Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Warnung vor Spionen an Nrw-universitäten
Die Festnahme mutmaßlicher Agenten löst eine Debatte über die Sicherheit aus. Hochschulen seien Schwachstellen, sagen Experten.
DÜSSELDORF/DUISBURG Im Zuge der Ermittlungen zu mutmaßlichen chinesischen Spionageaktivitäten in Nordrhein-westfalen werden Forderungen nach einer besseren Abwehr laut. „Unsere Sicherheitsbehörden müssen weiter gestärkt werden, um den stetig wachsenden Herausforderungen von ausländischer Industrie-, Wirtschafts- und Forschungsspionage überhaupt effektiv begegnen zu können“, sagte Fdp-sicherheitsexperte Marc Lürbke unserer Redaktion. „Ohne weitere Verstärkung des Verfassungsschutzes wird das künftig kaum zu leisten sein“, bekräftigte Lürbke.
Am Montag war in Dresden ein Mitarbeiter des Afd-spitzenkandidaten bei der Europawahl, Maximilian Krah, festgenommen worden. Er soll für einen chinesischen Geheimdienst tätig gewesen sein. Kurz zuvor waren drei mutmaßliche Spione in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. „Die aktuellen Fälle zeigen die gesamte Bandbreite von Oppositionellenausspähung über möglichen illegalen Technologietransfer, bis hin zu politischer Spionage im Herzen europäischer Demokratien – unseren Parlamenten“, sagte Nrw-innenminister Herbert Reul (CDU).
Die Spionageabwehr sei in den vergangenen Jahren abgebaut worden, kritisierte der Experte Erich Schmidt-eenboom vom Forschungsinstitut für Friedenspolitik in Weilheim bei München: „Wir haben in dem Bereich ein riesiges Defizit.“Beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln sowie beim Bundesnachrichtendienst seien Hunderte Planstellen nicht besetzt.
Aus dem Nrw-innenministerium hieß es, dass effektive Spionageabwehr sich hinsichtlich personeller und sachlicher Ressourcen, technischer Fähigkeiten und rechtlicher Möglichkeiten weiterhin permanent fortentwickeln müsse, um den ausländischen Nachrichtendiensten wirksam begegnen zu können.
Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der Spd-fraktion im Landtag, mahnte zu erhöhter Wachsamkeit. „Die Landesregierung ist gut beraten, das im Koalitionsvertrag angekündigte Konzept endlich auf den Weg zu bringen und den Verfassungsschutz zu stärken, wenn es um die Abwehr von Cyberangriffen geht“, forderte sie: „Hier braucht es gute Konzepte, um die besten Köpfe zu gewinnen. Denn von einer guten Spionage- und Cyberabwehr profitieren alle.“
Spionageexperten wie Schmidteenboom sehen gerade in Universitäten ein Einfallstor. „Ich rate den Hochschulen, genau hinzuschauen und darauf zu achten, mögliche verdächtige Studenten nicht in sensiblen Bereichen mitarbeiten zu lassen“, so Schmidt-eenboom: „Man muss auch aufpassen, welche Informationszugänge sie zu den Datenbanken innerhalb der Universität haben. Solche Accounts sind nämlich auch Einfallstore für die funkelektronische Aufklärung der chinesischen Nachrichtendienste.“
FDP-MANN Lürbke sieht das ähnlich: „Der Großteil der Universitäten geht leider noch völlig blauäugig mit dem Thema China um.“Das Land müsse „sich kümmern und klar gegensteuern, die Universitäten aufklären und unterstützen“. Und Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der Spd-fraktion im Landtag, forderte: „Angesichts immer aggressiverer internationaler Spionageangriffe müssen wir grundsätzlich über diese Standards sprechen und uns auch technisch weiterentwickeln.“