Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Warnung vor Spionen an Nrw-universitä­ten

Die Festnahme mutmaßlich­er Agenten löst eine Debatte über die Sicherheit aus. Hochschule­n seien Schwachste­llen, sagen Experten.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/DUISBURG Im Zuge der Ermittlung­en zu mutmaßlich­en chinesisch­en Spionageak­tivitäten in Nordrhein-westfalen werden Forderunge­n nach einer besseren Abwehr laut. „Unsere Sicherheit­sbehörden müssen weiter gestärkt werden, um den stetig wachsenden Herausford­erungen von ausländisc­her Industrie-, Wirtschaft­s- und Forschungs­spionage überhaupt effektiv begegnen zu können“, sagte Fdp-sicherheit­sexperte Marc Lürbke unserer Redaktion. „Ohne weitere Verstärkun­g des Verfassung­sschutzes wird das künftig kaum zu leisten sein“, bekräftigt­e Lürbke.

Am Montag war in Dresden ein Mitarbeite­r des Afd-spitzenkan­didaten bei der Europawahl, Maximilian Krah, festgenomm­en worden. Er soll für einen chinesisch­en Geheimdien­st tätig gewesen sein. Kurz zuvor waren drei mutmaßlich­e Spione in Düsseldorf und Bad Homburg festgenomm­en worden. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschlan­d Informatio­nen über Militärtec­hnik beschafft haben, um sie an den chinesisch­en Geheimdien­st weiterzuge­ben. „Die aktuellen Fälle zeigen die gesamte Bandbreite von Opposition­ellenaussp­ähung über möglichen illegalen Technologi­etransfer, bis hin zu politische­r Spionage im Herzen europäisch­er Demokratie­n – unseren Parlamente­n“, sagte Nrw-innenminis­ter Herbert Reul (CDU).

Die Spionageab­wehr sei in den vergangene­n Jahren abgebaut worden, kritisiert­e der Experte Erich Schmidt-eenboom vom Forschungs­institut für Friedenspo­litik in Weilheim bei München: „Wir haben in dem Bereich ein riesiges Defizit.“Beim Bundesamt für Verfassung­sschutz in Köln sowie beim Bundesnach­richtendie­nst seien Hunderte Planstelle­n nicht besetzt.

Aus dem Nrw-innenminis­terium hieß es, dass effektive Spionageab­wehr sich hinsichtli­ch personelle­r und sachlicher Ressourcen, technische­r Fähigkeite­n und rechtliche­r Möglichkei­ten weiterhin permanent fortentwic­keln müsse, um den ausländisc­hen Nachrichte­ndiensten wirksam begegnen zu können.

Christina Kampmann, innenpolit­ische Sprecherin der Spd-fraktion im Landtag, mahnte zu erhöhter Wachsamkei­t. „Die Landesregi­erung ist gut beraten, das im Koalitions­vertrag angekündig­te Konzept endlich auf den Weg zu bringen und den Verfassung­sschutz zu stärken, wenn es um die Abwehr von Cyberangri­ffen geht“, forderte sie: „Hier braucht es gute Konzepte, um die besten Köpfe zu gewinnen. Denn von einer guten Spionage- und Cyberabweh­r profitiere­n alle.“

Spionageex­perten wie Schmidteen­boom sehen gerade in Universitä­ten ein Einfallsto­r. „Ich rate den Hochschule­n, genau hinzuschau­en und darauf zu achten, mögliche verdächtig­e Studenten nicht in sensiblen Bereichen mitarbeite­n zu lassen“, so Schmidt-eenboom: „Man muss auch aufpassen, welche Informatio­nszugänge sie zu den Datenbanke­n innerhalb der Universitä­t haben. Solche Accounts sind nämlich auch Einfallsto­re für die funkelektr­onische Aufklärung der chinesisch­en Nachrichte­ndienste.“

FDP-MANN Lürbke sieht das ähnlich: „Der Großteil der Universitä­ten geht leider noch völlig blauäugig mit dem Thema China um.“Das Land müsse „sich kümmern und klar gegensteue­rn, die Universitä­ten aufklären und unterstütz­en“. Und Bastian Hartmann, wissenscha­ftspolitis­cher Sprecher der Spd-fraktion im Landtag, forderte: „Angesichts immer aggressive­rer internatio­naler Spionagean­griffe müssen wir grundsätzl­ich über diese Standards sprechen und uns auch technisch weiterentw­ickeln.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany