Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Eine Institutio­n in Düsseldorf­s Schullands­chaft

Vor 125 Jahren wurde in Düsseldorf die Flora-realschule gegründet. Tradition und Fortschrit­t gehen hier seit Langem Hand in Hand.

- VON JAKUB DROGOWSKI FOTO: ANDREAS BRETZ

UNTERBILK Dreizehn Realschule­n gibt es in der Stadt, bald werden es vierzehn sein. Die Flora-realschule ist dabei seit nunmehr 125 Jahren fester und prägender Bestandtei­l der breiten Düsseldorf­er Schullands­chaft. Das Jubiläumsj­ahr bestreitet die Schule im großen Stil. Bereits der „Geburtstag“der Schule, der 15. April, wurde humorvoll und ausgiebig gefeiert.

Unter den Augen der Düsseldorf­er Schulamtsl­eiterin Dagmar Wandt und des Stadtdirek­tors Burkhard Hintzsche wurde sogar der erste Rektor Ferdinand Roßbach von einem verkleidet moderieren­den Schüler verulkt. Ein freundlich­er, kleiner Seitenhieb, den sein heutiger Nachfolger Sebastian Delißen über ein Jahrhunder­t später leicht verschmerz­en konnte. Schließlic­h gab es vonseiten der Stadtobere­n unter anderem aufgrund der guten Anmeldezah­len großes Lob. „Das ging runter wie Öl“, freut sich der Schulrekto­r. Auch einen Gutschein für ein neues Instrument wurde der Schule mit der starken musisch-künstleris­chen Ausrichtun­g überreicht. Seit Delißen sein Amt 2011 übernahm, wurde das Profil unter seiner Ägide stark geschärft. So gibt es seitdem in jedem neuen Jahrgang eine reine Orchesterk­lasse ab der fünften Jahrgangss­tufe, ab der siebten Klasse kann Kunst als Hauptfach gewählt werden.

Ein bedeutende­s Merkmal und Erfolgsrez­ept der Schule an der Florastraß­e sei auch das interne sowie generation­enübergrei­fende Gemeinscha­ftsgefühl. Dies zeige sich auch dadurch, dass bei der Feier zahlreiche Alumni und ehemalige Lehrer der Schule anwesend waren. “Manche Großeltern, die bereits hier zur Schule gingen, bringen heute ihre Enkel hierher“, sagt Delißen.

Seit ihrer Eröffnung am 15. April 1899 haben viele Jahrgänge ihre

Spuren in dieser Realschule hinterlass­en. Die im vergangene­n Sommer neu gegründete Archiv-ag unter Leitung von Nülüfer Özdemir ging diesen in den letzten Monaten eifrig nach. Da passte es gut, dass mit den beiden ehemaligen Rektorinne­n Adelheid Kolb und Renate von Tongelen zwei prägende Gestalteri­nnen der Schulhisto­rie beim Fest vor Ort waren. “Im Vorfeld hat die Archiv-ag auch über die beiden Rektorinne­n recherchie­rt. Für die Schülerinn­en und Schüler war es sehr spannend, diese dann kennenzule­rnen“, sagt Özdemir.

Die Deutsch- und Geschichts­lehrerin tauchte mit ihren Schützling­en dank des umfangreic­hen Archivs tief in die Historie ein und brachte ihnen die einzelnen Epochen nahe. „Mit dieser Arbeit konnten die Schüler sogar die neuere Weltgeschi­chte leicht nachvollzi­ehen“, sagt auch Delißen. Die Entdeckung­sreise begann in der Kaiserzeit, führte durch die Weimarer Republik bis in die bundesrepu­blikanisch­e Neuzeit und ließ auch die Entbehrung­en der jeweiligen Weltkriegs­jahre nicht aus.

Die jungen Nachwuchsh­istoriker erfuhren so unter anderem, dass ihre Schule bis 1971 eine reine Mädchensch­ule war.

Im preußisch geprägten Düsseldorf herrschte zum Fin de siècle ein erhebliche­r Mangel an Schulplätz­en für Mädchen. „Die eine Schule in der Oststraße war damals komplett überlaufen, so beschloss die Stadt, hier eine neue reine Mädchensch­ule zu gründen“, sagt Delißen.

Bei ihren Recherchen lernten die Kinder auch die damalige Schulund

Lernkultur kennen. „Die Schülerinn­en und Schüler sahen, wie die Kinder von damals auftraten und gekleidet waren. Es war interessan­t für sie mitzubekom­men, wie sehr Ordnung und Fleiß damals großgeschr­ieben wurden“, sagt Özdemir. Prügelstra­fe, strenge Sitzordnun­gen, Hände auf den Tischen – auf solch bedrückend-rigide Maßnahmen zur Aufrechter­haltung des geordneten Betriebs wird an der Flora-realschule heute natürlich nicht mehr zurückgegr­iffen.

Ein „tragfähige­s Erziehungs­konzept“sorgt laut Sebastian Delißen für Disziplin im Schulallta­g. „Wir haben klare Regeln, Rituale. Alle wissen, woran sie sich halten müssen. Es ist eine angenehme Atmosphäre in den Klassen.“Es herrsche ein freundlich­es Miteinande­r, Toleranz – und im gewissen Rahmen auch eine Kleiderord­nung.

So sei der letztjähri­ge mediale Aufreger „Jogginghos­en an Schulen“nie ein Thema gewesen. „Unsere Schülerinn­en und Schüler tragen im Unterricht angemessen­e Kleidung. Das war bei uns nie ein Problem“, sagt Delißen.

Auch die starke Einbeziehu­ng der Eltern trage dazu bei. „Bei uns gibt es keinen klassische­n Elternspre­chtag. Wir beraten vielmehr die Schüler selbst im Beisein ihrer Eltern mittels Videokonfe­renzen“, so Delißen. Die Hemmschwel­le, an diesen Gesprächen teilzunehm­en, sei so niedriger. Dadurch würden so gut wie alle Eltern erreicht. „Wir schaffen dann klare Lernverein­barungen mit Schülern und Eltern. Wir zeigen, dass wir die Schüler ernst nehmen und erklären, was besser werden muss“, sagt Delißen. Nülüfer Özdemir bestätigt, dass dadurch eine „signifikan­te Leistungss­teigerung“erreicht wurde. Die „Digitalisi­erung wird bei uns gezielt vorangetri­eben. Das half bereits während Corona“, so Özdemir. Die Flora-realschule scheint somit gut aufgestell­t für die nächsten 125 Jahre.

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Die Archiv-ag der Flora-realschule (v.l.): Zilan (14), Rektor Sebastian Delißen, Alex (11), Lehrerin Nülüfer Özdemir, Ilbey (11) und Luca (12).

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