Was tun ohne das Sonntags-Ritual?
Sonntag 20.15 Uhr ist TatortZeit. Das ist bei uns gefühlt seit Jahrhunderten so, echt natürlich erst einige Jahrzehnte. Keine Verabredungen werden angenommen, am Telefon wird der Anrufbeantworter ein-, das Glas Wein kaltgestellt. Ein schönes Ritual. Wir als Sonntags-Arbeiter haben so auch einen Anreiz, zügig durch den Tag zu gehen, um dieses feine Ritual einzuhalten. Zur Sicherheit wird natürlich auch der DVD-Festplattenrekorder (auch schon wieder oldschool, oder?) programmiert, obwohl das eigentlich nie nötig ist. Nicht nur, weil um 21.45 Uhr die Wiederholung auf „one“(früher EinsFestival) läuft, sondern weil wir es immer schaffen. Immer!
Und jetzt? Jetzt ist Sommerpause beim Tatort, und es laufen die Wiederholungen. Die gucken wir natürlich nicht! Bloß nicht. Unter unserer Würde. Stattdessen nehmen wir uns – ja, es klingt kess – eine Tatort-Auszeit. Nein, wir gucken einfach mal keinen Tatort. Wir entziehen uns der sonntäglichen Sucht, dem lieb gewonnenen Ritual, lösen uns von der Uhrzeit, entstressen uns von dem Minutenzeiger, der jetzt für uns ganz entspannt auf 20.18 oder sogar 20.25 Uhr fällt. Stattdessen tun wir jetzt was ganz Verwegenes: Wir lesen. Ein Buch nach dem anderen. Wir legen uns damit auf die Terrasse oder kuschelig ins Bett und lesen. Einfach so. Okay, es ist ein Krimi. Aber trotzdem. Sehr nett, so ohne Tatort. Wann fängt der eigentlich wieder an? Anke Kronemeyer