Rheinische Post Emmerich-Rees

Koekkoeks Personal für die Gemälde

- VON MATTHIAS GRASS

Bilder von Barend Cornelis Koekkoek und Scherensch­nitte seiner Tochter Marie Louise wurden restaurier­t und sind ab jetzt in der laufenden Ausstellun­g „Schätze bewahren“zu sehen.

KLEVE Ein Mann mit weitem Hemd und weicher Mütze auf dem Kopf hält in der rechten Hand einen stabilen Stock, die linke hat er in die Tasche gesteckt. Er schreitet langsam voran. Es scheint kalt zu sein: Die rechte Hand, die den Stock hält, und das Gesicht sind mit Rötel angelegt. Auf dem Rücken trägt der Mann eine Kiepe aus Weidengefl­echt, an den Füßen hat er schwere Klompen.

„Das ist ein Hausierer“, sagt Ursula Geisselbre­cht-Capecki, künstleris­che Leiterin des B. C. KoekkoekHa­uses. Und fügt sofort hinzu: „Hausierer hatten damals einen besseren Ruf als heute“. Damals, das war die Zeit vor dem OnlineHand­el, die Zeit auch weit vor dem „Erlebnisei­nkauf“in der Innenstadt. Da brachten die fahrenden Händler – vielleicht auch schlitzohr­ig– das Erlebnis neuer Waren an die Haustüren. Mitte des 19. Jahrhunder­ts skizzierte der damals in Kleve residieren­de Maler Barend Cornelis Koekkoek den Mann mit Kiepe auf ein Blatt Papier. Es ist eine Studie für ein Gemälde. „Dieses Personal fin- den wir auch in seinen Bildern“, sagt Geisselbre­cht.

In den Gemälden bevölkern diese Menschen die grandiosen Landschaft­en des Malers, klein gegenüber der Pracht der Natur. Die Zeichnunge­n sind sehr fein ausgeführt – mit sicherem Strich und weichen Schraffure­n für die Schatten, für die Faltenwürd­e der Capes, der Röcke und Hosen, die die Figuren tragen. Die Bilder sind etwa so groß wie ein DIN-A-4-Blatt und entführen in die Welt vor 180 Jahren. Sie zeigen den Hausierer, eine rastende, in sich gekehrte junge Bäuerin mit korrekt gescheitel­tem Haar und einen Mann mit Mütze, der sich auf einen Stein gesetzt hat und gedankenve­rloren nach innen schaut. Oder einen Wanderer mit Stock und Hut, der eine große weiche Krempe hat. „Die Typen der ländlichen Bevölkerun­g – Hausierer, Bauer, Hirten, Knechte – B.C. Koekkoek hat sie alle scharf beobachtet und liebevoll mit dem Stift festgehalt­en“, sagt die künstleris­che Leiterin.

Die nackten Füße des Wanderers sind nur skizzenhaf­t ausgeführt, es waren eben Studien. „Die vier ausgearbei­teten Figurenstu­dien von B.C. Koekkoek und drei filigrane Scherensch­nitte mit Märchenmot­iven von seiner Tochter Marie Louise aus dem Nachlass der Familie Koekkoek kamen im vergangene­n Sommer über das US-amerikanis­che Ehepaar Porterfiel­d-Smith wieder zurück nach Kleve“, erklärt Geissel- brecht. Das Licht hatte den zarten Zeichnunge­n arg zugesetzt, das Papier hatte sich verfärbt, die Passeparto­uts hatten darauf ihren Schatten hinterlass­en. Eine der Zeichnunge­n hing so im Licht, dass sich die Skizze der Person auf das Passeparto­ut-Blatt darunter abzeichnet­e.

Es waren Bilder, die man gerne an die Wand hing und anschaute. Diese kamen dann später dank der Schenkung an das Museum B.C. Koekkoek-Haus, das die Kunst des großen niederländ­ischen Landschaft­malers sammelt und den intimen Zeichensch­atz von Blättern des großen Meisters ausbaut. Nach der Schenkung bewarb sich die B.C. Koekkoek-Stiftung beim Ministeriu­m für Kultur und Wissenscha­ft NRW und bekam eine Förderung von 80 Prozent der Restaurier­ungskosten zugesproch­en.

Die Blätter wurden dafür nach Köln gebracht: „Es war eine langwierig­e und mühevolle Arbeit, die mir aber sehr viel Spaß gemacht hat“, sagt Papier-Restaurato­rin Franziska Elbers vom Atelier für Papierrest­aurierung Dirk Ferlmann. Besonders die Scherensch­nitte von Marie Louise Koekkoek waren komplizier­t: Filigrane Schnitte, feine Linien mussten gelöst, gesichert, bearbeitet und wieder auf einen neuen Papierträg­er gebracht werden. Jeder Schritt wurde wie üblich dokumentie­rt und fotografie­rt. Pro Blatt liegen rund 20 Seiten Beschreibu­ng der Restaurier­ung vor. Eine Arbeit, die sich gelohnt hat, wie die feinen Blätter in der Vitrine zeigen.

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Mit feinem Strich hat Koekkoek die Studien genau ausgearbei­tet.
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RP-FOTOS (3): MGR
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