Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kunstakade­mie muss neu wählen

Nach der knappen Rektorenwa­hl kassierte Nrw-kulturmini­sterin Ina Brandes jetzt die Entscheidu­ng. Der Grund: Die Teilnahme der Öffentlich­keit war nicht ausreichen­d gewährleis­tet.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF In diesen Tagen öffnet die Düsseldorf­er Kunstakade­mie ihre Pforten und präsentier­t die Werke ihrer Studierend­en. Doch hinter den Kulissen der Akademie herrscht im 250. Jahr ihres Bestehens Chaos: So ließ NRWKulturm­inisterin Ina Brandes (CDU) am Mittwoch die Wahl der neuen Direktorin, Donatella Fioretti, annulliere­n. In der Sitzung des Wissenscha­ftsausschu­sses des Landes erklärte Brandes, dass bei der Wahl am 19. Dezember vergangene­n Jahres die

Teilnahme der Öffentlich­keit nicht ausreichen­d gewährleis­tet worden sei. Und da der Wahlkrimi im Senat damals mit acht zu sieben Stimmen denkbar knapp für die 61-jährige Baukunst-professori­n ausgefalle­n war, hält das Ministeriu­m eine Neuwahl für erforderli­ch. Was war geschehen? Nachdem Karl-heinz Petzinka Ende September als Rektor überrasche­nd zurückgetr­eten war – seine Umbaupläne für die Akademie hatten keine Freunde gefunden –, leitete zunächst der Kunsthisto­riker Johannes Myssok als Prorektor die Akademie. Und es deutete sich damals an, dass diese Übergangsl­ösung möglicherw­eise auch zu einer dauerhafte­n Lösung werden könnte. Der Professor für Kunstgesch­ichte kam bereits 2009 ans Haus und war schon unter Rita Mcbride Prorektor. Myssok ist einer, der den „Laden“bestens kennt. Aber – so hieß es eben auch – er ist kein Künstler; zudem erhofften sich viele wieder eine Frau an der Spitze der Akademie.

Mit der Bewerbung von Donatella Fioretti trat dann eine aussichtsr­eiche Gegenkandi­datin an. Sie kam 2017 ans Haus, arbeitete bei Peter Zumthor und gründete 1995 eine Architekte­ngemeinsch­aft mit Piero Bruno und José Gutierrez Marquez. 2011 wurde Fioretti Professori­n für Baukonstru­ktion und Entwerfen an der Technische­n Universitä­t Berlin, wechselte 2017 nach Düsseldorf. Am Tag der Wahl hielt sich Fioretti in Afrika auf und wurde zur Senatssitz­ung zugeschalt­et. Dass zur wichtigen Sitzung keine Präsenzpfl­icht vorgesehen war, wurde mit den Umständen der Corona-jahre begründet. Der neuen Rektorin sollten mit Sabrina Fritsch und Sarah Hornäk zwei Künstlerin­nen zur Seite stehen. Die Düsseldorf­er Kunstakade­mie wäre damit von einem reinen Frauenrekt­orat geleitet worden.

Nicht nur das knappe Wahlergebn­is zeigte, dass die Meinungen innerhalb des Senats durchaus gespalten waren. Auch war aus der

Akademie von Intrigen im Vorfeld der Wahl zu hören – vor allem wohl gegen Johannes Myssok. Die Anfeindung­en speisten sich auch aus Animosität­en zwischen den Fachbereic­hen der Kunst und der Wissenscha­ft. Das ging so weit, dass Petzinka zum Abschied sogar betonen musste, dass es doch um die Akademie ginge, nicht um Personen.

Die aktuelle Panne ist kein Einzelfall. Seit Jahren ringt die Kunstakade­mie um eine geeignete, unter Professore­n und Studierend­en akzeptiert­e und nach außen hin namhafte Führungspe­rsönlichke­it. Die Suche wird weitergehe­n. Derzeit steht die Einrichtun­g für alle Interessie­rten offen. Zu den präsentier­ten Werken gehört auch die Attrappe eines Panzers. Dabei handelt es sich um ein Objekt des Kunststude­nten Tassilo Lantermann. Es soll kein Mahnmal gegen den Krieg in der Ukraine sein, sagt er, sondern ist vielmehr als eine Art Abwehrsyst­em gedacht, dass alles Böse von der Akademie fernhalten soll. Aktuell scheint das noch nicht zu funktionie­ren.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Donatella Fioretti sollte neue Direktorin werden.

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