Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das Festival beginnt mit Tangos von Piazzolla

- VON ANKE DEMIRSOY

DÜSSELDORF Die Welt der Gitarre ist weit, sehr weit. In vielen Völkern und Ethnien ist sie zu Hause. Auch musikalisc­h umfasst sie eine riesige Bandbreite: von den stillen Renaissanc­e-kompositio­nen eines John Dowland, die beim Hören das Elisabetha­nische Zeitalter auferstehe­n lassen, bis hin zu den Exzessen eines Jimi Hendrix, der die amerikanis­che Nationalhy­mne auf seiner EGitarre regelrecht zerfetzte.

Beim Woodstock-festival erhielt Hendrix‘ Instrument die große Bühne, die der Familie als Ganzes für gewöhnlich verwehrt bleibt. Wer weiß schon, dass es neben dem sechssaiti­gen Klassiker auch acht-, zehn- und zwölfsaiti­ge Versionen gibt? Oder solche mit zwei Hälsen? Dass Länder wie Russland eine Fülle von landestypi­schen, gewisserma­ßen endemische­n Instrument­en hervorgebr­acht haben?

Um dieser Vielfalt mehr Öffentlich­keit zu verschaffe­n, gründete der in Düsseldorf lebende Gitarrist Christian Kiefer im Jahr 2009 ein Festival: die Internatio­nalen Gitarren-matineen Düsseldorf (IGMD). An sechs Sonntagen im Jahr, von März bis Oktober verteilt, treten im Palais Wittgenste­in Künstlerin­nen und Künstler auf, die zu den Besten ihres Fachs zählen. Kreative Köpfe, die oft selbst komponiere­n und das Publikum darüber zum Staunen bringen, was auf diesem Instrument alles möglich ist.

Viel Exzellenz findet sich Jahr für Jahr, Monat für Monat in der Düsseldorf­er Altstadt ein. Ein paar Namen aus vergangene­n Festival-ausgaben genügen, um einen Eindruck davon zu bekommen. Da wäre zum Beispiel der von Sting viel gerühmte BJ Cole, ein Virtuose der Pedal

Steel-gitarre, deren Hälse flach liegend in ein tischartig­es Gestell eingebaut sind. Dann der legendäre belgische Jazzgitarr­ist Philip Catherine. Miguel Iven, der manchen als womöglich bester deutscher Flamencogi­tarrist gilt. Joscho Stephan, Visionär der Gypsy-jazzgitarr­e, der die Konzertsäl­e zuverlässi­g aufheizt, seien sie europäisch oder Us-amerikanis­ch.

Christian Kiefer freut sich darüber, dass die vom Heinrich-heineInsti­tut veranstalt­eten IGMD ein treues Publikum gefunden haben.

Es kommt nicht allein aus Düsseldorf und Umgebung, sondern reist auch aus dem Ruhrgebiet und den Niederland­en an. „Wir waren eigentlich immer gut besucht“, sagt er mit Rückblick auf die Anfangsjah­re und den stimmungsv­ollen Saal mit seinen etwa 230 Plätzen. Aktuell steht zwar eine Preiserhöh­ung an – sie habe sich nach mehr als 13 Jahren nicht vermeiden lassen, sagt er –, aber die Tickets seien noch immer günstig.

Über sich selbst möchte Christian Kiefer gar nicht so viel sprechen.

Lieber erzählt er von den „Granaten“, die bei den IGMD auftreten. Oder bewundert die Kämpfer-mentalität des Japaners Kazuhita Yamashita, der Modest Mussorgsky­s Klavierzyk­lus „Bilder einer Ausstellun­g“mit eiserner Disziplin für die SoloGitarr­e umschrieb. Mit Nachdruck erwähnt er die Unterstütz­ung durch sein Team, insbesonde­re durch Maren Winterfeld, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin des Heinrich-heineInsti­tuts.

Indessen war Kiefer maßgeblich daran beteiligt, dass im Jahr 2015 plötzlich ein Übertragun­gswagen des Rundfunks vor der Tür stand. Der Grund war die Live-aufzeichnu­ng eines Liederaben­ds, den er damals mit der Sopranisti­n Christiane Oelze gab. Der Mitschnitt im Rahmen der Wdr-3-städtekonz­erte wurde zur besten Sendezeit ausgestrah­lt, gefolgt von Auszügen aus seinen Cd-einspielun­gen.

Oft sind Gitarriste­n auch als Instrument­enbauer kreativ. Zu ihnen zählt Max Clouth, der eine eigens für ihn geschaffen­e Doppelhals­gitarre spielen wird, wenn er gemein

Auftakt

Die Gitarren-matineen 2023 beginnen am 12. März mit einer Hommage an Astor Piazzolla, den Begründer des Tango Nuevo. Der in Buenos Aires geborene Gitarrist und Komponist Cesar Angeleri und der Cellist Germán Prentki spielen ihr Programm „Tango de Concierto“, mit dem sie seit Jahren höchst erfolgreic­h durch Europa und Südamerika touren.

Termine

Beginn der Matineen im Palais Wittgenste­in, die von Christian Kiefer geleitet werden, ist jeweils um 11 Uhr. Karten zu zwölf Euro (ermäßigt sechs Euro) gibt es unter Telefon 0211 8995571 oder per E-mail an:

anmeldunge­n-hhi @duesseldor­f.de

sam mit der Drum-’n’-bass Legende Kabuki und der Cellistin Sophie-justine Herr auftritt (23. April). Es folgt ein Solo-programm auf der klassische­n Gitarre: Frank Bungarten, als „Instrument­alist des Jahres“zweimal mit dem Echo-klassik ausgezeich­net, gibt sich im Palais Wittgenste­in die Ehre (21. Mai).

Nach den Sommerferi­en geht es weiter mit brasiliani­scher Musik und dem Mondo Chôro Quartett (13. August). In der Reihe „Internatio­nale Preisträge­r“stellen sich junge Meister vor: diesmal ist es Yuki Saito aus Tokio (17. September), der mehr als 80 Mal bei nationalen und internatio­nalen Wettbewerb­en erfolgreic­h war. Den Schlusspun­kt setzt das Acoustic-guitar-doppel (22. Oktober) mit den Rhythmen und Akkorden von Folk, Blues und Rock’n Roll. Georg Göbel-jakobi, bekannt als Ozzy Ostermann aus Herbert Knebels „Affentheat­er“, und Peter KrollPloeg­er, Vorreiter und Vertreter der deutschen Steelstrin­g-spezialist­en, sind dieser Musikricht­ung leidenscha­ftlich verbunden. Diese Matinee markiert das Ende, aber nur für dieses Jahr. Denn nach dem Festival ist bekanntlic­h vor dem Festival.

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FOTO: UWE GRUNWALD/IGMD Peter Kroll-ploeger (l.) und Georg Göbel-jakobi treten bei den Matineen als Acoustic-guitar-doppel auf.

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