Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Als Frauen noch mit Federhüten Tennis spielten

Der TC Blau-schwarz Düsseldorf wird 120 Jahre alt. Ein Blick zurück in eine Zeit, als Tennis eine aufkommend­e Sportart war.

- VON MARC INGEL FOTOS: TC BLAU-SCHWARZ

GRAFENBERG Der TC Blau-schwarz ist ein lebendiger Verein, keine Frage. Dafür stehen allein schon 15 aktive Mannschaft­en, die auf der Tennisanla­ge an der Lenaustraß­e spielen, neun davon auf Verbandseb­ene. Rund 850 Mitglieder zählt der Verein, der jetzt am Samstag seinen 120. Geburtstag feiert.

Das alles war natürlich mal anders, denn jeder fängt ja klein an. Der zweitältes­te Tennisvere­in in Düsseldorf nach dem Rochusclub (gegründet 1898) hat seinen Ursprung im Garten des Jägerhause­s am Staufenpla­tz, wo zehn Anhänger des weißen Sports einen ersten, später dann einen zweiten Platz anlegten. Eine Holzbarack­e diente zum Umziehen, im Keller des Restaurant­s wurden Duschen installier­t – natürlich gab es nur kaltes Wasser.

Selbstvers­tändlich war das Outfit der Spieler nicht ansatzweis­e vergleichb­ar mit dem der heutigen Zeit. So trugen Frauen lange Gewänder, knöchellan­ge Reifröcke, hatten zudem breitkremp­ige Hüte auf dem Kopf. Und da es sich ja nur um temporäre Courts handelte, mussten jedes Mal vor jedem Spiel die Netze gespannt, die Linien gezogen und die Plätze mit der Gießkanne gesprengt werden. Und doch gab es eine offensicht­liche Parallele zur Gegenwart: Die Geselligke­it war mindestens ebenso wichtig wie der Sport, Fotos von weinselige­n Ausflügen in den Grafenberg­er Wald beweisen das ebenso wie überliefer­te Flirts, die im Begriff „Verlobungs­tennis“gipfelten. Und, klar: Tennis war nichts für jedermann, die Exklusivit­ät der Gesellscha­ft spielte noch eine große Rolle.

Einer, der dies weiß und aufgeschri­eben hat, ist Rolf-dieter Dominicus, der mit 86 Jahren immer noch Mitglied bei Blau-schwarz ist und das Archiv des Vereins pflegt. Sein Vater Fritz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Vorsitzend­er, er trat bereits 1909 dem TC von 1904 bei, und von ihm hat Dominicus auch den ein oder anderen Augenzeuge­nbericht geerbt, in dem gerade in den Anfangsjah­ren von „sorglosen, gemütliche­n Friedensze­iten“die Rede war, in denen wenig verbissen Tennis gespielt wurde. „Der Club mit etwa 30 Mitglieder­n war eine Familie, Cliquenwes­en unbekannt, und keiner scheute sich bei notwendige­n

Arbeiten, mit anzufassen.“

Irgendwann wurde die Anlage am Staufenpla­tz dann zu klein, in der Nähe des Ausflugslo­kals Honigheim am Mörsenbroi­cher Weg kaufte der Club 1912 ein Gelände und errichte dort aus Spendengel­dern ein richtiges Holzhaus als Clubheim im Schweizer Stil – vorher hatte es nur eine Zeltlaube gegen – und die Anlage hatte ganze elf Plätze mit Tribüne. 1919 schloss sich der Verein mit dem TC Bowlensia zusammen, durch den er zu den heutigen Farben Blau-schwarz kam, denn vorher waren noch Rot und Weiß angesagt. Der Sport gewann eine immer größere Bedeutung, 1931 konnte man

sogar den stolzen Rochusclub mit 5:4 schlagen, bei der Endrunde der Medenspiel­e scheiterte­n die Blauschwar­zen nur knapp an Rot-weiß Köln.

Als das Gelände am Mörsenbroi­cher Weg 1936 für den Bau von Kasernen benötigt wurde, schufen die Mitglieder im Eiltempo eine neue Anlage an der Graf-recke-straße. Doch bei einem fehlgeleit­eten Bombenangr­iff 1943 wurde alles in Schutt und Asche gelegt. Der Wiederaufb­au ab 1947 dauerte viele Jahre, doch spätestens ab 1954 erfolge mit der Austragung der Niederrhei­nmeistersc­haften der Aufbruch zu einem Verein, der Breiten- ebenso wie Spitzenspo­rt ein Zuhause bot. Durch den Neubau einer Volksschul­e 1957 musste der Club in Richtung Norden wandern, 1962 konnte man an der Lenaustraß­e das neue Clubhaus feierlich eröffnen. Und 1963 gelang der Herrenmann­schaft als erstem Düsseldorf­er Team nach dem Krieg sensatione­ll der Gewinn der Niederrhei­nmeistersc­haft.

Auch über die folgenden rund 60 Jahre ließe sich noch vieles berichten, aber wir wollen es an dieser Stelle nicht übertreibe­n. Am Samstag, 27. April, wird jedenfalls groß gefeiert – man wird ja nicht alle Tage 120 Jahre alt.

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Tennis wurde auch in den Anfangsjah­ren schon gespielt – aber nicht allzu ehrgeizig.
 ?? ?? Heute ist die Erste Damenmanns­chaft das sportliche Aushängesc­hild der Blau-schwarzen an der Lenaustraß­e.
Heute ist die Erste Damenmanns­chaft das sportliche Aushängesc­hild der Blau-schwarzen an der Lenaustraß­e.
 ?? ?? Die Tennismode Anfang des 20. Jahrhunder­ts war schon ziemlich exotisch.
Die Tennismode Anfang des 20. Jahrhunder­ts war schon ziemlich exotisch.

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