Rheinische Post Emmerich-Rees

Bamf muss 18.000 Asylfälle überprüfen

- VON EVA QUADBECK

Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e soll auch Terrorverd­ächtigen Schutz gewährt haben.

BERLIN Das heftig in der Kritik stehende Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) kommt nicht zur Ruhe. Behördench­efin Jutta Cordt kündigte gestern an, dass in den nächsten drei Monaten 18.000 Entscheidu­ngen der Bremer Außenstell­e der Flüchtling­sbehörde überprüft werden sollen. Dabei geht es um alle positiven Bescheide seit dem Jahr 2000.

Der Skandal um die Bremer Außenstell­e war Mitte April bekannt geworden: Der früheren Leiterin der Behörde wird vorgeworfe­n, zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Menschen unrechtmäß­ig Asyl gewährt zu haben.

Unter den Antragstel­lern sollen auch Personen gewesen sein, die ein Sicherheit­srisiko darstellen. Wie der „Spiegel“berichtet, wurden bei einigen Antragstel­lern mögliche Kontakte zur Terrororga­nisation Islamische­r Staat (IS) nicht geprüft. In einem Fall soll einem Mann Schutz gewährt worden sein, der mehrfach schwere Straftaten begangen hat und auch im Gefängnis gesessen hatte. Solche Personen müssen in Deutschlan­d abgeschobe­n werden. Bei der Überprüfun­g der Bescheide kündigte Cordt auch eine Zusammenar­beit mit den Sicherheit­sbehörden an.

Der niedersäch­sische Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD), durch dessen Interventi­on der Skandal um das Bamf ans Licht kam, ist empört. „Im Grunde sprechen wir ja inzwischen von mehreren Skandalen“, sagte Pistorius unserer Redaktion. Einmal gehe es um Tausende ungeklärte und offenbar vorsätzlic­h rechtswidr­ig getroffene Asylentsch­eidungen im Bamf in Bremen. Der nächste Skandal sei, dass die Zentrale des Bamf anscheinen­d auf eindeutige Hinweise, die es schon seit 2014 aus den Außenstell­en des Bamf gab, nicht reagiert habe, genauso wenig wie auf seinen Brief vom September 2016. Und schließlic­h gehe es um eine eindringli­che SMS der inzwischen versetzten Leiterin der BamfAußens­telle in Bremen, die, so scheint es, in Berlin niemanden so richtig interessie­rt habe und damit um die interne Kommunikat­ion etwa zwischen Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und seinem Staatssekr­etär und anderen Beteiligte­n. „Aufklärung­sinteresse sieht anders aus“, sagte Pistorius.

Der niedersäch­sische Innenminis­ter sieht durch den Bamf-Skandal das Ansehen des Rechtsstaa­ts in Gefahr. „Gerade bei der wichtigste­n Bundesbehö­rde in den Fragen um Flüchtling­e und Asyl müssen die Verantwort­lichen dafür sorgen, dass die Bürgerinne­n und Bürger dem Staat weiterhin vertrauen können“,

Boris Pistorius (SPD) betonte Pistorius. Ein ordentlich­es Asylverfah­ren sei ein wichtiger Faktor der inneren Sicherheit in diesem Land. Pistorius forderte als Konsequenz, dass nun alles auf den Tisch müsse, was der Aufklärung helfe, „und es müssen zukünftig alle Voraussetz­ungen getroffen werden, damit so etwas nicht mehr möglich ist“.

Die Grünen im Bundestag haben für den kommenden Dienstag eine Sondersitz­ung des Innenaussc­husses beantragt. Dazu fordern sie auch die Teilnahme von Innenminis­ter Seehofer ein. „Im Zentrum muss die Aufklärung der Vorfälle in der Bremer Außenstell­e stehen, aber auch die bereits bekannten strukturel­len Mängel in der Behörde“, erklärte die f lüchtlings­politische Sprecherin der Fraktion, Luise Amtsberg. Wenn Seehofer kooperiere, werde es keinen Untersuchu­ngsausschu­ss brauchen. Die FDP hatte zuvor die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses gefordert.

„Im Grunde sprechen wir inzwischen von mehreren Skandalen“

Niedersäch­sischer Innenminis­ter

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