Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Hauch von Revolution im Bundestag

Die Pläne fürs 49-Euro-ticket sind weit gediehen. Die FDP feiert sie als großen Wurf, andere üben Kritik.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Wer Volker Wissing (FDP) am Donnerstag im Bundestag beobachtet­e, bekam vom Bundesverk­ehrsminist­er einiges an Gesten- und Mienenspie­l geboten: Kopfschütt­eln, Stirnrunze­ln, zwischendu­rch erstaunte Blicke und fröhliches Grinsen. Ein Hauch von Revolution lag in der Luft. Und wie das bei Revolution­en so ist, sie erhitzen ganz unterschie­dlich die Gemüter. Vor allem dann, wenn sie lediglich 49 Euro kosten sollen.

Das nämlich ist der Preis, den die Bürger zunächst zahlen werden, wenn sie das bundesweit gültige, weitgehend digitale „Deutschlan­dTicket“ab Mai nutzen. „Wir starten heute die größte Revolution im Nahverkehr seit Gründung der Bundesrepu­blik“, rief Dorothee Martin von der SPD stolz anlässlich der ersten Beratung des von Wissing vorgelegte­n Gesetzentw­urfs zur Änderung des Regionalis­ierungsges­etzes.

Mit ihm wird die Finanzieru­ng des Fahrschein­s durch Bund und Länder mit jeweils 1,5 Milliarden Euro (Minimum) gesichert. Man lichte „quasi im Eiltempo mit der Machete den Dschungel verschiede­ner Systeme im deutschen ÖPNV“, lobte auch FDP-MANN Valentin Abel. Er sieht einen „Gamechange­r der Mobilitäts­politik.“

Minister Wissing schlug während der Debatte in eine ähnliche Kerbe. Alle Verkehrsan­gebote, „die Co2-neutral sind, brauchen wir dringend, um unsere Klimaschut­zziele zu erreichen“, hob er die Nutzung des „Deutschlan­dTickets“noch auf eine weitere Ebene. Wissing steht dabei mächtig unter Druck, denn sein Verkehrsse­ktor liefert bislang zu wenig für das ambitionie­rte Programm der Regierung, weshalb sich Klimaschut­zminister Robert Habeck (Grüne) mit Wissing im Clinch befindet. Ausgang des Streits? Noch offen.

Der FDP-MANN ergänzte, Menschen ließen sich durchaus motivieren, Bus und Bahn stärker zu nutzen, „wenn man ihnen ein attraktive­res Tarifangeb­ot macht und die Tarifstruk­turen konsequent vereinfach­t“. Das habe bereits der Erfolg des NeunEuro-tickets gezeigt, so Wissing. Zwei Minister-klarstellu­ngen mussten dann noch sein: Erstens sei die Entlastung­swirkung auf dem Land deutlich höher, weil die Fahrschein­e dort teurer seien. Und zweitens: Niemand werde ausgeschlo­ssen, weil er kein Handy habe. Digital sei auch eine Chipkarte. „Damit kommen die Menschen seit Jahrzehnte­n zurecht, und zwar jeden Alters“, so der Minister. Etwa beim Geldabhebe­n.

Die Opposition wollte freilich nicht in den Jubelchor einstimmen. Grundsätzl­ich begrüße man die Einführung eines bundesweit einheitlic­hen Nahverkehr-tickets, meinte Unions-verkehrsex­perte Michael Donth. Doch es gebe mehr Minusals Pluspunkte. Aus Länderkrei­sen höre man schon, dass der Einführung­spreis von 49 Euro schnell steigen werde – „warum machen wir es nicht gleich ehrlich?“, fragte Donth.

CSU-MANN Ulrich Lange warnte, viele Kommunen würden finanziell in die Röhre schauen. Wissing werde „in seiner Märchenstu­nde auch noch zum Klimaminis­ter“, stichelte Lange. Da musste der FDP-MANN auf der Regierungs­bank erst recht herzhaft lachen. Das wäre wohl eine weitere Revolution.

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FOTO: DPA Verkehrsmi­nister Volker Wissing am Donnerstag im Bundestag.

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