Einmal Hawaii und nie wieder
Triathlon: Die Schermbeckerin Britta Falkenstein startet zum ersten Mal bei dem legendären Ironman-Wettbewerb und quält sich ins Ziel. „Das war keine positive Erfahrung“, sagt die 50-Jährige. Eine Wiederholung schließt sie deshalb aus.
NIEDERRHEIN „You are an Ironman, Britta!“– mit diesem legendären Satz, über Lautsprecher an der Ziellinie verkündet, stieg Britta Falkenstein nach zwölf Stunden und 38 Minuten schier endloser Anstrengung in den Olymp der Triathleten auf. Die 50-jährige Sportlerin aus Schermbeck erreichte beim Ironman Hawaii, dem berühmtesten Triathlon, das Ziel.
Hawaii gilt als der Traum vieler Triathleten, das sportliche Sehnsuchtsziel schlechthin. Nicht für Britta Falkenstein. „Einen Start beim Ironman dort hatte ich eigentlich nie geplant“, sagt sie nach ihrer Rückkehr nach Schermbeck. Zur Teilnahme braucht es eine Qualifikation, für Amateur-Athleten ist es der Gewinn der Altersklasse bei ei-
„Gefühlt wollte ich wohl tausend Mal aufgeben. Es sind nicht die Beine,
es ist der Kopf.“
Britta Falkenstein nem Wettkampf in der Langdistanz über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einem Marathon-Lauf. Als sie im Frühjahr den Ironman Lanzarote absolvierte, freute Britta Falkenstein sich zunächst über einen tollen zweiten Altersklassen-Rang. Dann die Überraschung: Die Erstplatzierte verzichtete auf den Hawaii-Start. Ihr Platz ging an Falkenstein.
Während bei Familie, Freunden und ihrem Verein, dem SV Gladbeck, der Jubel losbrach, kamen bei Britta Falkenstein erste Zweifel auf. „Im Frühjahr Lanzarote, im Sommer den Ostseeman in Glücksburg und dann noch im Herbst Hawaii?“Zur erwarteten körperlichen Belastung – große Hitze und extreme Luftfeuchtigkeit – kamen die Kosten. „Allein die Teilnahme-Gebühr betrug 950 Dollar“, sagt sie. Kein Pappenstiel. Dazu das Geld für Flüge und Apartment. Zudem die hohen Lebenskosten auf der Insel. „Für ein Brot zahlt man sechs Dollar, Milch ist genauso teuer.“Da war eine fünfstellige Summe schnell erreicht. Zumal sie von ihrer Nichte, ihrer Schwägerin und ihrem wichtigsten Unterstützer, Ehemann Markus Falkenstein, begleitet wurde.
Ihre frühen Bedenken bestätigten sich am Wettkampfort Kailua-Kona. Die Hitze dort traf sie wie ein Hammer. „Auf der Radstrecke in der Wüste hatten wir morgens um 9 Uhr schon 37 Grad“, sagt Falkenstein. Sich zum Training zu motivieren, fiel ihr bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit extrem schwer. Letztendlich dachte sie an ihre Unterstützer daheim. „Ich wollte sie doch alle nicht enttäuschen.“Aber der Gedanke blieb. „Das schaffe ich nicht.“
Doch Britta Falkenstein startete schließlich und absolvierte den „härtesten Wettkampfs meines Lebens“. Währenddessen fieberten ihre Fans zu Hause mit, verfolgten über Nacht den Livestream im Internet, der über jede Wettkampfminute und jeden absolvierten Kilometer der Athleten Auskunft gab. Auch Markus Falkenstein schickte Zweischenstände ins ferne Deutschland.
Das Schwimmen, eigentlich nicht ihre Paradedisziplin, verlief überraschend gut. Nach 1:24 Stunden kam die Schermbeckerin aus dem Wasser. „Ich war richtig entspannt beim Schwimmen.“Doch dann das Radfahren. Schon nach wenigen Kilometern bekam sie Rückenschmerzen. Mehrmals hielt sie an, stellte die Sattelhöhe um. 180 Kilometer quälte sie sich – über 1500 Höhenmeter, durch schattenlose Lavawüste, mit heftigsten Seitenwinden, bei denen viele stürzten. „Gefühlt woll- te ich wohl tausend Mal aufgeben“, sagt Britta Falkenstein. Irgendwie gelang es ihr doch, sich zu motivieren. „Es sind nicht die Beine, die können das“, sagte sie sich, „es ist der Kopf.“Den überzeugte sie und beendete die Qualen auf dem Rad nach 6:50 Stunden.
Und dann wartete der Marathon. „Laufen ist eigentlich mein Ding“, sagt sie. Doch auf Hawaii ist nun einmal alles anders. Bei Kilometer fünf warteten ihre Fans. Markus Falkenstein hielt die Szene als Handyvideo fest. Ein Schock für die Daheimgebliebenen. „Ich schaff das nicht“, sagte sie gequält im Vorbeilaufen zu ihrem Mann. Doch der blieb cool. „Du bist der Hammer, du schaffst das, Britta“, rief er ihr eindringlich zu. Er sollte Recht behalten. Doch zunächst blieben ihr noch mehr als 37 Kilometer in der glühenden Hitze. Und in Einsamkeit.
„Weiter draußen steht kein Mensch mehr am Straßenrand.“Die letzten zwei Laufstunden musste sie sogar in der Dunkelheit absolvieren. Hin und wieder traf sie weitere Athleten. „Viele von ihnen torkelten nur noch.“Letztendlich gab ihr das aber noch mal Auftrieb. „Als ich merkte, dass ich einige überholen konnte, ging es besser.“Mit einer respektablen Zeit von 4:15 Stunden beendete sie den Marathon.
Im Ziel dann die ungeheure Erleichterung. „Es war ein tolles Gefühl, eigentlich nur noch mit der Geburt unseres Sohns Nils zu vergleichen.“Während sie ihren Triumph genoss, trocknete man auch in Schermbeck und Gladbeck ein paar Freudentränen. Ihren Freunden daheim ist die Sportlerin ohnehin unendlich dankbar: „Ohne deren Unterstützung schon im Vorfeld hätte ich es nie geschafft.“
Mittlerweile macht die Ausdauersportlerin schon wieder neue Pläne. Aber auf keinen Fall noch mal Hawaii. „Es war eine intensive Erfahrung, aber nicht unbedingt eine positive.“
Zum Ironman nach Klagenfurt möchte sie im nächsten Jahr, 2019 vielleicht sogar nach Südafrika. „Doch davon muss ich meinen Mann erst überzeugen. Der muss auf jeden Fall mit.“