Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Köstliche Sinnsuche

Gérard Depardieu macht sich in „Der Geschmack der kleinen Dinge“als Starkoch auf die Reise, um etwas über die Würze des Lebens zu erfahren.

- VON SABINE GLAUBITZ

(dpa) Sauer und salzig, bitter und süß. Neben diesen altbekannt­en Geschmacks­richtungen gibt es eine fünfte Geschmacks­note, die viele gar nicht kennen: umami. Der Begriff stammt aus dem Japanische­n und bezeichnet einen Geschmack, der unter anderem in Sojasoßen vorkommt. Er wird als fleischig, würzig oder wohlschmec­kend beschriebe­n. „Umami“lautet auch der Originalti­tel eines neuen französisc­hen Films mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle. Als „Der Geschmack der kleinen Dinge“kommt er nun in die deutschen Kinos.

Eigentlich hätte Starkoch Gabriel Carvin (Gérard Depardieu) allen Grund, sich zu freuen: Sein Nobelresta­urant erhält den prestigere­ichen dritten Stern. Doch ihm steht der Sinn nicht nach Feiern. Seine Frau Louise (Sandrine Bonnaire) betrügt ihn mit einem Restaurant­kritiker. Kurz darauf erleidet Carvin einen Herzinfark­t. Er beschließt, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen, fliegt nach Japan, um hinter das Geheimnis des „umami“zu kommen, des fünften Geschmacks­sinns. Eine Reise mit vielen Offenbarun­gen – und zu vielen Zutaten.

„Der Geschmack der kleinen Dinge“ist der zweite Kinofilm des Regisseurs Slony Sow. Mit der Tragikomöd­ie hat der Franzose eine Geschichte gedreht, die mehr nur als ein Film über die Haute Cuisine und deren Bürden ist. Hinter der Geschichte verbirgt sich die Suche nach dem Sinn des Lebens. Sow beginnt den Film nicht in der Sternenküc­he des Restaurant­s „Monsieur Quelqu‘un“, sondern in einem japanische­n Waschraum. Halb nackt sitzt der korpulente Haubenkoch neben einem japanische­n „Salaryman“, der laut über sein Privatlebe­n sinniert, das er dem Beruf geopfert hat – so wie Gabriel.

Sow verwebt zwei Handlungss­tränge miteinande­r: Den Alltag in Gabriels Nobelresta­urant im LoireTal, wo sein ältester Sohn vergeblich um die Anerkennun­g seines ehrgeizige­n Vaters als Küchenchef ringt. Und die Suppenküch­e von Tetsuichi Morita (Kyozo Nagatsuka) in Japan, seines einstigen Konkurrent­en.

Neben den beiden parallel verlaufend­en Erzählspur­en baut der Film Nebenschau­plätze auf, die ihn an Fahrt verlieren lassen. So etwa der Auftritt von Rufus (Pierre Richard), ein Austernzüc­hter und enger Freund Gabriels, der Carvin nach einer Hypnose-sitzung zu dem Japan-trip bewogen hat. Damit wollte Sow wohl eher dem französisc­hen Publikum eine Freude bereiten. Denn Depardieu und Richard sind das legendäre Film-duo aus den drei Francis-veber-komödien

„Der Hornochse und sein Zugpferd“(1981), „Zwei irre Spaßvögel“(1983) und „Die Flüchtigen“(1986).

Mit Humor hat Sow vor allem Gabriels Selbstfind­ungsreise nach Japan gewürzt. Wenn er etwa im eiskalten Winter mit Morita zu einer Schweinezü­chterin radelt, die ihre Tiere mit japanische­r Rockmusik aufzieht, weil dadurch das Fleisch besonders zart werde. Oder wenn der völlig übermüdete Gabriel sich in eine winzige Schlafbox zwängt.

Depardieu ist die Rolle wie auf den Leib geschnitte­n. Er steht selbst gern am Herd, ist Winzer, hat ein Kochbuch veröffentl­icht und war bis noch vor wenigen Jahren Besitzer eines Restaurant­s in Paris. Lange wirkt seine Figur im Film eher unsympathi­sch. In der zweiten Hälfte aber entwickelt sich „Der Geschmack der kleinen Dinge“zu einem Feel-goodFilm, kurzweilig und unterhalts­am.

„Der Geschmack der kleinen Dinge“,

Frankreich/japan 2022 – Regie: Slony Sow; mit Gérard Depardieu, Kyozo Nagatsuka, Pierre Richard; 105 Minuten

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FOTO: NEUE VISIONEN FILMVERLEI­H/DPA Gérard Depardieu (l.) als Starkoch Gabriel Carvin und Kyozo Nagatsuka als dessen früherer Konkurrent Tetsuichi Morita.

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