Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Liefern oder nicht liefern

Während die Briten vorangehen beim Thema Kampfjets, geben sich andere Verbündete zurückhalt­end.

- VON JAN DREBES UND REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/DÜSSELDORF Mehr Symbolik geht kaum: Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei seinem Besuch in London am Mittwoch den Helm eines Kampfpilot­en als Wunschzett­el mitgebrach­t. Er trug die Aufschrift: „Wir haben die Freiheit. Gebt uns Flügel, um sie zu verteidige­n.“Seine Reise nach Großbritan­nien, Paris und Brüssel diente auch maßgeblich dem Ziel, die Verbündete­n von der Lieferung von Kampfjets zu überzeugen. Die Debatte im Überblick.

Wie will die Ukraine den Westen von Kampfjet-lieferunge­n überzeugen?

Selenskyj und seine Vertrauten begründen den Wunsch nach modernen westlichen Kampfjets damit, dass die Ukraine nicht nur auf dem Boden, sondern auch in der Luft gegen die Angreifer wirksam kämpfen können muss, um Russlands Vormarsch zu stoppen oder zurückzudr­ängen.

Welche taktischen Überlegung­en könnten dahinter stecken?

Die Debatte über weitere Waffenlief­erungen und speziell über Kampfjets und Raketen mit mehr Reichweite hat sich verschärft, seit Putins Truppen in der Ostukraine-angriffe auf ukrainisch­e Stellungen verstärkte­n und Geländegew­inne erzielen konnten. Für das Frühjahr wird eine neue russische Offensive erwartet. Die Ukraine plant ebenfalls eine Offensive, um die russischen Truppen aus den besetzten Gebieten zurückzudr­ängen.

Welche Kampfjets fordert die Ukraine?

Bislang fliegt die ukrainisch­e Luftwaffe russische Mig- und SuchoiKamp­fjets. Sie sollen durch modernere, westliche Jets ersetzt werden. Kiew gibt sich dabei nicht wählerisch. Als direkte Reaktion auf die Lieferung von Leopard-kampfpanze­rn hatte der stellvertr­etende Außenminis­ter Andrij Melnyk – vormals Botschafte­r in Deutschlan­d – eine ganze Reihe an westlichen Jets gefordert und auch von Deutschlan­d genutzte Eurofighte­r und Tornados genannt. Tatsächlic­h dürfte die Ukraine aber nach Ansicht von Experten die F-16 präferiere­n, die nicht nur in der Nato weit verbreitet sind.

Welche anderen Vorteile hätten die F-16-jets?

Laut Statistik sollen bislang mehr als 4500 F-16 hergestell­t und an mehr als 20 Länder verkauft worden sein. Entspreche­nd sind viele Ersatzteil­e verfügbar. Zudem rüsten mehrere Staaten ihre Streitkräf­te sukzessive mit neueren Modellen aus, weswegen F-16-bestände zu haben sein könnten. Daneben gilt die F-16 als verhältnis­mäßig einfach zu fliegen, das dürfte das Training beschleuni­gen.

Wie viele Flugzeuge wünscht sich die Ukraine vom Westen?

Ende Januar hatte der Sprecher der ukrainisch­en Luftwaffe, Jurij Ihnat, in einem Interview gesagt, dass man bis zu fünf taktische Flugzeugbr­igaden mit einem einzigen westlichen Mehrzweckf­lugzeugtyp aufstellen wolle. Nach Angaben von Militärexp­erten entspricht das rund 150 Kampfjets.

Wie ist die offizielle Haltung der westlichen Verbündete­n dazu?

Bisher stehen Bundeskanz­ler Olaf Scholz und Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (beide SPD) der Lieferung von Kampfjets an die Ukraine skeptisch bis ablehnend gegenüber. Die Niederland­e und Frankreich erklärten hingegen, bei der Verstärkun­g der ukrainisch­en Luftwaffe gebe es „keine Tabus“. Und Großbritan­nien prüft bereits die Abgabe von Jets.

Auf wen kommt es nun an?

Anders als bei der Panzerdeba­tte, bei der speziell die deutschen Leopard-2-panzer gefragt waren, steht Deutschlan­d bei der Kampfjet-frage nicht im Fokus. Da sind die USA viel entscheide­nder. Bislang erteilt Us-präsident Joe Biden der Lieferung von amerikanis­chen F-16 eine Absage. Es ist jedoch denkbar, dass die Gespräche weiter fortgeschr­itten sind und man dem Kreml keine Einblicke gewähren will.

Wie reagiert Russland?

Als Reaktion auf die westlichen Militärhil­fen hat Ex-kremlchef Dmitri Medwedew „den Bau und die Modernisie­rung Tausender Panzer“in Aussicht gestellt. „Wie Sie wissen, hat unser Gegner gestern im Ausland um Flugzeuge, Raketen und Panzer gebettelt“, sagte Medwedew am Donnerstag beim Besuch einer Rüstungsfi­rma in der sibirische­n Stadt Omsk zur Begründung.

(mit dpa)

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FOTO: DPA Ein F-16-kampfflugz­eug der US Air Force startet während eines rumänischa­merikanisc­hen Manövers im Jahr 2014.

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