Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Schausteller greifen die Stadt per Video an
Einigen Familien wurden die Pachtverträge in dem umstrittenen Wohnquartier in Rath nicht verlängert. Dagegen wehren sie sich nun.
RATH Dramatische düstere Musik unterstreicht die Botschaft, die ein Bewohner des Wohnquartiers an der Oberhausener Straße, transportieren will. Das Oberhaupt einer Großfamilie inszeniert sich und seine Familie in einem rund 18 Minuten langen Video, das auf der Internet-plattform youtube zu sehen ist, als unschuldige Opfer von Willkür seitens der Stadt Düsseldorf. Er spricht von reiner Schikane. Man werde durch die Stadt vom eigenen Gelände vertrieben. „Verschiedenste Generationen von Schaustellern, Komödianten und Artisten wohnen hier friedlich zusammen“, erklärt der Mann.
Das steht allerdings im Widerspruch zu den Ereignissen vieler Jahre, die zu einem schlechten Ruf für das Wohnquartier an der Oberhausener Straße und am Mühlenbroich führten. Immer wieder war das Gelände Ziel von polizeilichen Einsätzen, zum Beispiel wegen dort gehorteter Diebesware. Es gab Ermittlungen wegen Stromdiebstahl, Mitarbeiter der Stadt wurden beleidigt und bedroht und Insider berichten, dass zwei dort lebende Großfamilien total verfeindet seien, sich gegenseitig bedrohen, angreifen und schikanieren würden. Als trauriger Höhepunkt ihrer Auseinandersetzung gilt eine Messerattacke im Juli vergangenen Jahres, bei der einer der Söhne mit einem Kampfmesser auf einen anderen jungen Mann mehrfach einstach.
Die Stadt hat 1999 in dem Gebiet Holzhäuser für 55 Personen gebaut, die zuvor in einer Wagenburg in Lichtenbroich und Rath gewohnt hatten, aber wegen Bauprojekten damals weichen mussten. Der Bewohner des Gebietes betont in dem Video, dass ihnen damals zugesagt wurde, dass man dort für immer wohnen bleiben dürfe, nicht noch einmal umziehen müsse. Die Pachtverträge für die Häuser laufen bis Mai 2024. Bereits im Oktober hat die Stadt auf Anfrage mitgeteilt, „mit einigen wenigen Pächtern vor Ort gibt es Probleme. Dazu sind Gerichtsverfahren anhängig, zu denen nicht näher Auskunft gegeben werden kann. Die übrigen Pachtverträge mit den
Pächtern laufen weiter.“
Der Hersteller des
Videos bestreitet die
Probleme. Die Behauptung etwa, er habe einen städtischen Mitarbeiter angegriffen, sei unwahr.
Er wolle sich die Vertreibung nicht gefallen lassen. Mehrere Gerichtsverfahren haben ihm dabei aber nicht weitergeholfen. Ein anderer jahrelanger Streitpunkt war eine Halle, die laut
Stadt illegal errichtet wurde. Das sei aber gar nicht der Fall gewesen, behauptet der Rather, er könne das auch beweisen. Die Stadt hätte vielmehr die Halle 2020 „überraschend“abgerissen und habe eine „völlig überflüssige Verbindungsstraße mit fragwürdigen Methoden und Entscheidungen“errichtet. Die Stadt hatte den Straßenbau allerdings damit begründet, dort eine Durchwegung des Gebietes erreichen zu wollen. Dieses hatte beispielsweise durch zahllos am Straßenrand abgestellte Fahrzeuge immer wieder den Eindruck eines Privatbereichs erweckt. Eine Zeit lang hing im öffentlichen Straßenraum sogar ein Schild mit der Aufschrift „Privatgelände“.
Auch der Vermutung eines anderen Familienmitglieds, wonach dort Platz für andere Nutzungen geschaffen werden solle, hat die Stadt bereits im Oktober widersprochen. Die Grundstücke stünden nach wie vor in städtischem Eigentum und es gebe keine Planungen oder Absichten, dort grundlegende Veränderungen vorzunehmen.
Glaubwürdig wrken in dem Video die Ängste der betroffenen Familien. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt etwa ein junger Vater. Man stünde mit dem Rücken zur Wand, und er würde sich freuen, wenn man Gespräche führen könnte. Ob das Video dafür hilfreich ist, darf allerdings bezweifelt werden. Die Stadt teilt aktuell auf Anfrage mit: „Für die einzelnen Fälle müssen nun nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren individuelle Lösungen gefunden werden. Da es hier um sehr sensible Fälle geht, bitten wir um Verständnis, dass sich die Stadtverwaltung im Interesse der Betroffenen hierzu im Einzelnen nicht äußert.“