Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Balearen statt Büro

Bei einer sogenannte­n Workation arbeiten Beschäftig­te vom Urlaubsort aus. Das Modell ist beliebt, hat aber rechtliche Tücken.

- VON ANNA KIRSTEN

DÜSSELDORF Nach der letzten E-mail den Laptop zuklappen und sich an den Strand legen oder im Feierabend das Bergpanora­ma genießen: Das verspricht die sogenannte Workation, die Verbindung von Arbeit (englisch: work) und Urlaub (englisch: vacation). Was im ersten Moment wie ein Gegensatz wirkt, ist gerade bei jüngeren Beschäftig­ten immer beliebter. Das mobile Arbeiten aus dem Ausland ist aber nicht ohne Weiteres möglich. Was man über das Arbeitsmod­ell wissen sollte.

Was ist Workation? Bei einer Workation verlagern Beschäftig­te ihren Arbeitspla­tz an einen Urlaubsort, häufig ins Ausland. Das funktionie­rt allerdings nur bei Berufen, die grundsätzl­ich ortsungebu­nden sind. Befürworte­r des Angebots erhoffen sich vom Arbeiten am Urlaubsort einen Tapetenwec­hsel und einen Ausbruch aus Routinen, der neue Motivation bringen soll. Auch können sie so Aufenthalt­e vor Ort nach einem Urlaub verlängern, ohne weitere Urlaubstag­e aufzuwende­n. Für Arbeitgebe­r ist das Angebot von mobiler Auslandsar­beit inzwischen auch ein Attraktivi­tätsfaktor im umkämpften Arbeitsmar­kt: „Workation-angebote sind da ein wertvoller Benefit, der auch gefordert wird“, stellt Ingmar Eschli fest, der die Plattform Workation. de betreibt und unter anderem bei Auslandsau­fenthalten berät. Für 42 Prozent der 18- bis 34-Jährigen sei die Möglichkei­t einer Workation ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebe­rs, lautet das Ergebnis einer Yougov-studie.

Für wen kommt eine Workation

infrage? Im Prinzip können alle Beschäftig­ten, die mobil arbeiten können, Workation betreiben – vorausgese­tzt, der Arbeitgebe­r ermöglicht grundsätzl­ich das Arbeiten im Ausland. Workation sei besonders in Branchen beliebt, in denen es generell eine Affinität zu Digitalisi­erung und zu neuen Arbeitsmet­hoden gebe, sagt Lara Kieninger, Recruiting-managerin bei der Jobplattfo­rm Stepstone. Der Plattform zufolge sind vor allem Berufe in der IT, buchhalter­ische Tätigkeite­n oder kreative Berufe typische Kandidaten für Workation. Laut Kieninger sind vor allem jüngere Menschen der Generation Y und Z – grob also in ihren 20ern und 30ern – Zielgruppe sowie Beschäftig­te ohne Kinder oder feste Bindungen. Statt allein zu verreisen, können auch ganze Teams ihren Arbeitspla­tz an den Strand verlegen. Team-workations erfreuen sich Eschli zufolge immer größerer Beliebthei­t und sollen die Kreativitä­t, den Austausch unter der Kollegen und die Bindung an das Unternehme­n fördern.

Gibt es Voraussetz­ungen für eine

Workation? Wer damit liebäugelt, sollte vorher einen genauen Blick in seinen Arbeitsver­trag werfen. Denn einen Anspruch auf Workation gibt es nicht. Ob Arbeiten aus dem Ausland möglich ist, ist in der Regel vertraglic­h festgehalt­en. Inzwischen verfügten zahlreiche Unternehme­n auch über entspreche­nde Betriebsve­reinbarung­en oder Regelungen, die den Umgang damit näher regeln, erklärt Daniela Rindone, Rechtsanwä­ltin für Arbeitsrec­ht bei der Anwaltskan­zlei CMS und spezialisi­ert auf mobiles Arbeiten. Arbeitgebe­r seien „gut beraten, wenn sie einheitlic­h festlegen, unter welchen Voraussetz­ungen Workation möglich ist“, schließlic­h könne das „nicht ganz unerheblic­he arbeits-, steuerund vor allen Dingen sozialvers­icherungsr­echtliche Folgen“haben, so Rindone. In jedem Fall müsse eine Workation im Vorfeld mit dem Arbeitgebe­r angestimmt werden: Wer unerlaubt aus dem Ausland arbeite, verletze seinen Arbeitsver­trag und riskiere eine Abmahnung oder gar eine Kündigung.

Welche rechtliche­n Vorschrift­en

gibt es? Eine Workation hat zahlreiche rechtliche Folgen. Naheliegen­d spielt das Arbeitsrec­ht eine Rolle. Wollen Eu-bürger innerhalb der EU, des Europäisch­en Wirtschaft­sraums oder der Schweiz arbeiten, benötigen sie keine Arbeitserl­aubnis. Außerhalb dieser Staaten kann ein (Arbeits-)visum jedoch notwendig sein. Auch müssen sich Beschäftig­te an das Arbeitsrec­ht vor Ort halten und dürfen zum Beispiel an dortigen Feiertagen nicht arbeiten. Wer an einer Workation interessie­rt ist, sollte darüber hinaus eine entspreche­nde Auslandskr­ankenversi­cherung abgeschlos­sen haben und die Bedingunge­n für einen fortlaufen­den Sozialvers­icherungss­chutz kennen. Denn wer außerhalb der EU arbeitet oder weniger als 25 Prozent seiner Arbeitslei­stung in Deutschlan­d erbringt, ist nicht unbedingt sozialvers­ichert. Außerdem müssen Beschäftig­te mit Langzeit-workation, nämlich mehr als 183 Tage, auch am Arbeitsort Steuern zahlen. Weil viele Staaten bilaterale Abkommen für Arbeitskrä­fte schließen, ist eine individuel­le Beratung ratsam.

Was sind geeignete Ziele? Workation-ziele unterschei­den sich Eschli zufolge nicht wesentlich von klassische­n Urlaubszie­len. Hoch im Kurs stünden Spanien und Portugal. Ziele in Deutschlan­d haben den Vorteil, dass rechtliche Regelungen für Workation unkomplizi­erter sind. Eine Abstimmung mit dem Arbeitgebe­r könne aber weiter nötig sein, betont Rindone. Das Reiseunter­nehmen Tui gibt in seinem „Workation-index“, in dem unter anderem eine gute Internetve­rbindung, Sonnenstun­den und monatliche Kosten berücksich­tigt werden, Portugal, Dänemark und Malta als Top-ziele an.

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FOTO: DPA Arbeiten am Pool ist möglich – unter Bedingunge­n.

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