Rheinische Post Emmerich-Rees

Wirtschaft­skrimi: Letzte Spur in Rees

- VON HELMUT SCHEFFLER UND CHRISTIAN HAGEMANN

Eine Umweltsaue­rei im Kreis Wesel. Dazu ein Geschäftsm­ann, der einen Abschiedsb­rief hinterläss­t, seinen Tod vortäuscht und sich nach Afrika absetzt. Sein Handy ortete die Polizei zum letzten Mal in Rees. Jetzt wurde er gefasst.

REES/HÜNXE Der Fall hat alles, um als Krimi im Kino ein Erfolg zu werden: Ein Geschäftsm­ann täuscht seinen Tod vor, hinterläss­t auf einer Deponie einen Umweltskan­dal, setzt sich nach Afrika ab, wird dort aufgespürt – und mittendrin hat auch noch das kleine Rees in dem großen Fall seinen Platz.

Es geht um Ingo L ., der ehemalige Prokurist einer Firma, auf deren Kappe eine riesige Umweltsaue­rei im Kreis Wesel geht.

Im vergangene­n August verlor sich seine Spur in Rees. Die Kripo war ihm auf den Fersen und ortete zum letzten Mal sein Handy am Niederrhei­n. Zuvor hatte der Mann einen Abschiedsb­rief hinterlass­en. Warf er womöglich sein Handy in den Rhein, um den Eindruck zu erwecken, er sei hineingesp­rungen und ertrunken?

Die Polizei schien der These nicht zu trauen, weil nämlich auch seine Leiche nicht gefunden wurde.

Dennoch setzte sie eine Suchmeldun­g über die Zeitungen ab: „Die Polizei sucht den 55-jährigen Ingo L. aus Solingen-Hästen. Letztmalig hatte Ingo L. am 18. August dieses Jahres Kontakt zu seiner Lebensgefä­hrtin, die im Raum Solingen wohnt. Anschließe­nd entfernte er sich. Wohin, ist nicht bekannt. Da Suizidgefa­hr für den Solinger nicht ausgeschlo­ssen werden kann, hat die Polizei die Ermittlung­en aufgenomme­n“, hieß es Ende August.

Und nun das: Wie das Bundeskrim­inalamt (BKA) mitgeteilt hat, konnten Zielfahnde­r bereits vergangene Woche am Frankfurte­r Flugha- fen diesen Mann festnehmen. Ingo L. steht unter dem Verdacht, durch das illegale Entsorgen von Ölpellets Gewinne in Millionenh­öhe erwirtscha­ftet zu haben.

„Das Landgerich­t Bochum erließ einen Haftbefehl wegen einer schweren Umweltstra­ftat, Betruges sowie Untreue“, teilt das BKA mit. Obwohl der Tatverdäch­tige in einem Abschiedsb­rief seinen Tod vortäuscht­e, konnten ihn die Zielfahnde­r des BKA im südafrikan­ischen Namibia aufspüren.

Durch die gute internatio­nale Zusammenar­beit sei es gelungen, so das BKA, den Tatverdäch­tigen nach Deutschlan­d abzuschieb­en und am Flughafen in Frankfurt festzunehm­en. Zuletzt hatte es in Schermbeck immer wieder Gerüchte gegeben, dass Ingo L. noch lebt.

Ingo L. war als Prokurist bei der Firma Nottenkämp­er eingestell­t worden und blieb in dieser Funktion bis Juli 2014. Parallel dazu betrieb er aber noch das Maklerunte­rnehmen Wasteconsu­lting GmbH auf dem Gelände der Firma Nottenkämp­er in Oberhausen. Diese Firma befasste sich hauptsächl­ich mit der Sammlung und Entsorgung von Industriea­bfällen. Bis zum Verschwind­en von Ingo L. war am Landgerich­t Bochum ein Verfahren gegen ihn anhängig.

Mit seiner Festnahme kann jetzt möglicherw­eise geklärt werden, wieso an allen Kontrollme­chanismen der Firma Nottenkämp­er vorbei mehr als 30.000 Tonnen Ölpellets und etwa 35.000 Tonen Krono- carb auf dem Mühlenberg in Schermbeck abgelagert werden konnten.

Als einen „schändlich­en Vertrauens­missbrauch“bewertete Nottenkämp­er das Handeln seines ehemaligen Mitarbeite­rs. Jetzt kann er zu den betriebsin­ternen Kontrollen vom Staatsanwa­lt am Landgerich­t Bochum selbst verhört werden und vielleicht klären, wer ihm geholfen hat, die unerlaubte Anlieferun­g von Ölpellets an allen Kontrollen der Firma vorbei zu managen.

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RP-FOTO: ARCHIV In Rees verlor sich die Spur des Geschäftsm­annes. Wollte er seinen Selbstmord am Rhein vortäusche­n, um sich abzusetzen? Zuvor hatte er einen Abschiedsb­rief hinterlass­en.

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