KULTURTIPPS
Englischer Klassiker endlich als Lesung
Hörbuch Eines der herrlichsten Bücher der britischen Literaturgeschichte findet hierzulande endlich einen größeren Leserkreis. Der Romanzyklus „Ein Tanz zur Musik der Zeit“erzählt in zwölf Bänden aus dem Leben der englischen Upperclass vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre. Daheim wird sein Autor Anthony Powell wie ein englischer Proust verehrt, in Deutschland sind mehrere Anläufe gescheitert, sein zwischen 1952 und 1975 erschienenes Hauptwerk zu übersetzen. Der Elfenbein-Verlag übernimmt nun erneut diese Mission. Der erste Band, „Eine Frage der Erziehung“, ist soeben als Hörbuch erschienen, gelesen von Frank Arnold. Er verleiht dieser anspielungsreichen und tatsächlich an Proust und gelegentlich an Evelyn Waugh erinnernden Prosa den richtigen Ton. Elegant gewebte Sätze, zarte Beobachtungen, feinster Humor und viele Ausflüge in die Kunstgeschichte. Hoffentlich werden auch die übrigen Bände eingesprochen. Philipp Holstein Anthony Powell: schlagbaren Günter Wand, an den Entdecker John Eliot Gardiner. Karajan war immer ein sehr, sehr guter Brahms-Interpret. Bernstein putschte sich an Brahms auf und goss all sein Herzblut hinein (das war nicht wenig). Toscanini vereiste ihn, um ihn herrlich wieder auzutauen. Norrington legte ihn mitsamt den Strukturen frei.
Jetzt kommt Paavo Järvi und erzählt mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen die Geschichte dieses Stückes als die einer Kammermusik-Komposition, deren Schichten sozusagen nebenbei eine Sinfonie ergeben. Järvi und seine Musiker enhüllen (auf dieser RCACD) viele Details, aber sie sind keine Präparatoren, die ihre Funde für die Nachwelt in die Vitrine stellen. Dieser Brahms ist lebendig, hellwach, kein Altmeister, sondern ein Feuerkopf, der zugleich das Prinzip Beethoven erweiterte und mit neuem Leben erfüllte. Wolfram Goertz