Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Bis zu 67.000 Todesopfer erwartet
Nur noch vereinzelt werden im Erdbebengebiet Überlebende gerettet – auch Kinder.
GAZIANTEP (ap/dpa) Im türkisch-syrischen Erdbebengebiet ist die Zahl der Toten bis Donnerstagabend auf mehr als 20.000 gestiegen. Aus den Trümmern zerstörter Häuser seien viele weitere Leichen geborgen worden, teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde mit. Nach Einschätzung von Fachleuten könnte die Zahl der Toten nach noch erheblich steigen. Schnelle Hochrechnungen auf Basis empirischer Schadensmodelle ließen bis rund 67.000 Todesopfer erwarten, teilte am Donnerstag der Experte Andreas Schäfer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit.
Zwar retteten Einsatzkräfte weiterhin vereinzelt Überlebende – darunter zwei fünf und elf Jahre alte Brüder, die in der Südosttürkei nach 84 Stunden aus den Trümmern befreit wurden. Doch ist das Ausmaß der Schäden durch den Erdstoß der Stärke 7,8 vom Montag und zahlreiche starke Nachbeben so groß, dass viele Orte nur schwer erreicht werden können. Aber auch noch drei Tage nach der Katastrophe gab es vereinzelt weitere gute Meldungen: In Antakya befreiten Retter ein Mädchen, Hazal Güner, aus Trümmern eines Hauses und fanden später auch ihren Vater Söner lebend, so die Nachrichtenagentur IHA.
Präsident Recep Tayyip Erdogan besuchte auch am Donnerstag vom Erdbeben betroffene Gebiete. Er versprach erneut, dass zerstörte Häuser innerhalb eines Jahres ersetzt würden. Wer obdachlos geworden sei, solle in vorübergehenden Container-unterkünften und Wohnwagen unterkommen können, die von der Regierung zur Verfügung gestellt würden. Erdogan war in der Stadt Gaziantep. Im Nordwesten Syriens, der im Bürgerkrieg von den Rebellen kontrolliert wird, kamen am Donnerstagmorgen wieder Un-hilfslieferungen an.
Derweil denkt die nordrheinwestfälische Landesregierung offenbar über einen vorübergehenden Abschiebestopp nach: „Wir stehen derzeit im Austausch mit dem Bund und prüfen, ob Rückführungen in die Türkei aufgrund der aktuellen Naturkatastrophe weiterhin möglich sind“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums für Flucht und Integration der „WAZ“.