Der Mann, der bei Nelson Müller lernte
Oliver Huying steht im Gasthof Tepferdt in der Küche. Der junge Mann aus Haldern und sein ungewöhnlicher Weg zum Koch.
HALDERN (rau) Oliver Huying wird oft auf seine Lehrzeit angesprochen. „Ich hab’ deinen früheren Chef wieder im Fernsehen gesehen“, heißt es dann. Der Halderner hat beim Sternekoch Nelson Müller im Essener Restaurant Schote seinen Beruf erlernt. „Eine Zeit, die mich geformt hat, die anstrengend und lehrreich zugleich war“, sagt der 25-Jährige. Inzwischen arbeitet der junge Mann als Koch im elterlichen Betrieb, dem Gasthof Tepferdt.
„Ich bin halt ein heimatverbundener Mensch“, sagt er. Daher haben ihn weitere Lehr- und Wanderjahre im Ausland und auf Ausflugsschiffen nicht so sehr gereizt. Seine früheren Kollegen aus Essen vermisst er manchmal. „Das ist ja wie eine große Familie. Das Gemeinschaftsgefühl ist enorm, wenn nach getaner Arbeit der Stress nachlässt“, sagt er rückblickend.
Koch zu werden, dass konnte sich Huying schon als Jugendlicher vorstellen, der gern in die Töpfe schaute, wenn Mutter Barbara kochte. Aber nach dem Abitur schlug bei der Berufswahl das Pendel doch zugunsten eines Studiums aus, Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen. „Viel zu theoretisch“, befand er schon nach kurzer Zeit. „Er hat halt ein Koch-Gen“, musste sein Vater Wolfgang Huying feststellen. Eine Bewerbung, vier Wochen vor Beginn der Ausbildungszeit 2014, erwies sich als zu kurzfristig. Durch Beziehungen erhielt er die Chance, eine Woche auf Probe bei Nelson Müller zu arbeiten. „Der hatte schon drei Azubis eine Lehrstelle zugesagt, wollte eigentlich keinen vierten“, weiß er. In der Probewoche überzeugte er, so dass Müller ihm doch einen Ausbildungsplatz einräumte.
Der Stress in Restaurantküchen während der Stoßzeiten ist immens, der Ton entsprechend rau. „Da habe ich auch mal zu meinen Eltern gesagt: ‘Morgen fahre ich nicht mehr
Oliver Huying hin!’“, kann sich Oliver Huying noch gut erinnern. „Aber er hat sich durchgebissen“, sagt sein Vater. Klar, dass sich die Eltern hin und wieder Sorgen um die Gesundheit ihres Sohnes gemacht haben. Die drei, die mit dem Halderner als Azubis gestartet waren, sprangen vorzeitig ab. „Kochen ist kein Beruf, das ist Hobby.“Diesen Satz wiederholt er auch schon mal, wenn er bei Einladungen zu spät kommt wegen seiner freizeitunfreundlichen Arbeitszeiten.
Nelson Müller hat er in guter Erinnerung. „Es ist tatsächlich so fröhlich und oft gut gelaunt, wie er im TV rüberkommt“, sagt er. Natürlich habe er als Chef nichts durchgehen lassen. „Und schlechte Laune hat jeder mal, erst recht, wenn die Nerven blank liegen“, sagt er. Müller sei aber viel unterwegs gewesen und wenn, dann abends in der Schote aufgetaucht. „Für einen SterneKoch war er aber recht häufig dort anzutreffen“, weiß Huying.
Seine Ausbildung umfasste alle Bereiche, Vorspeisen, Beilagen, Soßen und Fleisch, Pâtisserie und auch Service. „Ich bin schon der Fleisch-Typ, dieser Bereich hat mir am meisten Spaß gemacht“, sagt er. „Die meiste Zeit nimmt die Vorbereitungszeit des Sterne-Essens in Anspruch.“Sieben Stunden lang waren sechs Köche mit dem Kochen von Fonds, den Parieren des Fleisches und anderen Dingen beschäftigt. Für ein Essen für 40 Leute.
Auf dem Land seien die Leute nicht bereit, die Preise für ein solches Sterne-Essen zu zahlen. Dennoch hat Oliver Huying, dem mittlerweile ein Azubi zur Seite steht, einiges aus der Lehre „mitgenommen“. „Wir machen alles frisch“, sagt er. Auf Wunsch spielt er hin und wieder die gesamte Klaviatur seines Könnens. „Wenn jemand kommt, zum Hochzeitstag beispielsweise und ein Sterne-Menü möchte, bereite ich das natürlich gerne zu“, sagt Oliver Huying. Es muss natürlich auch zeitlich passen. Denn das Hauptstandbein des ländlichen Gasthofs sind die Gesellschaften.
„Kochen ist kein Beruf,
das ist Hobby“