Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Überlebensrezepte für die Immobilienbranche
In Zeiten der Multi-krisen sind Ideen gefragt. Die wurden beim Jahresempfang von JLL auf der Bühne und in der Rotunde der Tonhalle diskutiert.
DÜSSELDORF In Singapur leben 97 Prozent der Menschen in öffentlich subventionierten Wohnungen, die im Regelfall Eigentum der Bewohner werden sollen. Spitzenpolitiker bekommen dort die Gehälter von Vorstandschefs, sagte Jll-weltchef Christian Ulbrich am Donnerstag in der Tonhalle in Richtung von Oberbürgermeister Stephan Keller. Der wiederum nannte den Jahresempfang des weltgrößten Maklers „ein Familientreffen der Immobilienbranche, fast wie bei der Mipim oder der Expo, wo man en passant Themen ansprechen kann“.
Tatsächlich ist die alljährliche Zusammenkunft auf Einladung von JLL nach dem Ihk-neujahrsempfang das größte Wirtschaftstreffen in der Stadt. 800 Menschen standen diesmal auf der Einladungsliste. Dass der Global CEO des Unternehmens angereist war, unterstrich die Bedeutung des Termins.
Und der teilte bei der Leitfrage des Nachmittags, wie man auch morgen noch am Markt bestehen könne, aus seiner internationalen Perspektive kräftig aus. Russland und Europa überschätzten sich maßlos, meinte Ulbrich. Er lobte China, das seine Infrastruktur besser ausbaue als die USA, und kritisierte die moralischen Ansprüche deutscher Außenpolitik. Als größtes Problem in den meisten Ländern nannte er den bezahlbaren Wohnraum. Ausnahme: Singapur.
Trotz vieler Krisen fiel die Betrachtung von OB Keller positiver aus. Er sei optimistisch, aber nicht blauäugig. Für ihn besonders wichtig: Investitionen in die Infrastruktur. Die Stadt bringe in nur zwei Jahren 1,2 Milliarden Euro auf, vor allem für die Schulen werde viel Geld ausgegeben.
Auch die digitale Infrastruktur wachse. Als er sein Amt 2020 angetreten habe, habe die Anschlussquote an das Glasfasernetz bei sieben Prozent gelegen, 2025 klettere sie auf über 50 Prozent.
Während die Rede von Nrwstaatssekretär Daniel Sieveke seltsam unbestimmt blieb, brachte Jll-deutschland-chef Konstantin Kortmann viele Fakten. In der Düsseldorfer City klettere die Spitzenmiete auf 42 Euro, während der Leerstand bei zehn Prozent liege. Da europaweit nicht mal die Hälfte der benötigten nachhaltigen Büroflächen
gebaut würden, lägen die Chancen für Investoren in großflächigen Entwicklungen oder in der Veredelung bestehender Bauten in guten Lagen.
In den Augen von Alexander Fils, Chef des städtischen Planungsausschusses, brachte Düsseldorfs JLLCHEF Marcel Abel zum Abschluss den besten Vorschlag des Tages: Da es weder grünen Beton noch grünen Stahl gebe, solle man Abrisse vermeiden und Gebäude immer wieder anders nutzen können. Der Managing Director schlug eine universale Gebäudeklasse vor, in der sich alle
Nutzungen abbilden ließen: Büro, Handel, Hotel und Wohnen. Dafür brauche es modifizierte Gesetzgebungen, aber die seien möglich.
Abel nannte als Beispiele das „Urbane Gebiet“in der Baunutzungsverordnung oder die Gebäudeklasse E wie „Einfach bauen“oder „Experimentelles Bauen“. Fils schloss beim anschließenden Get-together in der Rotunde daran an. In der Regionalplanung gebe es Ähnliches mit dem Allgemeinen Siedlungsgebiet, deswegen sei Abels Vorstoß mit Blick auf konkrete Projekte in der Kommune genau richtig.