Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die große Düsseldorfer Dönerisierung
Ein Döner macht satt. Doch der Kebab-markt ist nicht gesättigt. Neu-unternehmen drängen auf den Markt. Halten sich Einzelimbisse?
DÜSSELDORF Mittlerweile sind in Düsseldorf täglich so viele Dönerspieße und scharfe Kebab-messer im Einsatz, dass man damit eine altrömische Kohorte ausrüsten könnte. Im Jahr 2022 waren es noch elf Imbiss-läden pro 100.000 Einwohner. Tendenz seitdem deutlich steigend. Der Markt boomt – das obwohl die Preise hochgehen wie nie zuvor. Unter sieben Euro für eine Portion würziger Fleischscheiben mit Gemüse im Brot geht kaum noch etwas.
Wie viele der Restaurants es in der Landeshauptstadt genau gibt, kann auch die Verwaltung auf Nachfrage nicht beantworten. Döner-betriebe würden schließlich nicht gesondert, sondern „in der Regel als Imbissbetrieb oder Speisewirtschaft“erfasst.
Auch der Gastgewerbeverband Dehoga kann keine exakten Zahlen nennen. „Aber wir können mittlerweile wirklich von einer Dönerwelle sprechen“, sagt die stellvertretende Dehoga-geschäftsführerin Isa Fiedler. Seien es früher mal Pizza- oder Burger-läden, die sprichwörtlich aus dem Boden wuchsen, sind es nun die Imbisse mit den sich drehenden Kalb- und Hühnerfleischspießen. Ein Ende des Booms scheint sich nicht abzuzeichnen. Im Gegenteil.
Der Hype um die Kette „Haus des Döners“ist noch kaum abgeklungen, da drängt schon ein neuer Konkurrent auf den Fleischtaschenmarkt: „Döner Game“. So frisch wie die Eintragung der drei zugehörigen Gmbhs im Unternehmensregister ist, so frisch sollen angeblich die Zutaten
des neuen Edel-kebabs sein. Auch hier bediente man sich im Zuge der Namensfindung zu Marketingzwecken eines erfolgreichen Netflix-titels („Squid Game“).
In Sachen Niveau und Innovation will man den „Netflix“-konkurrenten mit seinen hiesigen drei Filialen aber überflügeln. Unter anderem in der Helmholtzstraße 22, wo gerade ein Pancake-laden aufgegeben hat. Auch am Worringer Platz habe man bereits die Fühler ausgestreckt. Dabei plant dort bereits das Rapperdöner-franchise „Baba’s Döner by Massiv“eine weitere Filiale.
„Wir sind einzigartig“, meint „Dg“-franchise-nehmer Ali Gül aber selbstbewusst. Für den Marktkampf wurde eigens der Meerbuscher Sternekoch Anthony Sarpong engagiert, der besondere Geschmackskreationen beisteuern soll. „Wir stellen uns dem Wettbewerb.
Unsere Fleischqualität ist großartig“, betont der Geschäftsführer der Döner Game Holding Andreas Rüther. Man wolle unter dem nun üblichen Marktpreis bleiben: „Alle sind bei acht Euro, wir wollen bei sieben blieben“, sagt Gül.
Bei 7,90 Euro ist auch die Kette Mangal x LP10 angekommen. Das Kürzel steht für die Rückennummer des ehemaligen Kölner Fußballers Lukas Podolski. Dessen Gesicht
grüßt an mehreren Stellen freundlich – wenn auch leicht verunstaltet – in der Filiale an der Mertensgasse in der Düsseldorfer Altstadt.
Inhaber und Poldi-kumpel Soner Keskin eröffnete Ende vergangenen Jahres. Er macht sich keine Sorgen, auf dem Markt bestehen zu können: „Wir bei Mangal brechen hier alle Rekorde. Letztes Wochenende hatten wir 2400 Kunden.“Auch Keskin schwärmt von der Qualität seines Produktes. „Zum Beispiel unser Brot, das wir von einem Bäcker beziehen, ist köstlich.“Es seien auch die „gehobeneren Leute, die zu uns kommen“. Der Andrang sei so groß, dass er „elf oder zwölf gut entlohnte Mitarbeiter“habe. Eine Preiserhöhung werde es wohl in naher Zukunft auch bei ihm geben. „Wir werden uns Gedanken machen müssen. Möglicherweise müssen wir bald auf neun Euro gehen“, so Keskin.
Ganz anders stellt sich die Situation zwei Häuser weiter in der Mertensgasse 23 dar. Said Khesrof betreibt sein Restaurant „Döner Times“seit dem 1. September und bietet für 6,50 Euro an. „Ich will den Preis auf sechs Euro noch drücken. Aber bei den Bedingungen kann ich das nicht. Nicht, solange ein Kilo Gurken fünf Euro kostet“, sagt er. Mitarbeiter habe er keine. „Ich habe noch niemand Passenden gefunden. Es hapert an der Sprache oder es fehlen Papiere.“
Dass der benachbarte Mangal-laden ihm und anderen Konkurrenten in der Umgebung „50 Prozent der Kunden weggeschnappt“habe, wie es Soner Keskin von einem weiteren Anbieter hörte, will Said Khesrof nicht bestätigen. „Die nebenan interessieren mich nicht. Es ist starke Konkurrenz, ja. Die haben halt den Namen Podolski. Aber das macht noch keinen guten Döner“, so Khesrof. Er wolle sich eine eigene Stammkundschaft aufbauen. “Meine Kunden kommen gern zu mir. Ich bin immer freundlich und freue mich über jeden Gast. Meine Familie und ich können gut leben“, sagt er.
Bislang gilt das auch für „Dönerurgestein“Salih Bostanci. Sein Kebab-restaurant „Anadolu“am Grafadolf-platz eröffnete er vor mehr als 35 Jahren. Lange vor Mangal, Döner Game, Babas Döner und Co. „Früher lief das Geschäft besser. Aber wir versuchen, uns zu halten. Das gelingt uns auch, selbst, wenn es schwer ist“, sagt er. Bostanci könne sich seit Jahren über einen treuen Kundenstamm freuen – besonders während der Mittagspause in der geschäftigen Umgebung. Die gefährlicheren Gegner seien ohnehin „steigende Einkaufspreise und Homeoffice“.