Fußfessel für Gefährder in NRW
Die Landesregierung will 2018 die gesetzliche Grundlage für die elektronische Überwachung von Gefährdern und für die Einführung einer besonderen Form der Schleierfahndung schaffen.
DÜSSELDORF Die schwarz-gelbe Landesregierung will im kommenden Jahr die Grundlagen zur Einführung der elektronischen Fußfessel für Gefährder in NRW schaffen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte im Interview mit unserer Redaktion: „Es ist vorgesehen, dass wir die Details zum Plan für die Fußfessel schon im neuen Jahr vorlegen.“
Polizeiexperten fordern die Einführung der Überwachungstechnik seit Langem. Vor allem der Zulauf radikal-islamistischer Strömungen bindet in NRW erhebliche Observations-Kapazitäten. Laut jüngstem Verfassungsschutzbericht leben 2900 Salafisten in NRW. Davon stufen die Behörden 240 als Gefährder ein, denen potenziell auch terroristische Anschläge zugetraut werden.
Der Deutsche Bundestag hat die Anwendung der Fußfessel für Gefährder schon im April per Gesetz genehmigt. Allerdings nur für jene Gefährder, für die das Bundeskriminalamt (BKA) zuständig ist. Nach Angaben der Behörde obliegt die Zuständigkeit für die GefährderÜberwachung aber in aller Regel den Ländern. Diese müssen eigene Gesetze beschließen, wenn sie elektronische Fußfesseln für Gefährder anwenden wollen. Bislang kam das Instrument kaum zum Einsatz, weil bis vor wenigen Wochen nur Bayern die juristischen Voraussetzungen geschaffen hatte.
„Wir werden die elektronische Fußfessel für terroristische Gefährder im Sinne des BKA-Gesetzes im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz verankern, und zwar rechtskonform“, sagte Laschet. Laut BKAGesetz darf die Fußfessel nur auf richterliche Anordnung vorgeschrieben werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gefährder einen Anschlag begehen könnte oder sein Verhalten darauf hindeutet.
Die Grünen im Landtag sehen Laschets Ankündigung skeptisch: „Die vermeintliche Wunderwaffe taugt nur sehr eingeschränkt“, sagte Fraktionschefin Monika Düker. Die Verfassung erlaube den Einsatz nur bei wenigen sehr gefährlichen Personen. Außerdem werde „eine Fußfessel keinen potenziellen Attentäter von einem Anschlag abhalten“, so Düker unter Verweis auf ein Attentat im französischen Saint-Etiennedu-Rouvray: Dort kam es im Sommer 2016 zu einem tödlichen Anschlag auf einen Dorfpfarrer in dessen Kirche. Einer der beiden Täter trug eine elektronische Fußfessel.
Die Polizeigewerkschaft GdP begrüßt die Einführung der elektronischen Fußfessel in NRW hingegen. GdP-NRW-Chef Arnold Plickert sag- te: „Wir sind zu 100 Prozent dafür. Wir können in NRW nicht Hunderte von Gefährdern observieren.“Die Fußfessel garantiere zwar keinen absoluten Schutz vor Anschlägen. „Aber wir bekommen Bewegungsbilder“, so Plickert. Damit sind laut Experten Rückschlüsse auf Kontakte und Aktivitäten von Gefährdern möglich. So könne schon die Vorbereitung eines Attentats auffliegen.
Die Einführung der Fußfessel ist Teil eines größeren Maßnahmenpaketes zur inneren Sicherheit, auf die Laschet in den kommenden Monaten einen Schwerpunkt seiner Arbeit legen will. Dazu gehört auch die im Wahlkampf bereits angekündigte Schleierfahndung, die der Polizei die verdachtsunabhängige Kontrolle von Personen und Fahrzeugen ermöglichen soll. Mit Rücksicht auf die FDP einigte sich die schwarzgelbe Regierung in Düsseldorf aber auf das Konzept der „strategischen Fahndung“, die zwar keinen Verdacht, aber einen formalen Anlass voraussetzt. Der kann zum Beispiel aus einer landesweit steigenden Einbruchsquote bestehen.