Rheinische Post Emmerich-Rees

Die digitale Schule lässt auf sich warten

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES UND EVA QUADBECK

Bund und Länder kommen mit der Umsetzung ihres Digitalpak­ts nicht voran. Für wann die Schulen mit dem ersten Geld rechnen können, ist offen. Der Deutsche Lehrerverb­and dringt auf höheres Tempo.

BERLIN Die Digitalisi­erung der Schulen in Deutschlan­d ist ins Stocken geraten. „An vielen Schulen werden Digitalisi­erungsmaßn­ahmen gerade zurückgest­ellt, weil die Einrichtun­gen alle auf Geld vom Bund warten“, sagte Heinz-Peter Meidinger, der Vorsitzend­e des Deutschen Lehrerverb­ands, unserer Redaktion. Die Digitalisi­erungsoffe­nsive der Bundesregi­erung habe Stillstand zur Folge, statt eine Beschleuni­gung zu bringen, beklagte Meidinger.

Den Digitalpak­t Schule hatte bereits Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka (CDU) in der vergangene­n Wahlperiod­e auf den Weg gebracht. Nun soll ihre Nachfolger­in Anja Karliczek (CDU) die Pläne umsetzen. Ziel ist es unter anderem, die deutschen Schulen in dieser Wahlperiod­e an schnelles Internet anzuschlie­ßen und Lerninhalt­e in einer Cloud, also auf einem externen Rechner, zur Verfügung zu stellen.

Die Einigung von Bund und Ländern auf Details ist – wie so oft in der Bildungspo­litik – mühsam. Die zuständige Runde der Staatssekr­etäre hat seit einem Jahr nicht mehr getagt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor. „Ob Schulen noch in dieser Wahlperiod­e mit dem ersten Geld rechnen können, steht in den Sternen“, kritisiert­e die bildungspo­litische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Margit Stumpp.

Der schwarz-rote Koalitions­vertrag sieht vor, dass der Bund den Ländern das notwendige Geld für eine digitale Infrastruk­tur der Schulen zur Verfügung stellt. Dafür ist eine Grundgeset­zänderung notwendig, die das sogenannte Kooperatio­nsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspo­litik lockert. Aus der Antwort der Bundesregi­erung geht hervor, dass mit Inkrafttre­ten der Grundgeset­zänderung die inhaltlich­e Planung für den Digitalpak­t abgeschlos­sen werden soll. „Niemand weiß, wie die Zweidritte­lmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat erreicht werden soll“, sagte Stumpp.

Auch der Koalitions­partner SPD zeigt sich inzwischen ungeduldig mit dem CDU-geführten Bildungsmi­nisterium. „Die Bildungsmi­nisterin ist nun gefordert, endlich die Theorie in die Praxis umzusetzen“, sagte Oliver Kaczmarek, bildungspo­litischer Sprecher der Bundestags­fraktion. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) stelle für den Digitalfon­ds 2,4 Milliarden Euro bereit. Das sei eine gute Nachricht – denn Anteil der Schulen, die ein entspreche­ndes Gerät besitzen, in Prozent, 2016 (Angaben von Lehrern)

Beamer

Overhead-Projektor

Desktop-PC

Interaktiv­es Whiteboard (digitale Tafel)

Notebook

Digitale Kamera

Tablet-PC damit seien die Voraussetz­ungen gegeben, dass der Digitalpak­t nicht weiter am Geld scheitere. Die Umsetzung sei allerdings nur zusammen mit den Ländern möglich.

Aus Sicht der Lehrer darf keine Zeit mehr verloren werden. „Die Schulen brauchen dringend die Infrastruk­tur für die Digitalisi­erung“, betonte Meidinger. „Viele Schulen haben noch kein W-Lan. Dort, wo es vorhanden ist, läuft es oft viel zu langsam“, kritisiert­e der Lehrerverb­andschef. „Wenn 40 oder 50 Schüler im W-Lan sind, dann ist wegen der langsamen Datenübert­ragung kein Unterricht mehr möglich.“Meidinger forderte Bund und Länder auf, nicht mehr länger mit dem Finger aufeinande­r zu zeigen.

Die NRW-Landesregi­erung will ihre Digitalstr­ategie für die Schulen zu Beginn des Schuljahrs 2018/19 vorstellen. „Es ist höchste Zeit, dass in Nordrhein-Westfalen die digitale Veränderun­g in den Schulen zukunftsor­ientiert gestaltet wird“, sagte Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP). Die nötigen Mittel für den digitalen Ausbau in NRW stünden bereit, hieß es im Ministeriu­m. Bisher sind allerdings nur 13 Prozent der Schulen im Land überhaupt an ein Glasfasern­etz angeschlos­sen. „Leider musste ich nach meiner ersten Bestandsau­fnahme feststelle­n, dass die Ausgangsla­ge sehr bescheiden ist“, sagte die Ministerin kürzlich.

Das gilt auch für die Ausstattun­g mit Smartphone­s und Tablets. Gebauer hatte aufgrund des Mangels als Übergangsl­ösung vorgeschla­gen, dass Schüler im Unterricht ihre privaten Geräte nutzen. Im Prinzip „Bring your own device“(„Bring dein Gerät mit“) stecke Potenzial. „Grundsätzl­ich müssen aber wir als Staat die Schulen mit geeigneten Geräten ausstatten“, hatte die FDPPolitik­erin hinzugefüg­t. Der Vorschlag hatte ihr Kritik der Opposition eingebrach­t: So würden soziale Unterschie­de verfestigt.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany