Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das halten Schulen von Verbotszonen
Rund um Schulen, Kitas und Spielplätze soll das Kiffen auch künftig ein Tabu bleiben. Ob Verbotszonen dabei helfen, wird unterschiedlich bewertet. An eine effiziente Kontrolle glaubt allerdings niemand.
Die konkreten Auswirkungen der Teil-legalisierung von Cannabis beschäftigen Schulen – sie gehen am kommenden Montag wieder an den Start –, Kitas, Lehrer und Eltern. Der Stimmungsbogen reicht von Gelassenheit bis Besorgnis. Im Zentrum der Debatte stehen die Verbotszonen (in der Regel 100 Meter) rund um Einrichtungen, die von Heranwachsenden besucht oder genutzt werden. „Ich halte beides für richtig: den Schritt, Cannabis-konsum für Erwachsene nicht mehr zu bestrafen, und die Entscheidung, eine 100-Meter-verbotszone rund um Schulen einzurichten“, sagt Heinrich Kuypers, Leiter der Lore-lorentz-schule in Eller. Mit dem Maßband will der Lehrer von Montag an nicht herumlaufen, „aber wenn ich sehe, dass Schüler in 30 oder 50 Meter Entfernung vom Schulgelände einen Joint rauchen, würde ich die Betreffenden ansprechen und sie bitten, das zu unterlassen“. Kuypers sieht das als Teil seiner pädagogischen Verantwortung. Einfach darüber hinwegzugucken und sich auf Polizei und Ordnungsamt zu verlassen, komme für ihn nicht infrage. „Erst recht nicht, wenn es sich bei den Konsumenten um die eigenen Schüler handelt.“
Besucht wird die Lore-lorentzschule, die zu den Kollegs gehört, von Heranwachsenden zwischen 16 und Anfang 20. Gewünscht hätte Kuypers sich allerdings eine höhere Altersgrenze für die Freigabe, „Die meisten Experten sind sich ja einig, dass die Auswirkungen auf die Gehirne bis Anfang 20 ziemlich negativ sein können.“Zudem warnt der Lehrer seine volljährigen Schüler vor falschen Schlussfolgerungen aus dem noch jungen Gesetz. Berauscht in den Unterricht zu kommen, das gehe auch in Zukunft nicht. „Hier gelten die gleichen Maßstäbe wie bei Bier, Wodka oder anderen alkoholischen Getränken – so etwas ist ein Tabu und bleibt es selbstverständlich auch im Fall von Cannabis.“
Mit sehr gemischten Gefühlen blickt Birgit Nösser, Leiterin der katholischen Grundschule an der Fuldaer Straße, auf die Legalisierung. „Es wird ähnlich wie beim Umgang mit den neuen Medien zusätzliche Aufklärungsarbeit auf uns Lehrer zukommen, zumal die Zahl der Eltern zunimmt, die diesen Teil der Erziehung eher in der Schule verorten.“
Die 100-Meter-verbotszone rund um die Schulen hält sie für zu gering bemessen. „Das ist mir eindeutig zu wenig, denn der Schulweg der meisten Kinder ist deutlich weiter gesteckt.“Sollten ältere Jugendliche oder Erwachsene innerhalb dieser Zone, beispielsweise in den Wendehämmern vor und hinter dem Schulgebäude, Haschisch oder andere Cannabis-produkte konsumieren, will Nösser umgehend die Bezirksbeamtin der Polizei verständigen. „Zu der habe ich einen guten Draht.“Was die Umsetzung von behördlichen Kontrollen in den unzähligen 100-Meter-zonen im Düsseldorfer Stadtgebiet angeht, ist die Pädagogin insgesamt aber eher pessimistisch. „Es gibt in unserer Stadt Hunderte von Schulen, Kitas und Spielplätzen, in der Fläche ist das alles nur schwer umsetzbar.“
Dass die Freigabe für Volljährige rund um die 390 Düsseldorfer Kitas (auch dort darf im Umkreis von 100 Metern nicht konsumiert werden) für Unruhe sorgen wird, glaubt Stephan Glaremin, Leiter des Sozial- und Jugendamts, nicht. Die Lage sei hier anders zu bewerten als an den Schulen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Konsumenten in größerer Zahl ausgerechnet in Sichtweite von Kindertagesstätten ihr Gras rauchen werden.“Eine Rundmail an die Tageseinrichtungen zum Umgang mit der neuen Situation hat er deshalb bislang nicht verschickt. „Wir warten ab, wie sich das in den kommenden Wochen im Alltag entwickelt. Sobald es Probleme gibt, werden wir rasch reagieren und entsprechend nachsteuern.“
Auch Bastian Schubert, Sprecher der Düsseldorfer Kita-eltern, bleibt mit Blick auf die konkreten Auswirkungen des öffentlichen Cannabiskonsums
auf Kinder gelassen. „Am Anfang wird es noch für Verwunderung sorgen, dass in der Öffentlichkeit konsumiert wird, aber ich denke, dass sich das Ganze rasch einpendeln wird.“
Die 100-Meter-zonen rund um Kitas und Spielplätze hält der Vater zweier Kinder zwar „für kaum kontrollierbar“, trotzdem hält er ihre Einrichtung für richtig. „Damit gibt man den Teams in den Tageseinrichtungen immerhin ein Instrument an die Hand.“Sollten Volljährige ausgerechnet eine Parkbank in Sichtweite der Kita zu ihrem bevorzugten Treffpunkt küren, könnten die Erzieher dank der gesetzlich definierten Verbotszonen zum Telefon greifen und dann beispielsweise mit Ordnungsbehörden und Polizei Kontakt aufnehmen.