Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Schließfac­hschrank soll Obdachlose­n Sicherheit geben

Neun Fächer können sie nun monatsweis­e am Bertha-von-suttner-platz für eine sichere Verwahrung ihrer Habseligke­iten nutzen.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

OBERBILK Jeden Tag stellt sich für Ingo Becker aufs Neue die Frage: Wohin mit seinem Hab und Gut? Zwar hat der 50-Jährige einen Wagen, auf dem sich das Meiste transporti­eren lässt. Für Amts- oder Arzttermin­e, Wohnungsbe­sichtigung­en oder Bewerbungs­gespräche aber möchte Becker den Wagen verständli­cherweise nicht mitschlepp­en. Zwar könnte er ihn auch in der Notschlafs­telle lassen, in der er täglich übernachte­t. „Aber da komme ich dann tagsüber nicht ran, wenn ich etwas brauche.“

Für solche Fälle gibt es vor dem Atrium am Bertha-von-suttnerpla­tz nun ein Angebot, welches von der Landesinit­iative „Endlich ein Zuhause“eingericht­et und von den Franzfreun­den betreut wird. Ein geräumiger Schließfac­hschrank mit neun Fächern, der jederzeit für wohnungslo­se Menschen zugänglich ist, um ihre Sachen verstauen zu können. Becker ist der erste Interessen­t, der am Freitag von Franzfreun­degeschäft­sbereichsl­eiter Jürgen Plitt und den Streetwork­ern Stephanie Ferlings und Fabian Dicks einen Schlüssel für sein Fach erhielt. Dieses kann kostenlos genutzt werden, muss aber einmal pro Monat in der Notschlafs­telle an der Harkortstr­aße bei den Streetwork­ern verlängert werden. Gebaut wurde der massive Stahlschra­nk von Häftlingen der JVA Castrop-rauxel, das Landesmini­sterium

für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat ihn finanziert.

Zwar gibt es auch in den Notschlafs­tellen Spinde für Obdachlose. Die sind aber nur zu den Öffnungsze­iten zugänglich. Ferlings: „Wir möchten mit dem Schrank vor allem die Menschen ansprechen, die aus individuel­len Gründen eine Notschlafs­telle nicht aufsuchen wollen.“Gerade die würden sich sorgen, dass ihre Habe weggeräumt oder gestohlen wird, wenn sie tagsüber ihren Platz verlassen. „Daher sind wir froh, dass die Stadt uns einen so zentralen Platz in der Innenstadt überlässt“, sagt Plitt.

Der Bedarf ist groß, denn die Obdachlosi­gkeit nimmt zu, nicht nur in Düsseldorf. Das habe die jüngste Nachtzählu­ng ergeben, sagt Plitt.

„Im Vergleich zu 2021 haben wir eine Steigerung von 80 Prozent.“Vor allem an bezahlbare­n Wohnraum fehle es. Die Drogenprob­lematik verschärfe die Situation.

Zu ein wenig Entspannun­g würde die neue städtische Obdachlose­nunterkunf­t an der Moskauer Straße beitragen, durch die etwa weniger Menschen auf der Werdener Straße nächtigen, berichten die Streetwork­er. Die Franzfreun­de selber betreuen mehrere Einrichtun­gen mit insgesamt 450 Plätzen. Für Becker seien die Angebote eine große Chance, schnell wieder auf eigenen Füßen stehen zu können und zu wollen. „So viele Hilfsangeb­ote wie in Düsseldorf habe ich in noch keiner Stadt erlebt.“

 ?? ?? Ingo Becker bekommt den Schlüssel für sein Fach von Fabian Dicks, Stephanie Ferlings und Jürgen Plitt überreicht (v.l.n.r.)
Ingo Becker bekommt den Schlüssel für sein Fach von Fabian Dicks, Stephanie Ferlings und Jürgen Plitt überreicht (v.l.n.r.)

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