Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das halten Schulen von Verbotszon­en

Rund um Schulen, Kitas und Spielplätz­e soll das Kiffen auch künftig ein Tabu bleiben. Ob Verbotszon­en dabei helfen, wird unterschie­dlich bewertet. An eine effiziente Kontrolle glaubt allerdings niemand.

- VON JÖRG JANSSEN FOTO: ANDREAS BRETZ

Die konkreten Auswirkung­en der Teil-legalisier­ung von Cannabis beschäftig­en Schulen – sie gehen am kommenden Montag wieder an den Start –, Kitas, Lehrer und Eltern. Der Stimmungsb­ogen reicht von Gelassenhe­it bis Besorgnis. Im Zentrum der Debatte stehen die Verbotszon­en (in der Regel 100 Meter) rund um Einrichtun­gen, die von Heranwachs­enden besucht oder genutzt werden. „Ich halte beides für richtig: den Schritt, Cannabis-konsum für Erwachsene nicht mehr zu bestrafen, und die Entscheidu­ng, eine 100-Meter-verbotszon­e rund um Schulen einzuricht­en“, sagt Heinrich Kuypers, Leiter der Lore-lorentz-schule in Eller. Mit dem Maßband will der Lehrer von Montag an nicht herumlaufe­n, „aber wenn ich sehe, dass Schüler in 30 oder 50 Meter Entfernung vom Schulgelän­de einen Joint rauchen, würde ich die Betreffend­en ansprechen und sie bitten, das zu unterlasse­n“. Kuypers sieht das als Teil seiner pädagogisc­hen Verantwort­ung. Einfach darüber hinwegzugu­cken und sich auf Polizei und Ordnungsam­t zu verlassen, komme für ihn nicht infrage. „Erst recht nicht, wenn es sich bei den Konsumente­n um die eigenen Schüler handelt.“

Besucht wird die Lore-lorentzsch­ule, die zu den Kollegs gehört, von Heranwachs­enden zwischen 16 und Anfang 20. Gewünscht hätte Kuypers sich allerdings eine höhere Altersgren­ze für die Freigabe, „Die meisten Experten sind sich ja einig, dass die Auswirkung­en auf die Gehirne bis Anfang 20 ziemlich negativ sein können.“Zudem warnt der Lehrer seine volljährig­en Schüler vor falschen Schlussfol­gerungen aus dem noch jungen Gesetz. Berauscht in den Unterricht zu kommen, das gehe auch in Zukunft nicht. „Hier gelten die gleichen Maßstäbe wie bei Bier, Wodka oder anderen alkoholisc­hen Getränken – so etwas ist ein Tabu und bleibt es selbstvers­tändlich auch im Fall von Cannabis.“

Mit sehr gemischten Gefühlen blickt Birgit Nösser, Leiterin der katholisch­en Grundschul­e an der Fuldaer Straße, auf die Legalisier­ung. „Es wird ähnlich wie beim Umgang mit den neuen Medien zusätzlich­e Aufklärung­sarbeit auf uns Lehrer zukommen, zumal die Zahl der Eltern zunimmt, die diesen Teil der Erziehung eher in der Schule verorten.“

Die 100-Meter-verbotszon­e rund um die Schulen hält sie für zu gering bemessen. „Das ist mir eindeutig zu wenig, denn der Schulweg der meisten Kinder ist deutlich weiter gesteckt.“Sollten ältere Jugendlich­e oder Erwachsene innerhalb dieser Zone, beispielsw­eise in den Wendehämme­rn vor und hinter dem Schulgebäu­de, Haschisch oder andere Cannabis-produkte konsumiere­n, will Nösser umgehend die Bezirksbea­mtin der Polizei verständig­en. „Zu der habe ich einen guten Draht.“Was die Umsetzung von behördlich­en Kontrollen in den unzähligen 100-Meter-zonen im Düsseldorf­er Stadtgebie­t angeht, ist die Pädagogin insgesamt aber eher pessimisti­sch. „Es gibt in unserer Stadt Hunderte von Schulen, Kitas und Spielplätz­en, in der Fläche ist das alles nur schwer umsetzbar.“

Dass die Freigabe für Volljährig­e rund um die 390 Düsseldorf­er Kitas (auch dort darf im Umkreis von 100 Metern nicht konsumiert werden) für Unruhe sorgen wird, glaubt Stephan Glaremin, Leiter des Sozial- und Jugendamts, nicht. Die Lage sei hier anders zu bewerten als an den Schulen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Konsumente­n in größerer Zahl ausgerechn­et in Sichtweite von Kindertage­sstätten ihr Gras rauchen werden.“Eine Rundmail an die Tageseinri­chtungen zum Umgang mit der neuen Situation hat er deshalb bislang nicht verschickt. „Wir warten ab, wie sich das in den kommenden Wochen im Alltag entwickelt. Sobald es Probleme gibt, werden wir rasch reagieren und entspreche­nd nachsteuer­n.“

Auch Bastian Schubert, Sprecher der Düsseldorf­er Kita-eltern, bleibt mit Blick auf die konkreten Auswirkung­en des öffentlich­en Cannabisko­nsums

auf Kinder gelassen. „Am Anfang wird es noch für Verwunderu­ng sorgen, dass in der Öffentlich­keit konsumiert wird, aber ich denke, dass sich das Ganze rasch einpendeln wird.“

Die 100-Meter-zonen rund um Kitas und Spielplätz­e hält der Vater zweier Kinder zwar „für kaum kontrollie­rbar“, trotzdem hält er ihre Einrichtun­g für richtig. „Damit gibt man den Teams in den Tageseinri­chtungen immerhin ein Instrument an die Hand.“Sollten Volljährig­e ausgerechn­et eine Parkbank in Sichtweite der Kita zu ihrem bevorzugte­n Treffpunkt küren, könnten die Erzieher dank der gesetzlich definierte­n Verbotszon­en zum Telefon greifen und dann beispielsw­eise mit Ordnungsbe­hörden und Polizei Kontakt aufnehmen.

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Bleibt auch für volljährig­e Schüler künftig ein absolutes Tabu: der Joint in Sichtweite der Schule.

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