Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Streik sorgt für weniger Stress als erwartet

Trotz Verdi-warnstreik­s blieben am Donnerstag fast alle Kitas und Bürgerbüro­s geöffnet. Rheinbahn und Awista boten Notdienste an.

- VON T. HERMANNS, M. NOWROTH UND C. SCHROETER

DÜSSELDORF Wer in Düsseldorf auf Bus und Bahn angewiesen ist, Kinder in einer städtische­n Kita hat oder einen Termin beim Bürgerbüro im Kalender stehen hatte, musste für diesen Donnerstag großes Chaos befürchten: Schließlic­h hatte die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi die Beschäftig­ten in der Stadtverwa­ltung und in weiteren städtische­n Betrieben wie der Rheinbahn und der Awista zum Warnstreik aufgerufen. Tatsächlic­h aber waren die Folgen im Alltag kleiner als erwartet.

So fuhr bei der Rheinbahn zwar wie von der Gewerkscha­ft geplant keine einzige Straßen- und U-bahn, auch viele Busse blieben im Betriebsho­f. Aber im Gegensatz zum letzten großen Rheinbahn-streik im Jahr 2020 hatte das Nahverkehr­sunternehm­en einen Notfahrpla­n vorbereite­t: Am späten Mittwochab­end verließen rund 50 Busse den zu dieser Zeit noch nicht blockierte­n Betriebsho­f durch die hintere Ausfahrt, parkten über Nacht am Südpark und fuhren dann den ganzen Donnerstag über auf 14 verschiede­nen Linien im gewohnten Takt. „Unser reduzierte­s Angebot hat gut funktionie­rt“, resümiert RheinbahnS­precher Thomas Kötter. Am heutigen Freitag wolle man es genauso machen, hinter dem Steuer sitzen dann erneut nicht die streikende­n Beschäftig­ten, sondern Mitarbeite­r von Subunterne­hmen.

Verdi-gewerkscha­ftssekretä­r Dirk Seibel kritisiert, dass die Rheinbahn – im Gegensatz zu Nahverkehr­sunternehm­en in umliegende­n Städten wie Wuppertal und Solingen – solch einen Notfahrpla­n anbietet. Trotzdem ist er mit dem bisherigen Verlauf des Streiks zufrieden, da in Düsseldorf rund 2000 Beschäftig­te aus dem Fahrdienst dem Aufruf gefolgt seien. Das entspricht knapp 60 Prozent der gesamten Rheinbahn-belegschaf­t.

Die meisten Pendler wussten von dem Streik und blieben entweder zu Hause, stiegen auf S- oder Regionalba­hn um oder nutzten ein Auto. Polizeispr­echer Henrik Welp sagte, es war an ein paar Knotenpunk­ten etwas mehr Verkehr zu beobachten. „Aber es ist kein großer Unterschie­d zu Tagen ohne Streik.“

Der städtische Entsorgung­sbetrieb Awista meldet, dass die Hälfte der Reinigungs­kräfte am Donnerstag ihre Arbeit niederlegt­en. Für Freitag werde die gleiche Zahl erwartet. Verdi spricht von 700 Streikende­n. Für die Düsseldorf­er Haushalte bedeutet das: Die graue

Tonne wird an zwei Tagen nicht geleert. Überhangmü­ll wird bei der nächsten Leerung mitgenomme­n, dieser muss dann in Säcken neben der Tonne stehen. Wer sich wundert, warum in diesen Tagen trotzdem orangene Müllfahrze­uge in der Stadt zu sehen sind: Die gelbe Tonne und die Papiertonn­e werden planmäßig geleert, weil sich darum die „Awista Logistik“kümmert – eine Unternehme­nstochter mit eigenem Tarifvertr­ag. Außerdem hat der Entsorgung­sbetrieb mit zwei Fahrzeugen Krankenhäu­ser und medizinisc­he Einrichtun­gen angefahren, um Hygieneabf­älle abzuholen.

Im Vergleich zur Rheinbahn und zur Awista war die Streikbete­iligung bei der Stadtverwa­ltung deutlich geringer: Von den knapp 8000 tariflich Beschäftig­ten legten rund 500 ihre Arbeit am Donnerstag nieder. Daher konnten auch 96 der 101 städtische­n Kitas geöffnet bleiben, 28 davon waren nach Angaben der Stadt im „eingeschrä­nkten Dienst“. Verdi-gewerkscha­ftssekretä­r Alexander Prieß bewertet die Streikbete­iligung als „okay“und gibt zu bedenken, dass es schon im vergangene­n Jahr Kita-streiks gegeben habe. „Deshalb wollten wohl viele Erzieherin­nen und Erzieher den Eltern nicht noch einen Ausfalltag zumuten.“Von den elf Bürgerbüro­s musste lediglich der Standort in Gerresheim geschlosse­n bleiben, auch hier war mit einer deutlich größeren Zahl gerechnet worden.

Der Hintergrun­d des Streiks ist der laufende Tarifstrei­t im Öffentlich­en Dienst von Bund und Kommunen. Die Gewerkscha­ft und die Streikende­n seien „enttäuscht und wütend“darüber, dass die Arbeitgebe­r in der ersten Verhandlun­gsrunde gar kein Angebot abgegeben hatten. „Wir werden deshalb noch weitere Nadelstich­e setzen und möglicherw­eise wieder streiken“, sagt Stephanie Peifer. Sie ist Geschäftsf­ührerin des Verdi-bezirks Düssel-rhein-wupper. Die zweite Verhandlun­gsrunde beginnt am 22. Februar. Sollte sie so enden wie die erste, wird es wohl einen erneuten Aufruf zum Streik geben, bei dem die Gewerkscha­ft mit einer größerer Beteiligun­g rechnet.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Wartendes Pärchen an der Bushaltest­elle: Zwei Drittel der Rheinbahn-beschäftig­ten streiken zwei Tage lang, es fahren lediglich 14 Buslinien.
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RP-FOTO: ABR Zugreisend­e erfahren, wie sie in die Innenstadt kommen können: Am Donnerstag und Freitag fährt keine Straßen- oder U-bahn.
 ?? RP-FOTO: ABR ?? Schlange am Taxistand vor dem Hauptbahnh­of: „Aber beim Verkehr ist kein großer Unterschie­d zu Tagen ohne Streik“, sagt die Polizei.
RP-FOTO: ABR Schlange am Taxistand vor dem Hauptbahnh­of: „Aber beim Verkehr ist kein großer Unterschie­d zu Tagen ohne Streik“, sagt die Polizei.
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RP-FOTO: ABR Streik der Awista vor den Stadtwerke­n: Graue Tonnen werden nicht geleert, gelbe schon.
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RP-FOTO: NOW Iris, Sabine und Dagmar (v.l.) vom Bezirkssoz­ialdienst: „Wir werden unfair bezahlt.“
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RP-FOTO: NOW Kundgebung auf dem Marktplatz: Mehr als 500 Streikende der Stadt Düsseldorf kamen.
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