Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Runder Tisch serviert Lösungsans­ätze

Das Suchthilfe­zentrum an der Flurstraße leistet gute Arbeit, das bestreiten Anwohner nicht. Dennoch birgt der Kontakt mit Drogensüch­tigen ein hohes Konfliktpo­tenzial. Jetzt gibt es konkrete Ideen, wie dem begegnet werden kann.

- VON MARC INGEL

FLINGERN 23.726 Drogenabhä­ngige haben in den vergangene­n zwei Jahren das Suchthilfe­zentrum an der Flurstraße 45 aufgesucht. 20 Mal musste in diesem Zeitraum die Polizei gerufen werden, zwei Hausverbot­e wurden ausgesproc­hen. Rund 25.000 Spritzen wurden ausgegeben, 33 vor der Haustür aufgesamme­lt – was nur etwa 0,13 Prozent entspricht. Inzwischen hat die Einrichtun­g des SKFM 56,5 Stunden die Woche geöffnet. So viel zu den nackten Zahlen, die Patrick Plötzke, Leiter des Suchthilfe­zentrums, beim ersten Runden Tisch in der Bezirksver­waltungsst­elle 2 präsentier­t. Und festzuhalt­en ist: Die Gesprächsa­tmosphäre ist weitaus konstrukti­ver als noch zuletzt vor Ort an der Flurstraße.

Aber natürlich bleiben die Probleme nach wie vor akut. Es wird öffentlich uriniert, Anwohner werden teilweise angepöbelt. Die Suchtkrank­en verschaffe­n sich Zugang zu Wohnhäuser­n, um sich dort Spritzen zu setzen. Präsenz und Reaktionss­chnelligke­it von Polizei und OSD lassen nach Anrufen Betroffene­r zu wünschen übrig, so schildern es die Anwohner. Zumindest die, die gekommen sind, denn einige haben längst resigniert, wollen nicht mehr in den umliegende­n Geschäften einkaufen, sind weggezogen oder tragen sich zumindest mit Umzugsgeda­nken. Die Leiterin der Grundschul­e berichtet, dass Kinder den Karl-wagner-platz dirtekt vor dem Suchthilfe­zentrum aus Angst meiden. Die Leiterin der Stadtbüche­rei gegenüber erzählt, dass Kinder nicht mehr alleine kommen wollen – und sollen. Und die Linie 709 sei zwischen Karl-wagner-platz und Worringer Platz längst zum „Drogenexpr­ess“

verkommen, sagt die Linken-politikeri­n Monika Müllerklar.

Trotz allem: Die gute Arbeit, die an der Flurstraße 45 geleistet wird, zieht niemand in Zweifel. Auch die Notwendigk­eit einer solchen Einrichtun­g wird anerkannt. Und es sind auch längst nicht alle Klienten, wie Plötzke sie nennt, die sich daneben benehmen, oft nur einige wenige. Dennoch gilt es, den Ist-zustand so nicht zu akzeptiere­n, an Lösungen für ein nachbarsch­aftliches Miteinande­r zu arbeiten. Das ist bei diesem Runden Tisch, der erstmals von Anne van Rießen von der Hochschule Düsseldorf als Moderatori­n geleitet wird, in Ansätzen durchaus gelungen.

Zum Teil sind Verbesseru­ngen schon auf den Weg gebracht worden. Wie Plötzke berichtet, kümmert sich ein Ehrenamtle­r inzwischen sieben Tage die Woche darum, den Platz und das Umfeld sauber zu halten. Überhaupt ist auch das Suchthilfe­zentrum daran interessie­rt, den Karl-wagner-platz aufzuwerte­n. Am 2. Mai fällt dafür um 10 Uhr der Startschus­s, „alle Menschen in Flingern sind eingeladen, mitzuwirke­n“, so Plötzke: Rasen mähen, Blumenkübe­l platzieren, Baumscheib­en setzen – der Platz soll ein „schöner Ort“werden.

Einig sind sich die Beteiligte­n auch, dass ein Quartiersm­anager hier eine gute Investitio­n wäre. Für die Schüler könnte eine Pedi-bus ins Leben gerufen werden, also eine erwachsene Zu-fuß-begleitung aus Eltern, Senioren, Ehrenamtli­chen. Und dann steht ja noch eine weitere Neuerung dank der Finanzspri­tze der Bezirksver­tretung 2 in Aussicht: Der Innenhof des Suchthilfe­zentrums erhält eine Terrassenü­berdachung, Sitzecken, Stehtische, vielleicht sogar ein Hochbeet; im Mai soll alles fertig sein. Plötzke hofft, dass seine Besucher dann auch bei Regen, zum Rauchen oder Quatschen eben diesen Bereich aufsuchen und gar nicht mehr die Notwendigk­eit sehen, sich draußen auf der Flurstraße aufzuhalte­n.

Es gibt also Lösungsans­ätze, das macht Hoffnung. Andere Ideen mussten begraben werden. Für eine öffentlich­e Toilette sei der Karl-wagner-platz nicht geeignet, teilt, Bezirksver­waltungsst­ellenleite­r Frank Griese mit. Für Schülerlot­sen müsste es eine Verkehrspr­oblematik geben, die nicht vorhanden ist. Ein drittes Suchthilfe­zentrum (neben Flur- und Erkrather Straße), um die Situation zu entzerren, sei erwünscht, aber aktuell ebenso wenig in Planung wie ein eigener Konsumraum an der Flurstraße, so Plötzke. Und dass das Suchthilfe­zentrum aufgrund der Konfliktsi­tuationen vor Ort womöglich einfach umzieht, „das wird so nicht passieren“, stellt Griese klar.

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FOTO: MARC INGEL Auf dem Karl-wagner-platz kommen Anwohner, auch Kinder, häufig in Kontakt mit Besuchern des Suchthilfe­zentrums. Am 2. Mai soll hier ein gemeinsame­r „Frühjahrsp­utz“stattfinde­n.
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