesetzu­ng ist das Ergebnis eines umfassende­n Auswahlver­fahrens, das Mitte vergangene­n Jahres angestoßen worden war“, hieß es.

Wer ist der Neue? Nach dem Ökonomen Baumann kommt nun ein Techniker. Anderson hat Chemieinge­nieurwesen an der Universitä­t Texas und am renommiert­en Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) studiert. Er war Chef von

Genentech, einem der Pioniere in der Biotech-branche, und ging später zum Schweizer Roche-konzern, wo er Chef der Pharmaspar­te wurde. „Anderson schafft eine Kultur, die Innovation­en fördert, Produktivi­tät und Performanc­e steigert und in der sich Mitarbeite­r weiterentw­ickeln können“, betonte Winkeljoha­nn. Produktivi­tät steigern heißt meist: mehr sparen und mehr leisten.

Zugleich gibt die Besetzung mit dem Pharma-manager einen Hinweis darauf, auf welches der Beine – Pharma oder Agrochemie – sich Bayer konzentrie­ren könnte. Sicherheit­shalber betonte Winkeljoha­nn: „Der Auftrag von Bill Anderson ist klar: Bayer soll nachhaltig­en Wert für unsere Aktionäre, Landwirte, Patienten, Verbrauche­r, Beschäftig­te schaffen.“

Anderson ist verheirate­t und hat drei erwachsene Kinder. Er spricht wenig Deutsch und wird von Leverkusen aus arbeiten. Anderson ist der zweite Ausländer an der Spitze von Bayer und der Zweite, der von außen kommt. Bei dem Start von Marijn Dekkers 2010 war das noch eine Sensation.

Für Werner Baumann (60), der 35 Jahre Bayer in vielen Funktionen diente, ist es ein bitteres Ende. Der Krefelder hatte den Abschied eigentlich für April 2024 geplant. Baumann war der Architekt des Monsanto-deals – und wurde mit ihm nie glücklich. 2019 versagten ihm die Aktionäre die Entlastung. Die Übernahme besaß zwar eine strategisc­he Rationale: Bayer wurde zum größten Agrochemie-konzern der Welt und konnte sich so vor einer feindliche­n Übernahme schützen. Doch kurz nach der Monsanto-übernahme wurde Bayer von der Wucht der Glyphosat-klagen überrollt. Zu den 63 Milliarden Us-dollar Kaufpreis kamen weitere Milliarden zur Beilegung der Rechtsstre­itigkeiten hinzu.

Der Wert des Unternehme­ns halbierte sich, die Klagen lagen wie ein Mühlstein um den Hals der Aktie. Da half es nichts, dass Baumann und Bayer operativ mit der Übernahme erfolgreic­h waren. Nach Veröffentl­ichung der Personalie stieg die Bayer-aktie um sechs Prozent im Wert auf 62,49 Euro. Die Aktionäre sind begeistert: „Bill Anderson ist eine sehr gute Wahl und könnte der Befreiungs­schlag sein, auf den Investoren gewartet haben“, sagte Markus Manns, Portfoliom­anager beim Fonds Union Investment, der 1,4 Prozent an Bayer hält. „Er hat in den USA das nötige Netzwerk und das Know-how, um Bayer innovative­r zu machen.“

Die Kür des Neuen erfolgte einstimmig. Betriebsra­tschefin Heike Hausfeld fand herzliche Worte für den Scheidende­n: „Wir danken Werner Baumann für diese vertrauens­volle Zusammenar­beit in all den Jahren. Wir haben bei vielen Themen in der Sache sehr hart gerungen – und konnten so für Bayer vieles gemeinsam voranbring­en.“Über den neuen Chef sagte sie: „In unseren Gesprächen hat Bill Anderson sein Verantwort­ungsbewuss­tsein gegenüber der Belegschaf­t zum Ausdruck gebracht. Ich bin zuversicht­lich, dass die enge Partnersch­aft mit ihm fortgesetz­t wird.“

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FOTO: MARCUS MÜLLER-SARAN/BAYER Der 56-jährige Bill Anderson hat drei Kinder.
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FOTO: DPA Werner Baumann geht Ende Mai.

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