Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das richtige Personal finden
Immer mehr Firmen finden keine passenden Beschäftigten. Laut Personalexperten liegt das nicht allein am Fachkräftemangel, sondern oft an den Unternehmen. Welche Fehler Arbeitgeber machen – und wie sie sich vermeiden lassen.
DÜSSELDORF Die Zeiten, in denen der Arbeitgeber den Bewerbungsprozess im Alleingang bestimmt, sind endgültig vorbei. Das zumindest behauptet Recruiting-experte Ralph Dannhäuser: „Der Arbeitgeber bewirbt sich nun quasi um die besten Talente – und nicht umgekehrt. Das ist ein Paradigmenwechsel“, betont der Geschäftsführer der Personalberatung „on-connect Gmbh“aus dem schwäbischen Fillderstadt.
Das Werbe-video der Gartenund Landschaftsbaufirma GB Gartenbau aus dem niederrheinischen Willich, das im Internet über die Videoplattform Youtube viral gingund mit einem kreativen Ansatz zahlreiche neue Bewerber anlockte, sei ein gutes Beispiel dafür. „Firmen müssen zeigen, was sie bieten, und nicht nur fordern. Das ist bei diesem Video perfekt umgesetzt“, so Dannhäuser. Ein Großteil der Unternehmen, gerade im stark verdichteten Ballungsraum NRW, wo viele Firmen in einem kleinen Umkreis um die besten Bewerber konkurrieren, würden zurzeit jedoch noch zu viele Fehler bei der Bewerbersuche machen. „Nicht ohne Grund sind die Hilferufe zahlreich“, sagt Dannhäuser im Hinblick auf den viel diskutierten Fachkräftemangel.
Für ihn besteht ein klarer Zusammenhang zwischen mühseligen Bewerberprozessen und der großen Anzahl an unbesetzten Arbeitsplätzen. So blieben allein im vergangenen Jahr rund 166.000 Stellen in NRW offen. „Deutschlandweit sind es laut aktuellen Studien ja sogar über 1,2 Millionen. Der Bedarf ist also da“, unterstreicht der Experte.
„Es ist aber vor allem ein Verteilungsproblem“, sagt Dannhäuser. Die guten Firmen würden viele Bewerber erhalten, der Rest geht am
Ende leer aus. „Die meisten Probleme sind eben hausgemacht“, findet der Experte. In folgenden Bereichen sieht er klassische Fallstricke – und das sind seine Optimierungsvorschläge.
Kandidatenangebot wird falsch eingeschätzt
Vielen Unternehmen sei gar nicht bewusst, dass nur rund zehn Prozent der Berufstätigen überhaupt aktiv auf Jobsuche sind, sagt Dannhäuser. Das gehe aus Umfragen auf den bekannten Online-jobbörsen Xing und Linkedin hervor. Eine Studie der Universität Bamberg aus dem Jahr 2017 habe zudem ergeben, dass rund 60 Prozent aller Kandidaten lieber vom Unternehmen angesprochen werden, als sich selbst initiativ zu bewerben. „Da braucht man sich auch nicht wundern, wenn sich kein Bewerber auf eine Stellenanzeige meldet“, so der Experte. Um deutlich mehr Kandidaten zu erreichen, müssten Unternehmen demnach aktiv nach neuen Mitarbeitenden suchen und nicht mehr nur passiv darauf warten, dass sich jemand bei ihnen meldet.
Zu hohe Hürden beim Jobprofil
„Wer nach der eierlegenden Wollmilchsau sucht, schreckt die Bewerber sogleich ab“, sagt Dannhäuser. Damit meint er unter anderem umfangreiche Stellenausschreibungen, die gleich zu Beginn auf einen Schlag mehrere Anforderungen an den Bewerber stellen (etwa Gehaltsvorstellung, Eintrittsdatum, Bewerbungszeitraum). „Da sind viele Unternehmen noch in alten Fahrwassern unterwegs“, erklärt der Recruiting-experte. Eine einfache Kontaktaufnahme und Dialogmöglichkeit, auch ganz ohne offizielle Bewerbung, sei deutlich vielversprechender.
Keine Suchmaschinenoptimierung
Wer etwa anstelle einer Fensterreinigungskraft nach einem „Vision Clearance Engineer“sucht oder die Stelle „Master of opertional facility management“ausschreibt, um einen Hausmeister zu finden, müsse sich nicht wundern, wenn es keine Rückmeldungen gebe. Gerade dann, wenn nicht gleich auf Anhieb verstanden werde, um welchen konkreten Job es sich überhaupt handele, würden die Menschen schon gedanklich abschalten, so Dannhäuser.
„Außerdem ist die Beschreibung auch wichtig für die Suchmaschinen“, sagt der Experte. Rund 50 Prozent der Jobsuchen würden ihre Suche schließlich bei Google starten. „Und wenn sie da nicht auf die richtigen Titulierungen setzen, dann haben sie keine Chance, in der Trefferliste aufzutauchen“, erklärt Dannhäuser.
Zu viele offene Fragen
In den meisten Stellenanzeigen, so hat es Dannhäuser aus langjähriger Erfahrung festgestellt, würden viele Fragen, die sich die Bewerber stellten, gar nicht beantwortet. „Wie arbeitet das Team zusammen? Wie steht es um die Work-life-balance? Wie ist die Unternehmenskultur?“, gibt der Experte ein paar Beispiele.
Vielmehr würden zahlreiche Aufgaben und Anforderungen an den Bewerber gestellt, die erneut abschreckend wirkten. Hilfreich sei es zudem, wenn in der Jobausschreibung bereits ganz konkret beschrieben werde, wie das Tagesgeschäft im Betrieb aussieht – und welche Vorteile es in der Firma gebe. „Hier könnte man beispielsweise die Mitarbeitenden befragen und die Antworten dann in die Anzeige einarbeiten“, so Dannhäuser.
Online-reputation ignorieren
Vielen Unternehmen sei gar nicht klar, dass ihre Mitarbeitenden hinter den Kulissen das eigene Unternehmen bewerten, sagt der RecruitingExperte. So sind auf der Webseite Kununu, Europas führender Plattform für Arbeitgeberbewertungen, bereits über eine Million Unternehmen gelistet, die anonym bewertet wurden. „Für den Bewerber ist es also nur ein Mausklick, um zu erfahren, was über die Firma gesagt wird“, stellt Dannhäuser klar. Wenn eine Firma dort immer wieder schlecht bewertet werde, sei es nicht verwunderlich, wenn die Anfragen ausbleiben.
Unstrukturierter Interviewprozess
Eigentlich sollte das erste Gespräch bei einem möglichen neuen Arbeitgeber eine positive Erfahrung sein. „Oftmals fühlt es sich für die Bewerber aber eher so an, als sitzen sie gerade mitten in einem Verhör“, so Dannhäuser. Aus diesem Grund sollte man schon von vorneherein nicht von einem Vorstellungsgespräch, sondern stattdessen von einem Kennenlerngespräch sprechen. „Das macht einen ganz anderen Eindruck“, ist sich der Experte sicher. Außerdem würde es bei vielen Unternehmen zu lange dauern, bis die Bewerber eine Rückmeldung erhalten. „Bis dahin haben einige Kandidaten schon ein neues Unternehmen gefunden“, so Dannhäuser. Wichtig sei also eine schnelle Reaktionszeit und ein permanentes Kontakthalten zum Kandidaten.