IG BCE fordert doppeltes Urlaubsgeld
Zum Auftakt der Tarifverhandlungen in der chemischen Industrie geht die Gewerkschaft mit einer Lohnforderung nach sechs Prozent ins Rennen. Auch die Themen Jahressonderzahlung und Arbeitszeit sollen angegangen werden.
DÜSSELDORF Die IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE) reiht sich in den diesjährigen Forderungs-Kanon ein: Wie schon die IG Metall und die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst, verlangt auch sie ein Lohnplus von sechs Prozent. IGBCE-Verhandlungsführer Ralf Sikorski sprach von einer „vollkommen angemessenen Forderung“. Produktion, Umsatz und Profite seien in der Branche bereits im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, für 2018 werde mit weiteren Zuwächsen gerechnet.
Noch handelt es sich um eine Forderungsempfehlung des Hauptvorstandes, doch es kommen bereits zustimmende Signale – etwa aus dem einflussreichen Bezirk Nordrhein. Dessen Chef, Frank Löllgen, sagte unserer Redaktion: „Die Forderung passt zu unserem Bezirk. 7,4 Prozent Umsatzsteigerung im vergangenen Jahr, und der VCI geht von einem Wachstum zwischen 2,5 und 2,8 Prozent im laufenden Jahr aus.“Auch eine Betriebsrätebefragung habe ergeben, dass 75 Prozent von einer gleichen oder besseren Geschäftstätigkeit ausgehen. „Auch angesichts der laufend verkündeten Rekorddividenden sehe ich da keinen Bedarf für Zurückhaltung“, sagte Löllgen.
Die Forderung hat jedoch noch weitere Komponenten. IG-BCEChef Michael Vassiliadis hatte bereits im Gespräch mit unserer Redaktion angekündigt, dass es zudem eine „soziale Komponente“geben werde. Konkret verlangt die Gewerkschaft eine Anhebung des Urlaubsgelds von derzeit 20,45 Euro pro Urlaubstag auf 40 Euro für Vollzeitbeschäftigte und von derzeit 449,94 Euro auf 900 Euro jährlich für Auszubildende.
„Seit 1997 haben wir das Thema Urlaubsgeld nicht mehr angefasst“, sagt Bezirksleiter Frank Löllgen. „In der chemischen Industrie liegen wir im Branchenvergleich beim Urlaubsgeld im unteren Drittel. Inso- fern wurde es jetzt auch mal Zeit für eine Anpassung. Eine Verdoppelung halte ich für völlig vertretbar.“
Der dritte Aspekt umfasst das Thema Arbeitsbelastung. Die IG BCE wolle dem „verstärkten Wunsch der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität“gerecht werden und Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitsysteme weiterentwickeln.
„Wir müssen das Thema Personalausstattung angehen“, sagt dazu Löllgen. Durch tarifliche und betriebliche Vereinbarungen zur Entlastung einzelner Arbeitnehmer komme es vor allem in Zeiten hoher Krankenstände zu Belastungen für die restliche Belegschaft. „Wir brauchen künftig Arbeitszeitsysteme, die Entlastungen für alle Arbeitnehmer bringen. Das ist natürlich hoch komplex. Aber zumindest einen Gesprächseinstieg müssen wir in dieser Runde hinbekommen.“
Die Arbeitgeber reagierten erwartungsgemäß zurückhaltend auf das, was da gestern in Hannover präsen- tiert wurde: „Bei allem begründeten Optimismus: Die IG BCE muss aufpassen, dass sie die Bodenhaftung behält“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Chemie-Arbeitgeberverbandes BAVC, Klaus-Peter Stiller. „Sechs Prozent mehr Entgelt und ein Prozent on top für mehr Urlaubsgeld – das ist mit uns nicht zu machen.“Wenn die chemische Industrie als Branche weiter wachsen wollen, sei eine besonnene Tarifpolitik nötig, sagte er. „Eine einmalige Boom-Phase können wir unter anderem mit Einmalzahlungen honorieren. Dann sind wir besser aufgestellt, sobald der Weg wieder steiniger wird.“Nachholbedarf gebe es nicht: „In der Chemie verdient ein Tarifmitarbeiter in Vollzeit schon heute im Schnitt mehr als 59.000 Euro im Jahr.“
Mitte Juni wird die Bundestarifkommission die Forderung endgültig beschließen, am 20. Juni beginnen die Gespräche in den regionalen Tarifbereichen. Im September wird auf Bundesebene verhandelt.